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Stille Wasser sind tief

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Du kennst nur einen Teil von mir.

Ich bin ein Universum voller Geheimnisse.

Lupytha Hermin46

Ich gehöre zu den Bilderdenkern. Solchen, die gerne nach einem bildhaften Vergleich suchen, um komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen und anderen einfacher zugänglich zu machen. Und genau darum geht es in diesem einführenden Teil. Anhand eines Bildes möchte ich Ihnen das Thema Introversion, seine Herausforderungen und Stärken auf anschauliche Art näherbringen. Das Bild wird uns auch in der Fortsetzung des Buches weiter begleiten.

Doch zuvor möchte ich kurz auf das Sprichwort eingehen, das ich als Überschrift für diesen Teil gewählt habe: Stille Wasser sind tief. Es bildet die perfekte Brücke zum nachfolgenden Sinnbild. Das Sprichwort ist aus der Natur abgeleitet, wo selbst ruhige Gewässer oft ungeahnt tief sind und wo sich unter ruhigen Wasseroberflächen manchmal unsichtbare Strömungen und Turbulenzen verbergen. Ähnliches trifft auch auf introvertierte Menschen zu. Oft erscheinen Introvertierte im Gegensatz zu Extrovertierten ruhiger und zurückhaltender. Dabei bleibt häufig verborgen, welche Komplexität, Intensität und Fülle an Gedanken und Ideen Introvertierte in ihrem Inneren bewegen. Deshalb werden sie nicht selten falsch eingeschätzt. Entsprechend groß ist die Überraschung, wenn introvertierte Menschen plötzlich durch unerwartete Handlungen oder überdurchschnittliches Können oder Wissen beeindrucken.

Genau dies beschreibt auch Toni, der mich seit meiner Jugendzeit kennt. Toni stieß zu unserer Freikirche, als mein Vater dort leitender Pastor war. Wie er mir kürzlich schrieb, fiel ich ihm damals durch meine »äußerst angenehme, eher schüchterne Zurückhaltung auf«, aber auch durch meinen für sein Empfinden »teilweise eher altbackenen Kleidungsstil«. Die Kombination dieser beiden Dinge ergab für ihn »ein völlig falsches Bild« von mir: »Was ich damals aber wirklich nie erahnt hätte«, schrieb er, »ist dein gewaltiges geistiges und emotionales Potenzial.« Die anfängliche Skepsis, mit der er meinen weiteren Weg verfolgte, wandelte sich in zunehmende Verwunderung: »Nie, aber wirklich nie hätte ich gedacht, dass du dich später mit einem akademischen Abschluss zur erfolgreichen Buchautorin und Doktorandin entwickeln und letztlich diesen höchsten akademischen Grad mit genialem Erfolg erreichen wirst.«

Auf mich wirken solche Reaktionen bis heute seltsam, weil ich mich meinem Empfinden nach als Person gar nicht groß verändert habe. Vielmehr ist im Laufe der Jahre mit Gottes Hilfe etwas von dem tief verborgenen Schatz in mir sichtbar geworden, der ja eigentlich schon immer da war – bloß unsichtbar für andere. Etwas von dieser inneren Welt, die auf der einen Seite ein Segen ist und auf der anderen Seite manchmal auch zur erdrückenden Last werden kann.

Die leisen Weltveränderer

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