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cc) Andere Gegenstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt, i.S.d. § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO
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In § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO werden schließlich so genannte „andere Gegenstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt,“ in den Schutz der Norm einbezogen. Über das Merkmal „andere Gegenstände“ erfährt die Norm zunächst keine Einschränkung, so dass von der Kugel, die der Arzt aus dem Körper des Beschuldigten entfernt hat,[38] bis zu allgemeinen Buchungs- und Geschäftsunterlagen[39] alles als tauglicher Gegenstand des Beschlagnahmeverbotes in Betracht kommt.[40] Fraglich ist allerdings, ob sich nicht auch unter § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur solche Gegenstände subsumieren lassen, die sich auf Grund des Vertrauensverhältnisses zwischen Beschuldigtem und Zeugnisverweigerungsberechtigtem im Gewahrsam des Letztgenannten befinden. Die lange Zeit überwiegende Rechtsprechung und herrschende Meinung bejahte dies und ging davon aus, dass § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO lediglich einen Auffangtatbestand für solche Gegenstände darstelle, die weder schriftliche Mitteilungen noch Aufzeichnungen seien.[41] Das Beschlagnahmeverbot könne deshalb nicht weiter reichen als in den Nr. 1 und 2, in denen die Beschränkung auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter ausdrücklich genannt sei.[42] Die Vertrauensbeziehung zwischen dem Berufsträger und einer dritten, nicht beschuldigten Person werde daher zwar über die §§ 53, 53a StPO, nicht aber über § 97 Abs. 1 StPO geschützt.[43]
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Eine entsprechende Auffassung hat insbesondere für drei Fallkonstellationen der internen Ermittlungen Bedeutung. Zum einen muss die Frage beantwortet werden, ob auch Gegenstände geschützt sind, die ein Dritter dem Verteidiger zu Zwecken der Verteidigung übergeben hat. Nach Auffassung des LG Mainz sollen solche Gegenstände nämlich beschlagnahmt werden können, da sie nicht von „an diesem Vertrauensverhältnis beteiligten Personen stammen“.[44] Als zweites muss die Frage geklärt werden, ob und in welchem Umfang Geschäfts- und Buchungsunterlagen, die der Beschuldigte zu anderen Zwecken als zur Verteidigung einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer übergeben hat, beschlagnahmt werden dürfen, und drittens, ob auch sonstige, übergebene oder vom Berufsträger angefertigte Gegenstände, wie im Rahmen des Mandats gefertigte Protokolle über Interviews, beschlagnahmefrei sind, wenn sich das Verfahren nicht gegen den Mandanten richtet.
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Nun zur ersten Fallgruppe, für die das Meinungsbild am deutlichsten ist: Unterlagen, die dem Verteidiger von einem Dritten zu Zwecken der Verteidigung übergeben worden sind, werden vom Beschlagnahmeverbot erfasst.[45] Die in allen drei Fallgruppen gegen eine Beschränkung auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter angeführten Argumente werden auch hier ins Feld geführt. Bereits der Wortlaut der Nr. 1 und 2 unterscheide sich erheblich von Nr. 3, da dort der Begriff des „Beschuldigten“ nicht genannt werde.[46] Das vorstehende Argument werde noch dadurch verstärkt, dass schon die ausschließliche Anwendung der Nr. 2 auf Umstände, die aus der Beziehung zwischen dem Berufsgeheimnisträger und dem beschuldigten Auftraggeber erwachsen seien, fraglich scheine, da der 2. HS „Aufzeichnungen über andere Umstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt“ keine derart enge Auslegung gebiete, sondern auch an § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3b StPO ausgerichtet werden könne.[47] Dass dort aber auch solche Tatsachen und Umstände erfasst werden, die dem Berufsträger von einem Dritten mitgeteilt oder über einen Dritten bekannt geworden sind, ist tatsächlich ganz überwiegende Meinung.[48] Regelmäßig heißt es zu § 53 StPO, von wem, zu welchem Zweck und aus welchem Grund dem Berufsausübenden die Tatsachen bekannt geworden seien, sei gleichgültig.[49] Die Befürworter einer extensiven Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO argumentieren daher weiter, der Sinn und Zweck des § 97 StPO, das Zeugnisverweigerungsrecht der §§ 53, 53a StPO vor Umgehungen zu schützen, spreche damit gegen die in der Rechtsprechung früher regelmäßig anzutreffende Restriktion.[50] Das Schweigerecht und das Beschlagnahmeverbot müssten sich unter teleologischen Gesichtspunkten entsprechen.
