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Paradiesisch

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In unserem jetzigen, kleinen Stadtgarten und Balkon foerstert es schon wieder mit Storchenschnäbeln und sibirischem Vergissmeinnicht. Sogar zwei Feigenbäume gedeihen im geschützten Hof und bringen reichlich Ernte für die beliebte Mallorquinische Feigentarte. Und der Spalier-Apfel schenkt uns regelmäßig fast 20 knackige Äpfel. Die Rosen blühen zum Teil seit 60 Jahren mit nicht zu bremsender Blühkraft. „Ein alter Garten ist immer beseelt“, so Hugo von Hoffmannsthal. Und so begrüßen uns die 'Morning Glory’s' sobald die Sonne aufgeht. Auch Taubnesseln, violette und weiße, Schlüsselblumen, Elfenblumen und im Frühjahr Waldmeister bedecken einige Flächen, nachdem die Schneeglöckchen verblichen sind. Der Flieder duftet und überdeckt nachts gnädig die Stadtluft. Mit grüner Kraft sprießt der Farn, versport sich und begrünt selbst dunkle Ecken. Abends verwandeln dann die kitschigen bunten Birnen der Bauhaus-Lichterkette den kleinen Garten in eine italienische Nacht und erinnern an den Film „Hausboot“, in dem sich Sophia Loren und Cary Grant auf der Tanzfläche näher kommen. Überpflanzt? Vielleicht. Aber auch die Stadtpflanzen arrangieren sich mit der Enge der Stadt. Die Natur wird in die immer seelenloser werdenden Metropolen zurückkommen und die Erde wieder in ein Garten-Paradies verwandeln. Diesmal sollten wir dem Sündenfall zuvorkommen und die richtige Apfelsorte wählen: Schafsnasen und Goldparmänen, garantiert allergiefrei, teilbar und ohne Folgen für Adam und Eva. Einfach paradiesisch.

Dieter Kosslick

Kulturmanager und ehemaliger

Berlinaledirektor

Gärten des Jahres 2022

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