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Ein Tag vor dem Gipfel, 11:15 Uhr

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An der Straßenecke unweit des Polizeikommissariats 17 ist es ruhig. Es sind noch achthundert Meter bis zu den Absperrungen rund um die Messehallen. Hier ist nur ein Vorposten eingerichtet worden; die eingesetzten Beamten führen per Augencheck Vorkontrollen durch. Die wirklich wichtigen und neuralgischen Punkte werden von anderen Einheiten gesichert, von Bundespolizei und Spezialkräften, auch Scharfschützen sind dabei. Etwa hundert Menschen haben sich in gebührendem Abstand vor dem Posten versammelt.

»Eigentlich ganz nett, bei diesem Wetter draußen zu sein. Besser als Büro.«

Conny Schrader hat ihre blonden Haare hochgebunden, an ihrem Gürtel wippt ihr Helm.

»Mir ist es viel zu heiß in diesen Klamotten.«

Wiebke Maurer steht neben ihrer Kollegin und ist froh, an diese Straßenecke abkommandiert worden zu sein. Das Risiko, in eine gewalttätige Konfrontation verwickelt zu werden, erscheint ihr gering. Nur wenige Hundert Meter weiter kann es ganz anders zugehen.

So ganz ihr Typ ist Conny Schrader nicht, zu forsch, zu karrieregeil, zu sehr sich lieb Kind machend bei Werner Jensen. Der hat Glück, der muss hier nicht auf der Straße stehen. Aber gut, dass Conny auch hier eingesetzt ist, sonst würde sie niemanden kennen.

»Vielleicht ruft Werner gleich an: Irgendjemand ist ermordet worden, und wir müssen ab ins Präsidium.«

Conny Schrader lacht, doch Wiebke Maurer glaubt nicht an eine Rettung aus dem unliebsamen Einsatz. Vor allem sollte dafür kein Mensch sterben müssen.

Ein hochgewachsener Kollege kommt vom Versorgungsfahrzeug zurück und verteilt Wasserflaschen.

»Trinkt, Mädels«, wirft er mit lässigem Schwung aus dem Handgelenk den beiden Frauen je eine Flasche zu.

»Du hast gut reden«, lacht Wiebke Maurer und blickt zu ihm auf. »Wir Frauen haben es da etwas schwerer als ihr Männer.«

»Harald«, gibt sich das große Exemplar Mann einen Namen. »Im Sommer muss man viel trinken, sonst kollabiert der Kreislauf.«

»Aber viel trinken heißt, oft aufs Klo zu müssen.«

»Das Problem kennen wir bei der Bereitschaftspolizei. Bei einem Einsatz in Gorleben haben wir klappbare Papptoiletten mitbekommen.«

»Wie praktisch!«

Wiebke Maurer ist skeptisch, doch Conny Schrader scheint sich für das Thema zu interessieren. Oder für den Kollegen.

»Aber die weichen doch durch, oder?«

»Nee, die sind nur für das große Geschäft. Deswegen heißen die auch Shit Boxes. Die Lösung zum Pinkeln ist eine andere.«

»Und wie geht die?«

Der Kollege lacht.

»Ihr werdet nicht oft auf Demos eingesetzt, oder?«

Die Frauen schütteln im Gleichklang den Kopf.

»Na ja, wir Männer bekommen Johny Wee. Alles, was darein läuft, wird sofort zu einem Gel umgewandelt. Und Frauen werden mit Whiz Freedom ausgestattet, einem Urinbeutel. Dazu gibt es einen Trichter, damit nichts danebengeht.«

Nach etlichen Jahren Polizeidienst erfährt Wiebke Maurer etwas, von dem sie nie vorher gehört hat. Wie gut, dass sie sich für die Kriminalpolizei entschieden hat. Der Kollege neben ihr stupst sie an und reißt sie aus ihren Gedanken. Er zeigt auf Conny Schrader, deren Körper in sich zusammensinkt.

»Siehst du, deine Kollegin hat nicht genug getrunken.«

Wiebke Maurer schaut in die angegebene Richtung und sieht, wie ihre Kollegin zu Boden geht und in gekrümmter Haltung auf dem warmen Asphalt zum Liegen kommt.

Ein rotes Rinnsal breitet sich von Conny Schraders schlankem Körper ausgehend auf dem Straßenpflaster aus.

Die Welt im Viertel

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