Читать книгу Die Welt im Viertel - Cord Buch - Страница 19
Ein Tag vor dem Gipfel, 16:00 Uhr
ОглавлениеDie linke Wohnungstür im Parterre eines Klinkerbaus nahe der U-Bahn Schlump öffnet sich, ein Mittdreißiger begrüßt Cairo und Isa freundlich und lädt sie ein hineinzukommen.
Der sieht nicht aus wie ein Rechtsanwalt, denkt Cairo. Aber wie muss jemand aussehen, um als Rechtsanwalt durchzugehen? Er findet keine Antwort auf seine Frage, stößt Isa an und betritt nach ihr die Kanzlei.
Kai Nissen zeigt auf eine Besucherecke, auf deren niedrigem Tisch eine Flasche Mineralwasser und drei Gläser drapiert sind.
»Setzt euch.«
»Danke, dass wir kommen durften.«
Cairo duzt den Rechtsanwalt ungefragt. Sein Freund, der ihm diesen empfohlen hat, meinte, der ist einer von uns. Vielleicht entspricht Kai Nissens Aussehen deshalb nicht Cairos unklaren Vorstellungen über die für Rechtsanwälte geltende Kleiderordnung.
Sich gegenseitig ins Wort fallend, sich ergänzend und mit zunehmender Aufgeregtheit erzählen Cairo und Isa von den Umständen, unter denen Sven ums Leben gekommen ist.
»Wir wollen, dass der Schuldige bestraft wird, dass wenigstens versucht wird herauszufinden, wer ihn überrannt hat. Und der Einsatzleiter, der darf nicht ungeschoren davonkommen. Der hat den Befehl gegeben.«
»Ich habe gehört, die Staatsanwaltschaft geht von einem Unfall ohne Fremdverschulden aus und ermittelt deswegen nicht. Da ist schwer gegen anzukommen.«
»Ej, da kann man jemanden umbringen, und dann ist es schwer, etwas zu machen?«
Isa spricht lauter als sonst. Aber so schnell wie immer.
»In Hamburg gibt es das D.I.E.«
»Das was?«
»Das Dezernat Interne Ermittlungen. Es ist direkt dem Staatsrat der Behörde für Inneres unterstellt. Zu seiner fachlichen Zuständigkeit gehört auch die Beratung der Bürger in Fällen wie diesem. An die können wir uns wenden.«
»Wir wollen keine Beratung, wir wollen Gerechtigkeit für Sven.«
Cairo beginnt zu zweifeln, ob die Empfehlung Kai Nissen eine gute war.
»Schon klar, bleibt ruhig. Mit dem Recht ist das so eine Sache. Ihr kennt das doch, das mit recht haben und recht bekommen.«
»Ich glaube bald an gar nichts mehr«, wirft Isa resignierend ein.
»Ich spreche morgen mit dem Dezernat. Vielleicht überzeugen wir sie mit euren Schilderungen und denen eurer Freunde, dass eine Ermittlung aufgenommen werden muss.«
»Die gehören doch zur Innenbehörde, hast du uns erklärt. Und die hat gegenüber der Presse erklärt, dass der Polizeieinsatz rechtens war, dass die eingesetzten Polizisten sich nichts vorzuwerfen und nur das Einsatzkonzept umgesetzt haben. Meinst du, da wird dieses D.I.E., oder wie das heißt, irgendetwas unternehmen?«
»Wir versuchen es. Etwas anderes, was wir machen können, ist, eine Anzeige gegen den Einsatzleiter und gegen unbekannt wegen Beihilfe zur fahrlässigen Tötung zu stellen.«
»Fahrlässige Tötung? Beihilfe? Ich glaube es nicht! Das war Mord, ein eiskalter Mord an unserem Freund!«
»Ich verstehe, dass du das so siehst. Aber Mord beinhaltet den Vorsatz der Tötung, seine Verwerflichkeit und Heimtücke. Das ist juristisch gesehen in diesem Fall nicht gegeben.«
»Der Tod unterschiedlicher Menschen wird verschieden beurteilt?«, ärgert sich Isa.
»Das Wichtigste ist doch, dass der Verantwortliche zu seiner Verantwortung stehen muss. Im Recht geht es nicht um Rache. Und das Verfahren machen wir so öffentlich wie möglich.« Kai Nissen wendet sich direkt Cairo zu.
»Du hast doch die besten Verbindungen zur Stadtrundschau.«