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Vorbereitung

Auch eine kurze Tour in den Himalaja erfordert Vorbereitung. Es war geplant, dass ich mit einem kleinen Team in bisher nie gekannten Höhen (außer im Flugzeug) über Bergpfade wandern würde. Unglaublich, aber wahr: Mehr als einhundert Gipfel im Himalajagebirge liegen auf über 3 500 Höhenmetern, stolze 15 Gipfel sogar auf über 7 000 Metern. Die Bergkette zieht sich über fünf verschiedene Länder – Nepal, Indien, Bhutan, China und Pakistan –, sechs sogar, wenn man Tibet mitzählt.

Ich wusste sehr gut, dass diese Tour körperlich anstrengend werden würde. Also trainierte ich nach der CrossFit-Methode verschiedenste Fitnessdisziplinen wie Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit und mehr. Ich lief monatelang jeden Morgen auf einem Laufband mit einstellbarer Steigung und erklomm den höchsten Gipfel in meiner Umgebung. Leider liegt er gerade einmal 300 Meter über dem Meeresspiegel. Im Himalaja würde man das nicht einmal als Hügel bezeichnen.

Neben dem körperlichen Training erforderte auch das Packen für die Tour sorgfältige Planung. Jedes Teammitglied würde seine gesamte Ausrüstung selbst tragen müssen – das heißt ohne die Hilfe von Sherpas (Einheimischen, die als Lastträger arbeiten) oder Yaks als Lasttieren. Also war es das Ziel, das Gewicht unserer gesamten Kleidung und verschiedener Ausrüstungsgegenstände auf ca. 9 kg pro Kopf zu beschränken. Da wir auf dem höchsten Gipfel bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt schlafen würden, brauchten wir einen Schlafsack, der bis -25 Grad Celsius geeignet war.

In unseren Rucksack packten wir außerdem:

einen Satz Kleidung zum Wechseln auf halber Strecke,

ein kleines Handtuch und einige unverzichtbare Hygieneartikel,

einen Hut, Sonnencreme und eine Sonnenbrille zum Wandern am Tag,

eine Stirnlampe zum Wandern bei Nacht,

eine Wasserflasche mit Filter,

Snacks (es gibt nicht so viele Automaten an der Strecke …),

eine Bibel und ein Tagebuch.

Hintergrund

Wie kam ich eigentlich dazu, diese Tour mitzumachen? In erster Linie habe ich das einer Begegnung mit einem jungen Mann namens Aaron zu verdanken, der heute ein guter Freund von mir ist.

Aaron besuchte einmal die Kirche, in der ich Pastor war. Nach einem Gottesdienst stellte er sich mir vor, erzählte aber lediglich, dass er in Asien lebe. Ich sah ihn dann einige Jahre nicht mehr. Während dieser Zeit weckte Gott in mir und meiner Frau Heather den Wunsch, ein Kind aus dem Land zu adoptieren, in dem Aaron lebt (wie ich später erfuhr). Wir hatten von den Lebensbedingungen gehört, unter denen viele Kinder dort aufwachsen, von jungen Mädchen, die als Sexsklavinnen verkauft werden. Das bewog uns dazu, eines dieser Kinder in unsere Familie aufzunehmen, und wir meldeten uns für das Adoptionsverfahren an.

Jede Nacht setzte ich mich damals mit Heather und unseren beiden Jungs zusammen, um für ihre künftige kleine Schwester zu beten. Alles lief glatt und schon bald sollte uns ein kleines Mädchen zugewiesen werden. Dann jedoch untersagte dieses Land ohne jegliche Vorwarnung Adoptionen durch Ausländer. Wir waren am Boden zerstört.

Es war ein trauriges Weihnachten für uns. Damals versuchte ich, in einem Gedicht für Heather in Worte zu fassen, was uns das Herz so schwer machte. Ich beschrieb, durch welche Kämpfe wir gegangen waren und wie brennend wir uns gewünscht hatten, das kleine Mädchen in unserer Familie willkommen zu heißen. In diesen Zeilen gab ich dem Kind, das wir niemals kennenlernen würden, eine Stimme. Das Gedicht endete mit den Worten:

So lasst eure Liebe hoffen und flehen

zu Gott für die Tochter, die für euch ersehen.

Auch wenn ihr mir niemals Eltern dürft sein,

versprecht mir, ihr tretet vor Gott für mich ein.

