Читать книгу Die leisen Weltveränderer - Debora Sommer - Страница 37
4. Überforderung und Passivität
ОглавлениеWährend Extrovertierte dazu neigen, unter Druck und bei anstehenden Problemen in einen bemerkenswerten Aktivismus zu verfallen, geschieht bei vielen Introvertierten genau das Gegenteil. Es ist, als ob ihr U-Boot unter all der zusätzlichen Last gar nicht mehr den Weg zur Wasseroberfläche schaffen würde. Das Gefühl der Überforderung – aus welchen Gründen auch immer – kann so übermächtig werden, dass sich Introvertierte wie gelähmt fühlen. Statt wie Extrovertierte die Dinge aktiv anzugehen, kann es geschehen, dass Introvertierte innerlich erstarren, was sich äußerlich in einer passiven Haltung widerspiegelt.
Das Gefühl der Überforderung ist in meinem Leben (leider!) ein häufiger, wenn auch unwillkommener Gast. Während ich in einigen Phasen unglaublich leistungsfähig bin und auf erstaunliche Weise über mich und meine Grenzen hinauswachse, gibt es umgekehrt Phasen, in denen ich mich innerlich so gelähmt fühle, dass nichts mehr geht. Konkret kann das bedeuten, dass ich mich – statt mich aktiv meiner viel zu langen To-do-Liste zu stellen – erschöpft hinlege, bevor ich überhaupt erst damit angefangen habe, die Liste abzutragen. Ich kann gut verstehen, dass mein extrovertierter Mann große Mühe damit hat. Das ist nämlich der zweite Punkt, den er auf meine Frage erwähnt hat, was ihn denn am meisten an mir stört: »[…] deine Passivität, wenn du zu viel Druck hast – alles schleifen lassen. Das ist gar nicht mein Ding.«
Das Gefühl der Überforderung und Erschöpfung kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Vielleicht sind es tatsächlich zu viele Dinge, die parallel erledigt werden sollten. Vielleicht sind es aber auch Selbstzweifel oder Ängste, die uns lähmen. Vielleicht sind es Probleme oder Nöte, die uns beschäftigen. Seelische oder körperliche Schmerzen. Hilflosigkeit, weil Menschen in unserem Umfeld leiden und wir nichts dagegen tun können. Und so kämpfen viele Introvertierte eine Vielzahl von inneren Kämpfen, ohne dass nach außen hin etwas davon sichtbar wird. In alldem fühlen sie sich einsam und unverstanden. Sie sind nicht nur überfordert von ihren inneren Abgründen, sondern noch mehr überfordert, dies nach außen mitzuteilen.
Kennen Sie solche und ähnliche Gefühle? Lassen Sie nicht zu, dass jene Ihre Suche nach der inneren Stärke verunmöglichen. Entscheidend ist, dass wir uns der Überforderung nicht resigniert hingeben, sondern dass wir mitten in aller Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit Halt suchen bei dem, der als Einziger Halt zu geben vermag: Jesus Christus. In ihm sind wir gehalten – auch in der Uferlosigkeit der Gedanken. In Psalm 139 wird auf berührende Weise deutlich, dass uns der lebendige Gott kennt wie kein anderer:
Herr, du hast mich erforscht und kennst mich ganz genau. Wenn ich mich setze oder aufstehe – du weißt es; meine Absichten erkennst du schon im Voraus. Ob ich gehe oder liege, du siehst es, mit all meinen Wegen bist du vertraut. Ja, noch ehe mir ein Wort über die Lippen kommt, weißt du es schon genau, Herr. Von allen Seiten umschließt du mich und legst auf mich deine Hand. Erforsche mich, Gott, und erkenne, was in meinem Herzen vor sich geht; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Sieh, ob ich einen Weg eingeschlagen habe, der mich von dir wegführen würde, und leite mich auf dem Weg, der ewig Bestand hat!
Psalm 139,1-5.23-24