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Die Reformbewegung in Italien und Frankreich

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Die italienischen Wurzeln der Reform können von den Bestrebungen der Bettelorden im Hochmittelalter bis in das 15. Jahrhundert und zu den Ansätzen bei verschiedenen Päpsten verfolgt werden. In vielen Städten gründeten Priester und Laien Bruderschaften, die sich sozial-karitativen Aufgaben widmeten. In einer Reihe meist oberitalienischer Städte entstanden Oratorien (auch Hieronymus-Bruderschaften): 1443 in Florenz, 1494 in Vicenza, 1495 in Bologna, 1497 in Genua, in Venedig und in Mailand, 1518 auch in Neapel. Die Humanisten hatten sich den hl. Hieronymus (um 347– 420) zum Patron gewählt, weil der Kirchenvater Wissenschaftlichkeit mit dem Glauben vereint hatte. Die Mitglieder verbanden ein intensiviertes sakramentales Leben mit tätiger Nächstenliebe. Dazu gehörten die Begleitung zum Tode Verurteilter, Hilfe für Witwen und Waisen und Krankenpflege. Diese Gruppierungen bildeten sich spontan und ohne gemeinsamen Organisationsrahmen.

Eine strenger asketisch orientierte Reformrichtung vertrat der Dominikaner Girolamo Savonarola (1452 –1498), der ab 1484 in Florenz öffentlich wirkte. Der Prior des Konvents von San Marco glaubte sich von Gott als Prophet und Bußprediger berufen. Aus religiösen Motiven mischte er sich in die Politik ein, um Auswüchse der Lebensführung seiner Zeitgenossen und in der Kunst zu bekämpfen. Kurzfristig erreichte er in Florenz eine religiös-demokratische Verfassung und die Wende vieler Gläubiger zu einer asketisch-religiösen Lebenseinstellung. Politische Fehler und Ungehorsam gegen die kirchliche Obrigkeit führten zum Prozess gegen ihn und zu seiner Hinrichtung.

Das Reformzentrum in Venedig wurde bestimmt durch die Persönlichkeiten Paolo Giustiniani (1476 –1528) und Gasparo Contarini (1483 – 1542). Zunächst traf sich ab 1505 ein Kreis Gleichgesinnter, um gemeinsam die Hl. Schrift und die Kirchenväter zu studieren. Daraus erwuchs die Reformschrift (Libellus ad Leonem X.), die dem Papst vorgelegt wurde. Bei der Osterbeichte 1511 ging Contarini auf, keine menschliche Bußleistung, sondern nur das Sühneleiden Christi könne vor Gott Genugtuung bewirken. Mit einer Reihe von humanistisch geprägten Theologen, die sich besonders mit Paulus beschäftigten, den so genannten „Spirituali“, berührte er sich mit Anliegen der Reformatoren. Contarini beschloss, seinen christlichen Weg weiter als Laie zu gehen. Zunächst trat er in den Dienst der Republik Venedig und wurde Gesandter am Hof Karls V. Papst Paul III. (1534 –1549) ernannte ihn 1535 noch als Laien zum Kardinal und berief ihn nach Rom. Er verfasste einen Bischofsspiegel (De officio episcopi), der die Seelsorge in den Mittelpunkt der bischöflichen Aufgaben rückte.

Die stärkere Gewichtung der Seelsorge, die nun als vornehmste Aufgabe der Priester gesehen wurde, gewann eine zentrale Rolle für die Reformbestrebungen. Dadurch wurde die Bedeutung der Predigt aufgewertet. Bischof Gian Matteo Giberti von Verona (1524 –1543) bemühte sich um die Verwirklichung des Bischofsspiegels seines Freundes Contarini. Als Mitarbeiter von Giulio de Medici blieb er in dieser Position, als dieser als Clemens VII. (1523 –1534) den Stuhl Petri bestieg. In Rom lernte Giberti das Oratorium und die Theatiner kennen. Nach seiner Ernennung zum Bischof von Verona ging er 1527 in sein Bistum. Dieser Schritt eines der leitenden Kurialbeamten erregte großes Aufsehen. Er begann bei sich selbst mit der Reform, verzichtete auf weitere Seelsorgsbenefizien, visitierte persönlich den Klerus, richtete ein Priesterseminar ein und reformierte die Klöster. Gleichzeitig entfaltete er soziale Initiativen. Neben Reform und Diakonie bemühte er sich um die Hebung der Liturgie. Großes Gewicht gewann bei ihm die Katechese, die in einem sorgfältig geplanten System seine gesamte Diözese erfasste. Seine 1542 publizierten Constitutiones Gibertinae dienten als Vorbilder für die Tridentiner Reformdekrete.

Auch der Benediktinerabt von San Giorgio Maggiore, Gregorio Cortese (1483 –1548), gehörte zum Venezianer Reformkreis der Spirituali. Er verknüpfte die Reform seines Ordens mit humanistischen Studien. Der nachmalige Kardinal wirkte an der Vorbereitung des Konzils von Trient mit. Der spätere Kardinal Reginald Pole (1500 –1558) trat während seiner Studien in Padua in enge Verbindung mit den Venezianern. 1536 kam Ignatius von Loyola mit seinen Gefährten nach Venedig, um sich zur Pilgerfahrt nach Jerusalem einzuschiffen. Als dies am Türkenkrieg gescheitert war, gingen sie nach Rom. Dort sollte ihnen dann Contarini die Wege ebnen und die Etablierung als Orden ermöglichen, so dass der venezianische Kreis weit ausstrahlte.

Auch in Frankreich formierten sich an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert humanistisch inspirierte Reformströmungen. Auf Grund der gallikanischen Kirchenverfassung spielte der König eine wesentliche Rolle bei der Reform. Karl VIII. (1483 –1498) setzte 1493 eine Kommission ein, um Missbräuche im Pfründenwesen abzustellen. Reformanstrengungen entwickelten sich um den Ratgeber des Königs, Kardinal Georges d’Amboise (1460 –1510). Dieser unterstützte die strengere Observanz bei den Orden. Ludwig XII. (1498 –1515) benutzte die Reformforderung und das ohne päpstliche Genehmigung zusammengetretene Konzil von Pisa (1511), um politisch gegen das Papsttum Front zu machen.

In der nordfranzösischen Stadt Meaux, in der sich ein Humanistenkreis gebildet hatte, wirkte Guillaume Briçonnet als Bischof (1517–1534). Bei einem Romaufenthalt als französischer Gesandter hatte er 1517 das dortige Oratorium kennen gelernt. Nach seiner Rückkehr hielt er eine Diözesanvisitation ab und bemühte sich um die Erneuerung des Klerus und die Bestellung von Predigern.

Gallikanismus

Die bereits in der Frühen Neuzeit entstandene Bezeichnung (ecclesia gallicana) charakterisiert die ins Mittelalter zurückreichende Sonderentwicklung der Kirche in Frankreich, in der sich in weitgehender Unabhängigkeit vom Papst ein starkes staatskirchliches System ausgebildet hatte. Unter dem Deckmantel der Reform sicherte sich das Königtum mit dem Konkordat von Bologna 1516 das Besetzungsrecht für alle Bistümer, Abteien und Priorate und damit die Verfügung über das Kirchengut.

Katholische Reform und Gegenreformation

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