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Soweit die Frage nach von Dritten übergebenen Gegenständen zur Verteidigung im Raum steht, werden diese allgemeinen Argumente aber noch durch das weitere Argument gestützt, dass auch diese Unterlagen unmittelbar das Vertrauensverhältnis zwischen Berufsträger und Beschuldigtem betreffen, auch wenn sie nicht von einem dieser beiden stammen.[51]
Erfreulicherweise hat sich daher seit den neunziger Jahren in der Rechtsprechung ein Umdenken eingestellt und die Entscheidungen mehren sich, die eine Beschränkung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO auf Gegenstände, die der Beschuldigte dem Berufsträger übergeben hat, ablehnen.[52] Die herrschende Auffassung hat sich insoweit gewandelt und wird nun sowohl dem Wortlaut als auch dem telos besser gerecht.[53]
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In der zweiten, jedoch verwandten Fallkonstellation verlaufen Argumentation und Entwicklung des Meinungsspektrums ähnlich. So wollte das LG Braunschweig aus dem Gedanken des Vertrauensschutzes ableiten, das Buchhaltungsunterlagen und Belege, die ein Steuerberater für seinen Mandanten verwahrt, aus dem Anwendungsbereich der Norm auszunehmen seien.[54] Das LG Braunschweig argumentierte, dass nach Sinn und Zweck der Norm nur solche Aufzeichnungen, Mitteilungen und andere Gegenstände privilegiert werden dürften, die innerhalb des Vertrauensverhältnisses entstanden seien. Ganz eindeutig gelte dies für die in § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO genannten schriftlichen Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den zeugnisverweigerungsberechtigten Personen sowie für die in § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO genannten Aufzeichnungen der zeugnisverweigerungsberechtigten Personen über anvertraute Mitteilungen oder über andere Umstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstrecke.[55] Im Rahmen der Nr. 3 dürfe jedoch nichts anderes gelten. Auch der Anwendungsbereich dieser Nr. müsse im Hinblick auf den Sinnzusammenhang der Nr. auf entsprechende Gegenstände beschränkt bleiben.[56] Hieraus folgte für das LG Braunschweig und die anderen Vertreter einer derart restriktiven Auslegung, dass privilegiert nur ein solches Beweismittel sein könne, das an die Stelle des zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen treten könne oder das durch ihn im Einzelnen erläutert werden müsse. Es sei erforderlich, dass das Beweismittel eigene Wahrnehmungen des Zeugen in vergegenständlichter Form enthalte, was auf Buchführungsunterlagen und Belege eines Beschuldigten, die von ihm, d.h. dem Beschuldigten, oder innerhalb seiner Firma von seinen Mitarbeitern gefertigt worden seien, nicht zuträfe. Eine Ausnahme vom Beschlagnahmeverbot nur für Gegenstände zuzulassen, die zum Zwecke des Versteckens vor den Verfolgungsbehörden an die zeugnisverweigerungsberechtigte Person weitergegeben worden sind, unterliege praktischen Bedenken.[57]
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Inzwischen scheint sich aber auch hier abzuzeichnen, dass sich eine Orientierung an den §§ 53, 53a StPO und dem Merkmal des Berufsbezugs durchsetzt.[58] Die grundsätzliche Ablehnung der Beschlagnahmefreiheit ist einer differenzierenden Auffassung gewichen. Hiernach sollen Geschäftsführungs- und Buchungsunterlagen vom Beschlagnahmeverbot erfasst werden, wenn sie dem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer zur Erstellung von Jahresabschlüssen oder Steuererklärungen übergeben worden sind und solange sie für diese Zwecke benötigt werden, nicht dagegen, wenn den Berufsträgern lediglich die Buchführung obliegt und ihnen die Unterlagen nur zu diesem Zweck übergeben worden sind.[59] Da das Buchführungsprivileg der steuerberatenden Berufe nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 6 Nr. 3 StBerG gegen Art. 12 GG verstöße,[60] gehöre die Buchführungstätigkeit nicht zum Berufsbild des Steuerberaters und würde den §§ 53, 53a StPO nicht unterfallen.[61] Das Zeugnisverweigerungsrecht der §§ 53, 53a StPO und die Beschlagnahmefreiheit müssten dem Sinn und Zweck des § 97 StPO entsprechend jedoch korrespondieren.[62] Vergegenständlichte Erklärungen über deren Inhalt der Zeugnisverweigerungsberechtigte bei mündlicher Mitteilung nicht auszusagen bräuchte, müssten der Beschlagnahme daher konsequent entzogen werden.[63] Die entgegenstehende Auffassung sei zu eng und finde im Gesetzeswortlaut keine Stütze.[64] Gleiches muss aber wohl auch für die Beschränkung der Beschlagnahmefreiheit durch die nun herrschende Meinung auf den Zeitraum gelten, in dem die Unterlagen tatsächlich zur Erstellung von Jahresabschlüssen oder Steuererklärungen verwendet werden, da § 97 StPO nicht die bloße ordnungsgemäße Abwicklung eines Steuerberatungsmandates schützen will, sondern – so das LG Stade – das Geheimhaltungsinteresse des jeweiligen Auftraggebers, welches analog § 54 Abs. 4 StPO das zugrundeliegende Mandatsverhältnis überdauere.[65] Als Zwischenfazit zu den ersten beiden Fallgruppen bleibt daher festzuhalten, dass sich die herrschende Auffassung erkennbar gewandelt hat und nach und nach Konturen annimmt, auch wenn noch nicht alle Detailfragen endgültig beantwortet sind.[66] Die Erfolgsaussichten einer Verteidigung gegen die Beschlagnahme dürften in den verschiedenen Landgerichtsbezirken noch immer ebenso unterschiedlich sein wie der Einfluss nur geringfügiger Abweichungen der festgestellten Tatsachen groß.
