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2.7Erklärungsmodelle für das Rauchen 2.7.1Psychologische Aspekte des Rauchens

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Bei einem systemischen Verständnis von Sucht – hier nicht nur aufs Rauchen, sondern auch auf andere Süchte bezogen – wird davon ausgegangen, dass süchtige Menschen sich zunächst durch ein hohes Maß an Pflichterfüllung auszeichnen. Häufig fällt es ihnen schwer, sich abzugrenzen und auf Anfragen des Umfelds auch einmal mit »Nein, ich will nicht« zu antworten. Die mangelnde Fähigkeit, zu den eigenen Bedürfnissen zu stehen, drückt sich aber nicht nur im Umgang mit dem sozialen Umfeld aus, sondern auch darin, wie sie mit ihren eigenen inneren schwachen, regressiven oder lustbetonten Anteilen umgehen. Diese Seiten werden abgespalten.

In der Folge kommt es zu einem Mangelerleben, die abgewehrte regressive Seite kommt, vielleicht über Jahre, nicht zum Zug, bis schließlich, häufig zufällig, eine der Lust, der Regression, dem Spielerischen entgegenkommende Erfahrung mit dem Suchtstoff gemacht wird. Dann tritt das lang ersehnte Erleben des Loslassen-Könnens ein, und aus der Sehnsucht wird die Sucht.

Evident wird dieser Zusammenhang, wenn man die Zigarettenwerbung betrachtet. Diese geht geschickt auf die Sehnsucht des Zielpublikums ein; Menschen, die anscheinend keinerlei Pflichten, dafür aber jede Menge Spaß, Lust und Freiheiten haben, tummeln sich im »Marlboro-Country« oder auf der »Camel-Trophy«. Mit der Realität eines Rauchers, der im fortgeschrittenen Stadium der Abhängigkeit mit dem Zug an der Zigarette keinesfalls ins Marlboro-Land der Freiheit versetzt wird, sondern allenfalls eine kurzfristige Befreiung von seinen Entzugssymptomen erfährt, hat das wenig zu tun. Andererseits darf er sich im weiteren Verlauf süchtig nennen, was tatsächlich bis dahin ungeahnte Freiheiten bergen kann. Wo bisher nicht gewagt wurde zu sagen »Ich will nicht«, steht nun das »Ich will ja gern, aber ich kann leider nicht«. In der Sucht wird die »Sehnsuchtsseite« also dominant, die »Pflichtseite« dagegen dissoziiert; während ohne das Suchtmittel die Verhältnisse genau gegenteilig angeordnet sind.

Da mittlerweile Süchte zunehmend als Krankheiten anerkannt werden, erfährt der Abhängige für sein wenig pflichtbewusstes Verhalten auch keine Sanktionen durch die soziale Umwelt. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass er sich und andere nicht im Zweifel darüber lässt, dass er nicht in der Lage ist, sein Verhalten bezüglich des Suchtmittels zu steuern. Offensichtlich wird dies beim Alkoholkranken, der seine Frau unter Alkoholeinfluss schlägt, ohne befürchten zu müssen, dass sie sich von ihm trennt – es war ja der Alkohol! Auch der Raucher, der »leider« eine Zigarettenpause machen muss (die er sich ohne Zigarette nicht gönnen würde), handelt nach diesem Schema.

Diese Abgabe jeglicher Kontrolle hat jedoch einen Nachteil. Will der Betreffende später den Substanzgebrauch beenden, muss er zunächst sein inneres Konzept der fehlenden Kontrolle revidieren und die Verantwortung für sein Tun wieder selbst übernehmen. Führt dagegen weiter der Suchtstoff die Regie, so hat die Person selbst keine Möglichkeit, regulierend einzugreifen (Schmidt 2000). Interessant ist in diesem Zusammenhang der Wunsch vieler Klienten, die mit einer Suchtproblematik zur hypnotherapeutischen Behandlung kommen. Die Hypnose soll bei ihnen bewirken, dass sie nicht mehr rauchen können. Möglicherweise sind solche Klienten, die sich, wie oben erwähnt, meist durch ein hohes Maß an Pflichtbewusstsein und Loyalität auszeichnen, ihren eigenen Suchtanteilen gegenüber zu treu, als dass sie das Rauchen nur einfach deshalb beenden würden, weil sie es nicht mehr wollen, sodass sie auch hier die Legitimation benötigen, nicht mehr zu können.

Auf die Implikationen dieses Modells für die Behandlung wird weiter unten eingegangen.

Lernpsychologisch betrachtet entsteht das Rauchverhalten zunächst durch Lernen am »Modell«. Das Kind oder der Jugendliche erlebt, wie Eltern oder Verwandte die Zigarette als Mittel zur Anregung, Entspannung, Stressreduktion etc. einsetzen und ahmt dieses Verhalten nach. Später wird das erlernte Verhalten durch unterschiedliche Faktoren aufrechterhalten.

Operante Verstärkung: Da die angenehme Wirkung einer Zigarette innerhalb von Sekunden eintritt, ist gemäß der Lerntheorie der Verstärkungseffekt hier besonders ausgeprägt. Die langfristigen negativen Wirkungen zeigen sich erst Jahre später und haben damit kaum Auswirkungen auf die aktuelle Verhaltenssteuerung (Buchkremer 1991). Ein weiterer wichtiger Punkt: Das Rauchen erzeugt nicht nur angenehme Situationen, sondern wird mit zunehmender physischer Abhängigkeit auch mehr und mehr zur einzigen Möglichkeit, die unangenehmen Entzugserscheinungen zu vermeiden oder zu beenden.

Klassische Konditionierung: Das Rauchverhalten wird zudem im Laufe der Jahre durch die zeitliche Kopplung eng mit zahlreichen Situationen und Reizen verknüpft. Tatsächlich antworten viele Raucher auf die Frage, in welchen Situationen sie vor allem zur Zigarette greifen, dass es für sie kaum Situationen gibt, die nicht mit dem Rauchen in Verbindung stehen. Das mit der Nikotinaufnahme verbundene Handlungsritual bewirkt zudem durch klassische Konditionierungsprozesse die gleichen psychotropen und vegetativen Wirkungen wie das Nikotin selbst (Buchkremer 1989).

Hinweisreize: Der Raucher wird außerdem durch bestimmte Hinweisreize, zum Beispiel den Anblick einer Zigarettenpackung, zum Rauchen veranlasst.

Organismusvariable: Zusätzlich wird die sogenannte Organismusvariable, in diesem Fall die physische Nikotinabhängigkeit, wirksam (Buchkremer 1991).

In der psychoanalytischen Tradition wird das Rauchen als orale Ersatzbefriedigung verstanden. Der süchtige Raucher regrediert in frühe Kindheitsstadien, um die damals nicht oder nicht ausreichend erlebte orale Befriedigung nachzuholen (Buchkremer 1991).

Vom blauen Dunst zum frischen Wind

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