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Norbert Müller war der erste, der sie am Montagmorgen sah. Zu Lenas Erstaunen blieb der Teamleiter bei ihrem Eintreten wie versteinert an seiner Bürotür stehen.

»Morgen!«, rief sie ihm über den Gang hinweg zu. Er nickte knapp und verschwand, die Tür schlug heftig zu.

»Merkwürdige Begrüßung«, murmelte sie, als sie den kleinen Büroraum betrat, den sie mit einer Kollegin teilte. Sie hielt inne, als ihr Blick auf Andrea Geissler fiel. Die saß hinter ihrem Schreibtisch, der Lenas gegenüberstand, und sah sie mit großen Augen an.

»Was ist denn los? Habt ihr nicht mit mir gerechnet?« Lena warf ihre Tasche auf den Sessel und zog ihre Lederjacke aus. »Ich war doch nur im Urlaub.«

Andrea schnellte nach vorn. »Lena. Weißt du noch gar nichts?«

»Ob ich was weiß, weiß ich erst, wenn du mir sagst, was ich wissen sollte.« Sie würde sich die Laune nicht verderben lassen. Nicht gleich am ersten Tag.

Oder wissen alle bereits, was ich getan habe?

Der große Knall, wie sie es nannte, lag inzwischen rund zwei Monate zurück. Sechs der acht Wochen, die seither vergangen waren, war sie weg gewesen. Überstunden, Resturlaub, sie hatte kaum etwas von ihrem diesjährigen Anspruch nehmen müssen. Es war nicht nur der Wunsch nach Erholung, der sie getrieben hatte, für eine Weile das Amt und alles, was damit zusammenhing, hinter sich zu lassen. Aber das konnte Andrea unmöglich wissen.

»Eine unserer Klientinnen, die Kiewitz und ihr Sohn …« Andrea schüttelte in einer hilflosen Geste den Kopf.

»Was?« Lena war mitten in der Bewegung erstarrt.

»Der Kleine ist tot. Die Mutter hat Selbstmord begangen.« Andrea war kaum zu verstehen.

»Woher weißt du das?« Lena fühlte eine Welle von Übelkeit in sich aufsteigen.

»Die Maibaum. Sie hat uns heute in aller Herrgottsfrühe zusammengetrommelt.«

Lena blickte automatisch auf ihr Diensthandy. Sie hatte keine Nachricht erhalten. Weder von der Sozialdezernentin noch von Norbert, ihrem Teamleiter.

»Dich haben sie nicht informiert?« Andreas Blick wirkte wie eingefroren.

Lena schüttelte den Kopf. Etwas schnürte ihr die Kehle zu. Was war hier los?

»Sag nicht, dass ich mit dir gesprochen habe.« Andrea flüsterte nun. »Die Kripo war auch dabei. Ich glaube, sie wollen dich befragen …« Weiter kam sie nicht. Norbert Müller stürmte mit hochrotem Gesicht und besorgniserregenden Falten auf der Stirn in den Raum

»Lena, du sollst sofort rüber ins Haupthaus kommen. Die Maibaum will dich sprechen.«

Lena blickte von Andrea zu Norbert und wieder zurück. Ein weiterer Kollege war an der offenen Tür aufgetaucht und blickte sie an. Mitleidig, wie ihr schien.

»Meine Termine«, murmelte sie mit einer vagen Handbewegung zu ihrem Computer. Norberts Brauen hoben sich unmerklich. Andrea blinzelte nervös. Der Kollege an der Tür verschwand wortlos.

»Für deine Vertretung ist gesorgt«, antwortete Norbert. Er war überfordert als Teamleiter und versuchte häufig, das durch besonders forsches Auftreten im Team wettzumachen. Dass nun keine Häme in seiner Stimme mitschwang, keine Genugtuung, machte ihr klar, dass etwas verdammt Ungutes in Gang war.

Leise Wut

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