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Am stärksten wirkt sich der Versuch einer Beschränkung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter und die Lösung von den Vorgaben der §§ 53, 53a StPO auf die dritte und im Hinblick auf interne Ermittlungen bedeutendste Fallkonstellation aus. Der wesentliche Unterschied zu den vorgenannten Konstellationen besteht darin, dass es sich bei dem Mandanten nicht um den Beschuldigten selbst handelt und der Beschuldigte auch nicht im Rahmen eines „mandatsähnlichen Vertrauensverhältnisses“ darauf vertrauen darf, dass die im Zuge der internen Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse nicht gegen ihn verwendet werden.[67] Erst Ende 2010 hat das LG Hamburg daher in einem viel beachteten Beschluss festgestellt, § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO sei nicht dahin zu verstehen, dass die Norm dem Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3b StPO entspreche und auch sonstige Mandatsbeziehungen umfasse.[68] Vielmehr sei der Anwendungsbereich dahingehend einzuschränken, dass allein das Vertrauensverhältnis des Beschuldigten im Strafverfahren zu einem von ihm in Anspruch genommenen Zeugnisverweigerungsberechtigten geschützt sein solle. Das Mandatsverhältnis zwischen einem Rechtsanwalt und einem Nichtbeschuldigten wird nach der Entscheidung des LG Hamburg also ebenso wenig erfasst wie das Verhältnis des Beschuldigten zu einem Rechtsanwalt, den er nicht selbst mandatiert hat. Zur Begründung dieser Auffassung bezieht sich das LG Hamburg auf die gängige Kommentarliteratur, räumt aber zugleich ein, dass der BGH diese Frage in BGHSt 43, 300, offen gelassen habe. Die ebenfalls häufig vertretene Gegenposition wird gänzlich ausgeblendet.[69] Die Argumentation des LG Hamburg ähnelt der zur Übergabe von Gegenständen durch Dritte sehr, und der enge Zusammenhang der Nr. 3 zu den Nr. 1 und 2 wird herausgestrichen. Eine erweiternde Auslegung würde die Nr. 1 und 2 überflüssig machen.[70] Der Schutz eines Rechtsanwalts vor Beschlagnahmen wird durch die Entscheidung im Ergebnis deutlich beschränkt.
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Den ersten Widerstand gegen diese Entkopplung der §§ 53, 53a und 97 StPO im Zusammenhang mit internen Ermittlungen formulierten Jahn und Kirsch.[71] Für sie liegt auf der Hand, dass § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO internen Ermittlern Schutz gewähre, da Rechtsanwälte unabhängig vom Bestehen eines Verteidigungsmandats der Norm unterfielen. Über den Inhalt eines geführten Interviews dürfte der Berufsträger daher nur Auskunft erteilen, wenn er zuvor von demjenigen, zu dessen Gunsten die Schweigepflicht gesetzlich begründet werde, von der Pflicht zu Verschwiegenheit entbunden worden sei. Aus historischer Sicht diene § 97 StPO gerade dazu, eine Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts durch Beschlagnahme zu verhindern.[72] Die umfassende und überzeugende Darstellung kann hier aus Raumgründen nicht wiederholt werden. Als Fazit halten Jahn und Kirsch fest, „dass das Beschlagnahmeverbot im Ganzen als akzessorischer Umgehungsschutz für das Zeugnisverweigerungsrecht nach den §§ 52–53a StPO konstruiert werden sollte.“[73] Die Auslegung müsste sich daher entsprechen. Eine Abschichtung zwischen einem Mandat mit Zielrichtung der Unternehmensverteidigung und einem Mandat mit Zielrichtung, beispielsweise Schadenersatzansprüche gegen einen Mitarbeiter geltend zu machen, lasse sich im Rahmen einer internen Untersuchung ohnehin nur selten durchführen. Regelmäßig bestünde ein inhärenter Zielkonflikt, der sich auch nach Abschluss der Ermittlungen nicht auflöse.[74] Die von Jahn/Kirsch damit ins Feld geführte Gemengelage ist aber nicht nur für den Bereich der Internal Investigations charakteristisch.[75] Dass die Nr. 1 und 2 überflüssig würden, trifft jedenfalls insoweit nicht zu, als die Nr. 1 sich auch auf § 52 StPO bezieht.[76] Die Nr. 2 hat zumindest klarstellende Funktion und ist aus diesem Grund nicht verzichtbar.
