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Die Musikschule

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Da der kleine Herr Carl nicht mehr der Einzige, sondern nur noch der Große unter den Kindern war, musste er seine Position innerhalb der Familie nun durch Leistung festigen. In Sachen Liebreiz kam er an die kleine Prinzessin nämlich nicht heran. Da kam es ihm gelegen, dass die Klavierlehrerin Herta ihm eine Empfehlung für eine höhere musikalische Ausbildung ausgestellt hatte. Gut gerüstet mit den vier vollgeschriebenen Notenheften und einem Repertoire, welches neben den inzwischen staunenswerten Improvisationskünsten auch drei Dutzend mittelschwere Stücke der sogenannten Klavierliteratur umfasste, stellte sich der kleine Herr Carl in der Musikschule zu Kamenz vor. Er legte seine säuberlich beschriebenen Notenhefte vor und spielte ein paar Stücke vom Blatt. Der Mimik des Prüfers ließ sich nicht entnehmen, was er von dem Vorspiel hielt. Deshalb improvisierte der kleine Herr Carl ungefragt noch eine geschlagene Viertelstunde über die Melodie des Chorals „Wie schön leuchtet der Morgenstern“. Danach drehte er sich fragend nach dem kahlköpfigen Herrn Klavierlehrer um. Dessen Miene ließ nichts Gutes ahnen. Doch der kleine Herr Carl ließ sich davon nicht einschüchtern. Er wusste von seinem Vater, dass an so einer Musikschule die Profis arbeiten, Menschen mit einem untrüglichen Gespür für junge Talente, die sich nichts sehnlicher wünschen, als begabte Nachwuchsmusiker unter ihre Fittiche zu nehmen, Lehrer, denen nicht ihr eigener Ruhm, sondern nur das Glück und der Erfolg ihrer Schüler am Herzen liegt. Der kleine und der große Herr Carl warteten also gespannt auf das Urteil des Profis. Der Lehrer atmete schwer, schüttelte den Kopf und sagte mit Leichenbittermiene zu Vater Carl: „Also so leid es mir tut, aber ihren Sohn können wir hier nicht unterrichten. Er ist völlig unmusikalisch. Vielleicht sollte er es lieber mit Fußball versuchen.“

Der kleine Herr Carl

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