Für eine Adoption blieb uns dieses Land zwar verschlossen, aber Heather und ich vertrauten darauf, dass Gott es uns nicht umsonst aufs Herz gelegt hatte. Als Aaron wieder einmal in unserer Gegend war und wir nach einem Gottesdienst ins Gespräch kamen, fragte ich ihn: „Könnten wir uns morgen früh bei mir im Büro treffen?“

Am nächsten Tag erzählte Aaron mir von den schrecklichen Lebensbedingungen vieler Kinder in seinem Land. Mehr Mädchen, als wir uns je vorstellen könnten (oder wollten), würden als Sexsklavinnen verkauft. Im Laufe unseres Gesprächs lud er mich ein, ihn auf eine Trekkingtour zu begleiten. Ich brauchte nicht lange nachzudenken – ich war dabei.

Abschied

Ich besuche gerne andere Teile der Welt, um das Evangelium weiterzusagen, aber ich mag keine Abschiede. Da ich sehr oft nach Übersee fliege – und dies durchaus nicht immer an Orte, die das US-Außenministerium als Reiseziele empfehlen würde –, lasse ich Heather und den Kindern jedes Mal einen Brief zurück für den Fall, dass mir etwas zustoßen sollte. Wenn das Schreiben auch kein Vergnügen ist, so ist es doch immer wieder eine wertvolle Erfahrung, weil es mich daran erinnert, wie sehr ich die Meinen liebe.

Diesmal freute ich mich darauf, dass zwei Männer mich auf meiner Tour begleiten würden. Der eine war Chris, ein guter Freund, den ich schon seit Kindertagen kenne. Mittlerweile arbeiten wir in einer Organisation namens „Radical“ zusammen. Dieses weltweit tätige, spendenfinanzierte Missionswerk hat es sich zum Ziel gesetzt, der Kirche zu dienen und das Evangelium an Orte in aller Welt zu tragen, in denen größte Not herrscht.

Den zweiten Mann in unserem Team hatte ich gerade erst kennengelernt. Sein Spitzname ist Sigs und seine Aufgabe bestand darin, unsere Erlebnisse in Fotos und Videos festzuhalten. Ich fand sehr schnell heraus, dass Sigs eine abenteuerlustige Seele ist. Außerdem hat er das besondere Talent, mir Fragen zu stellen, die mich ernsthaft ins Nachdenken bringen. Neben seinen persönlichen Sachen hatte er auch noch die Kameraausrüstung im Gepäck, mit Ersatzbatterien und allem Drum und Dran. Denn wenn Sie im Hinterland des Himalaja Steckdosen suchen, um Ihre Geräte aufzuladen … dann viel Glück!

Gute Nachricht?

Während unser Flugzeug eine Zeitzone nach der anderen hinter sich ließ, versuchte ich zunächst zu schlafen. Dann las ich in meiner Bibel und kritzelte ein paar Notizen in mein Tagebuch. Schon jetzt vermisste ich Heather und die Jungs. Ich betete still und intensiv für sie und bat Gott um seinen besonderen Schutz für sie während meiner Abwesenheit.

Dann hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem Sitznachbarn. Er hieß Charles und ich erfuhr, dass er aus dem Kongo stammte und blind war. Als er mich an seiner Geschichte teilhaben ließ, erwähnte er auch, dass seine Blindheit auf eine verpfuschte Augenoperation zurückging. Im Laufe unserer Unterhaltung erzählte ich ihm vom Zweck meiner Reise und hatte Gelegenheit, ihm das Evangelium weiterzusagen.

Charles reagierte befremdet, als er erfuhr, dass ich Christ bin. Er berichtete, dass Missionare aus Europa viel Leid über sein Volk gebracht und, wie er versicherte, im Namen Jesu Schreckliches in seinem Land angerichtet hätten. Deshalb hatte Charles leider eine sehr verzerrte Sicht von Jesus.

Es stimmte mich sehr traurig, dass seine Erfahrungen mit der „guten Nachricht“, so wie er sie gehört hatte, alles andere als gut waren. Offensichtlich kann das Evangelium in unterschiedlichster Weise verdreht werden und Menschen tatsächlich noch weiter von Gott wegtreiben.

Wie gerne hätte ich Charles davon überzeugt, dass der wahre Jesus nicht so ist wie die Menschen, die ihn so verletzt hatten, aber offenbar gelang es mir nicht. Später schrieb ich in mein Tagebuch, wie sehr ich mir wünschte, die Botschaft Jesu nicht zu verfälschen:

O Gott, das ist das Letzte, was ich möchte. Bitte hilf mir, den Menschen ein richtiges Bild von dir vor Augen zu malen, ein Bild, das sie zu dir hin- und nicht von dir wegzieht.

Etwas muss sich ändern

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