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Südchina

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Im Gegensatz zum Nordosten bekamen die östlichen und südöstlichen Regionen Chinas regelmäßig genügend Regen. Hier lag die Herausforderung nicht darin, das Land vor Überschwemmung zu schützen, sondern Wasser auf die Hügel zu bringen und das Flachland zu entwässern.51 Im Austausch gegen Wasserkontrolle belohnten das Land und das Klima die Bauern mit großen Reisernten. Während die Pflanzen wuchsen, verwandelte die Anabaena-Blaualge, die sich an der Oberfläche der Reisfelder bildete, den Stickstoff der Luft zu Ammoniakdünger. Andere Nährstoffe stammten aus Menschen- und Schweineexkrementen und Pflanzenkompost. Dank dieser Düngemittel produzierten reife Reisfelder jährlich bis zu 2 Tonnen Reis pro Hektar, viermal so viel wie beim Reisanbau auf trockenem Land, ohne dass Boden brach liegen musste. Außerdem brauchten Bauern nur eines von 50–100 Körnern als Aussaat für die nächste Ernte aufzuheben, in Europa war es ein Weizenkorn von drei oder vier.

Um reichliche Erträge zu bringen, forderte der Reis aber viel mehr Arbeit als andere Feldfrüchte, zunächst zum Ziehen der Sprösslinge in Saatbeeten und Umsetzen in Reisfelder, beim Jäten und Düngen der Felder mit Kompost und Exkrementen, schließlich bei der Ernte und Verarbeitung der Pflanzen. Der Reisanbau ernährte also eine hohe Bevölkerungsdichte, brauchte sie aber auch. An manchen Orten konnte man Weizen oder Gemüse anbauen, nachdem die Felder abgelassen und der Reis abgeerntet war. Bauern züchteten Schweine, Hühner, Enten und Fische, aber wenig Rinder, da es keinen Platz für Weiden gab.

Ein großer Teil Südostchinas ist bergig. Sobald die flachen Gebiete ab 2000 v. Chr. vergeben waren, begannen Bauern, Terrassen und Bewässerungskanäle auf den Hügeln zu bauen. Im 1. Jahrtausend v. Chr. kultivierten sie Sumpfland und pumpten Wasser je nach Bedarf der Pflanzen herein oder heraus.52 Einige Projekte zur Wasserkontrolle reichen zu den Anfängen Chinas als Einheitsstaat zurück. Im 3. Jahrhundert v. Chr. ließ der Gouverneur und Ingenieur Li Bing den Dujiang-Deich am Fluss Min bauen, einem Zufluss des Jangtse in Sichuan. Dazu gehörten die Schaffung einer künstlichen Insel in der Mitte des Flusses, ein Netzwerk von Kanälen sowie Deiche und Hochwasserüberläufe, um das ganze Jahr über trotz der stark schwankenden Wassermenge des Min zwischen Sommer und Winter ein konstantes Fließen des Wassers in den Kanälen zu erreichen. Dieses System machte die Chengdu-Ebene zur fruchtbarsten in China.53

Han-Chinesen aus dem Nordosten wanderten langsam ins untere Jangtse-Tal und um die Hangzhou-Bucht ein. Grund für die Verzögerung waren vermutlich Malaria, Dengue-Fieber und Bilharziose, eine durch Wasser übertragene Krankheit, deren Träger in den Reisfeldern lebende Schnecken sind. Bis zum Ende der Han-Dynastie 220 n. Chr. war Südchina immer noch ein Land der Wälder, das Schriftsteller des Nordens „eine Gegend der Sümpfe und Dschungel, der Krankheiten und Giftpflanzen, der wilden Tiere und der noch wilderen tätowierten Stammeskrieger“ nannten. Der Historiker Sima Qian erklärte: „Im Gebiet des Jangtse ist das Land flach und das Klima feucht; erwachsene Männer sterben jung.“54 Die Provinz Guizhou in Südzentralchina war als Malariagebiet bekannt, eine Krankheit, welche die Chinesen auf „schädliche Ausdünstungen der Berge und Sümpfe“ zurückführten.55


Abb. 5: Reisfelder in Südchina halten während der Wachstumsperiode das Wasser zurück.

Nachdem der Han-Kaiser Guangwu (reg. 25–57 n. Chr.) die aktive Verteidigung der Nordgrenze einstellte und damit erneuten Invasionen und Zerstörungen durch die Xiongnu den Weg öffnete, flohen viele Bauern in den Süden und ließen große Gebiete im Norden unbewohnt zurück. Es dauerte mehrere Generationen, bis diese Bauern aus dem Norden sich an das regnerische Klima und das Sumpfland des Jangtse-Beckens gewöhnten. Ihre Erträge waren immer noch kleiner als im Norden, denn sie säten den Reis direkt in der Erde und ließen die Felder jedes zweite Jahr brach liegen. Erst am Ende der Han-Dynastie wurden neue Entwässerungstechniken eingeführt, die das Bebauen des Sumpflands erlaubten.56

Einwanderer aus dem Norden rodeten das Jangtse-Becken ebenso wie zuvor die nordchinesische Ebene. Als die Bedürfnisse von Acker- und Häuserbau allmählich die Wälder Südostchinas ausdünnten, wurde der Holzmangel so groß, dass die Menschen mit der Nutzung effizienter Öfen begannen, die Stroh, Heu, Getreidespelzen und Tierdung verbrannten. Sie sparten sogar Brennmaterial, indem sie ihre Nahrung nur kurz anbrieten, statt sie zu kochen oder durchzubraten.57 Als die Wälder schrumpften, verschwanden die wilden Tiere. Elefanten, die zuvor in ganz China verbreitet gewesen waren, wurden getötet, weil sie die Felder gefährdeten und weil sie Zähne für den Elfenbeinhandel und das Fleisch ihrer Rüssel lieferten, das als Delikatesse galt.58 Die Entwaldung wiederum führte zur Erosion der Hügel und zur Verschlammung der Flussniederungen und Deltas, zunächst durch fruchtbaren Humusboden, aber nachdem dieser weggespült war, durch unfruchtbaren Unterboden.

Macht euch die Erde untertan

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