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Katastrophen im 6. Jahrhundert

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Der Ausbruch des Vesuv 513 und das Erdbeben, das 526 Antiochia in Syrien zerstörte, erschienen vielen Menschen in der Antike als düstere Vorzeichen.75 Auf diese Ereignisse folgte bald eine viel größere Katastrophe, die 535 begann. In seiner Schilderung des Jahres 536–537 in Italien schrieb der byzantinische Historiker Prokop:

Die Sonne, ohne Strahlkraft, leuchtete das ganze Jahr hindurch nur wie der Mond und machte den Eindruck, als ob sie fast ganz verfinstert sei. Außerdem war ihr Licht nicht rein und so wie gewöhnlich. Seitdem aber das Zeichen zu sehen war, hörte weder Krieg noch Seuche noch sonst ein Übel auf, das Menschen den Tod bringt.76

Der Historiker und Geistliche Johannes von Ephesos schrieb über die schrecklichen Ereignisse in Mesopotamien: „Die Sonne war dunkel, und die Dunkelheit dauerte 18 Monate; jeden Tag schien sie 4 Stunden, und doch war dieses Licht nur ein schwacher Schatten. … Die Früchte reiften nicht, und der Wein schmeckte wie saure Trauben.“77 Sein Zeitgenosse Zacharias, der Bischof von Mytilene, schrieb, in Konstantinopel „zitterte die Erde mit allem, was darauf war; und die Sonne verdunkelte sich am Tag und der Mond bei Nacht, … und weil der Winter [in Mesopotamien] so streng war, dass wegen der großen und ungewohnten Schneemenge die Vögel starben …, gab es Not unter den Menschen durch die bösen Dinge“.78 In Italien hielt der römische Senator Cassiodorus fest:

Die Sonne, der erste unter den Sternen, scheint ihr gewohntes Licht verloren und eine bläuliche Farbe angenommen zu haben. … Wir hatten einen Winter ohne Stürme, einen Frühling ohne Milde und einen Sommer ohne Hitze. … Die Jahreszeiten scheinen durcheinandergeworfen zu sein, und die Früchte, die sonst von sanften Schauern genährt wurden, sind wegen der ausgedörrten Erde verschwunden.79

Die Berichte über das seltsame Wetter beschränkten sich aber nicht auf den Mittelmeerraum. In Irland berichteten die Annalen von Ulster von einer Brotknappheit 536, und die Annalen von Innisfallen verzeichneten ebenfalls Missernten von 536 bis 539. Auch China litt unter ungewöhnlichem Wetter. Die Nan Shi (Geschichte der Südlichen Dynastien) vermerkt, dass Ende 535 „gelber Staub wie Schnee herabregnete“. Im Juli und August 536 zerstörten Frost und Schnee die Saat in Nordchina, gefolgt von Hagel im September. Im Jahr 537 traf eine Dürre Nordchina, die zusammen mit Schnee für mehrere Jahre des Hungers sorgte.80

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen diese zeitgenössischen Berichte. Die Jahresringe irischer Eichen zeigen abnorm wenig Wachstum von 536 bis 545. In England stockte das Wachstum der Jahresringe 535–536 und erholte sich erst 555 wieder. Jahresringe von nordkalifornischen Borstenkiefern zeigen 535–536 und 539–550 ein kälteres und trockeneres Klima als üblich. Schwedische Jahresringe zeigen, dass 536 das zweitkälteste der letzten 1500 Jahre war. An Jahresringen aus dem zentralasiatischen Altaigebirge und den österreichischen Alpen lässt sich ablesen, dass die 540er-Jahre das kälteste oder zweitkälteste Jahrzehnt des Jahrhunderts waren. Auch Jahresringe aus Sibirien, Tasmanien und Chile zeigen ein abnorm verlangsamtes Wachstum.81

Macht euch die Erde untertan

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