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Ein weiteres Indiz dafür, dass der Rechtsanwalt zumindest nach dem Willen des Gesetzgebers umfassend geschützt werden soll, könnte über die bekannten Argumente hinaus auch in der Neufassung des § 160a Abs. 1 StPO[77] gesehen werden, die die Stellung des Rechtsanwalts und den Schutz der Vertrauensbeziehung zu ihm deutlich stärkt.[78] Gleiches gilt für die hier favorisierte Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Beide tragen dem Ziel Rechnung, das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant als unverzichtbare Bedingung der anwaltlichen Berufsausübung einem absoluten Schutz zu unterstellen.[79] Auch der Hinweis von von Galen ist zutreffend, dass anderenfalls nicht nur das Zeugnisverweigerungsrecht des Anwalts, sondern auch das absolute Verbot von den Geheimnisbereich betreffenden Ermittlungsmaßnahmen umgangen werden könnte.[80] Es sei unverständlich, dass die Ermittlungsbehörden ein Telefonat zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten zwar nicht abhören, aber im unmittelbaren Anschluss an das Telefonat die Telefonnotizen beschlagnahmen dürften.
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Das LG Hamburg übersieht zudem, dass auch der Auftraggeber einer internen Ermittlung ein Interesse an der Geheimhaltung der im Rahmen der Ermittlungen zu Tage tretenden Erkenntnisse haben kann und häufig haben wird und die drohende Beschlagnahme geeignet ist, ihn von vielleicht notwendigen Compliance-Maßnahmen[81] abzuhalten.[82] Rechtlich lässt sich die Einschränkung des nach herrschender Meinung im Übrigen geltenden Grundsatzes, dass der Anwendungsbereich des § 97 Abs. 1 StPO auf die Beziehung des Beschuldigten zu seinem Verteidiger in dem aktuellen Strafverfahren zu reduzieren ist,[83] zumindest dadurch rechtfertigen, dass die dem Unternehmen u.U. drohende Verbandsgeldbuße regelmäßig in dem gegen den Beschuldigten geführten Verfahren festgesetzt wird (vgl. § 444 StPO und § 30 OWiG).[84] Die juristische Person ist in diesem einheitlichen Verfahren Nebenbeteiligte.[85] Auch wenn das Unternehmen also nicht formal Beschuldigter des Verfahrens ist, in dem die Beschlagnahme erfolgt, sollte § 97 StPO jedenfalls in dieser Konstellation erweiternd ausgelegt werden.[86] Darüber hinaus ist jedoch schon die Beschränkung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO auf das Vertrauen des Beschuldigten nicht gerechtfertigt.[87] Es lässt sich unter dem Blickwinkel der vom BVerfG[88] anerkannten Bedeutung der freien Advokatur nämlich nicht begründen, dass das Mandatsverhältnis zwischen Unternehmen und intern ermittelndem Anwalt im Unterschied zu einem im Adhäsionsverhältnis beauftragten Anwalt nicht geschützt sein sollte.[89] Das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant ist für jedes Mandatsverhältnis unverzichtbar.[90] Ohne Vertrauen kann ein Mandat weder entstehen und noch Bestand haben.[91] Durch den Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Auftraggeber der internen Ermittlung und internem Ermittler ermöglicht man zugleich die Zusage der Verschwiegenheit an die zu interviewenden Angestellten durch die Unternehmensleitung, wenn diese auf eine spätere Entbindung des Berufsträgers von der Verschwiegenheitspflicht verzichtet.[92] Eine solche Vertraulichkeitszusage ist für eine umfassende Aufklärung unerlässlich.[93] Bei Jahn und Kirsch heißt es hierzu, gerade weil bei der Durchführung einer internen Untersuchung regelmäßig in großem Umfang Informationen von Personen erlangt würden, käme der Wahrung der Vertraulichkeit besondere Bedeutung zu.