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»Frau Kasulke ist nicht da.« Die Frau mit dem mausbraunen Haar war aus der Tür der Erdgeschosswohnung im Offenbacher Buchrainweg getreten, als Lena gerade klingeln wollte. Sie war deutlich jünger als Lena und wirkte unendlich erschöpft. Sie sei, so erklärte sie, die Enkelin einer Cousine der Hausmeisterin und hatte ein paar Dinge aus der Wohnung ihrer Verwandten geholt.

»Ich bin Krankenschwester, sie lag bei uns in der Klinik, hatte eine OP. Bandscheibenvorfall. Jetzt kommt sie in die Reha.« Die Mausbraune prüfte noch einmal, ob der Reißverschluss der kleinen Reisetasche ordentlich zugezogen war.

»Ich muss. Bin spät dran«, murmelte sie und ließ Lena stehen.

»Bitte grüßen Sie sie herzlich von mir«, rief sie ihr noch hinterher.

Deswegen also war die Kasulke am Samstag so merkwürdig gewesen. Aber sie hatte nicht einen Ton von der bevorstehenden Operation gesagt.

Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich sie besuchen können.

Im selben Moment, in dem der Gedanke durch ihren Kopf schoss, wusste sie, dass ihr das unendlich schwergefallen wäre. Nicht wegen der Kasulke, sondern wegen der Abneigung, die Lena seit einiger Zeit gegen Krankenhäuser hegte. Das letzte Mal, als sie eines betreten hatte, lag dort ihre beste Freundin und rang mit dem Tod. Lena hatte sich damals so elend gefühlt wie nie zuvor in ihrem Leben.

Jetzt schulterte sie ihre Tasche. Sie hatte die Kasulke bitten wollen, noch einmal nach der Post zu sehen. Musste es halt so gehen. Im Gegensatz zu ihrer Reise durch Neuseeland würde sie dieses Mal nicht so lange weg sein. Sie nahm sich vor, der Hausmeisterin aus Menorca eine Postkarte zu schicken, die sie hoffentlich über die Verwandte erreichen würde.


Am Nachmittag desselben Tages holte Lena am Schalter einer Mietwagengesellschaft am Flughafen von Menorca einen roten Hyundai ab. Sie warf einen Handgepäcktrolley, ihr einziges Gepäckstück, in den Kofferraum, breitete eine Karte der Insel auf dem Beifahrersitz aus und stellte das Navi ein. Sie hatte keine Ahnung, wo genau sich das Hotel befand. Ihr einziger Anhaltspunkt war der ältere Eintrag im Internet. Dort war in einem uralten Post einmal die Rede von einem Hotel Naranja Azul, das in der Nähe von Cala Morell lag. Sie würde also quer über die ganze Insel fahren müssen, um dort ihre Suche zu starten. Eine Suche, die völlig umsonst sein konnte. Selbst wenn sie ihn fand, würde sie den Mann erkennen? Sie wusste nicht, wie er aussah, hatte keinen Namen. Sie zog das neue Handy hervor, das sie am frühen Morgen gekauft hatte. Ein Prepaid-Modell, das den Vorteil besaß, dass niemand die Nummer hatte. Ganz besonders nicht die Presse. Sie hatte sie wichtigsten ihrer eigenen Kontakte eingespeichert, ebenso Kopien einiger Fotos. Darunter die Aufnahme, die lediglich den Arm von Angelika Kiewitz zeigte und den Hinterkopf des Mannes, auf dessen Schulter er lag.

Irgendwas wird mir schon einfallen.

Sie musste sich sowieso irgendwo einmieten, warum also nicht in genau diesem Hotel?

Sie gab sich einen Ruck und startete den Wagen. Wenn sie sich heute noch in der Gegend bei Cala Morell umschauen wollte, musste sie sich sputen.

Leise Wut

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