[94] Daher müsse es gerade in dieser Situation der Disposition des Unternehmens überlassen bleiben, inwieweit es den mit einer internen Untersuchung beauftragten Berufsgeheimnisträger dem Zugriff staatlicher Behörden ausliefere. Die Beschlagnahmemöglichkeit außerhalb der Beziehung Beschuldigter/Berufsträger könne dazu führen, dass ein Rechtsuchender auf anwaltlichen Beistand verzichte, weil er mit der Möglichkeit der Beschlagnahme der aus diesem Verhalten resultierenden Kommunikation und der bei dem Berufsgeheimnisträger verbleibenden Arbeitsergebnisse rechnen müsse.[95] Auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Interviewten würde für eine extensive Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO sprechen. Anderenfalls wäre ein verfassungsunmittelbares Beschlagnahmeverbot zu erwägen.[96] Die neuere landgerichtliche Rechtsprechung hat sich dieser Deutung angeschlossen und bejaht daher ausdrücklich ein Beschlagnahmeverbot für Dokumente, die sich im Gewahrsam eines Rechtsanwalts befinden, auch im Verfahren gegen einen angestellten Beschuldigten.[97]
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Ob kumulativ oder als Alternative zu einem Beschlagnahmeverbot analog § 97 Abs. 1 S. 3 InsO ein Verwertungsverbot für solche Erkenntnisse besteht, die die internen Ermittler lediglich auf Grund einer für den Arbeitnehmer bestehenden faktischen Zwangslage oder einer zivilrechtlichen Auskunftspflicht erlangt haben, ist ebenso umstritten, wie das Bestehen dieser Auskunftspflicht selbst.[98] Regelmäßig wird jedoch entweder das eine oder das andere angenommen, um den betroffenen Arbeitnehmer nicht vollkommen schutzlos zu stellen.[99] Sowohl ein Verwertungsverbot als auch ein Schweigerecht gegenüber dem Arbeitgeber wären geeignete Rechtsinstitute, um die Waffengleichheit zwischen staatlichen Ermittlungsbehörden und Beschuldigten zu erhalten. Das Schweigerecht des Arbeitnehmers würde jedoch nicht nur staatliche Ermittlungen, sondern auch die unternehmensinterne Aufklärung der jeweiligen Vorfälle hindern.[100] Das Auskunftsinteresse des Arbeitgebers dürfte damit nach den von der Rechtsprechung des BGH aufgestellten Grundsätzen den Vorrang beanspruchen[101] und ein Verwertungsverbot insbesondere im Hinblick auf die Nähe der entsprechenden Sachverhalte zum Gemeinschuldnerbeschluss vorzugswürdig sein.[102] Auch die Hörfallenentscheidung des BGH[103] legt ein Verwertungsverbot nahe.[104] Es ließe sich über den Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren begründen, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, den allgemeinen Freiheitsrechten sowie der Pflicht des Staates zur Achtung der Menschenwürde ergibt und in Art. 6 Abs. 1 EMRK seinen einfachgesetzlichen Niederschlag gefunden hat.[105] Die Argumente für ein Verwertungsverbot gewinnen zudem an Gewicht, wenn man bedenkt, dass die mögliche Auskunftspflicht nicht der einzige Unterschied zwischen einer internen Ermittlung und einem staatlichen Ermittlungsverfahren ist.[106] Einem Unternehmen stehen gegenüber seinen Mitarbeitern diverse Möglichkeiten zur Verfügung, um einen faktischen Zwang zur Kooperation zu begründen.[107] Wollte man ein Beweisverwertungsverbot verneinen, müssten ggf. also noch weitere Verfahrensprinzipien auf das interne Ermittlungsverfahren erstreckt werden. Vorrangig ist an eine entsprechende Anwendung des § 136a Abs. 3 StPO zu denken, wenn beispielsweise bewusst über Mitwirkungspflichten getäuscht wird oder sonst unzulässige Vernehmungsmethoden eingesetzt werden.[108] Eine solche Angleichung der internen Ermittlungen an das staatliche Ermittlungsverfahren dürfte jedoch verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Strafverfolgungsmonopol der Staatsanwaltschaft begründen.[109] Schlussendlich erfolgen interne Ermittlungen aber auch häufig vollkommen unabhängig von einem konkreten Verdacht gegen einen Mitarbeiter, so dass die Standards der StPO keinen geeigneten Maßstab bieten.[110]