Читать книгу Gärten des Jahres 2022 - Dieter Kosslick - Страница 19
ОглавлениеGartenkultur AG
Ein Garten für die ganze Familie
Alte Bäume wie die Weiß-Birke (Betula pendula) verleihen Gärten ungemein viel Charme und sorgen zudem für lichten Schatten.
Dies ist ein kleiner, lauschiger Familiengarten, gut gegliedert und abwechslungsreich gestaltet. Auf verschiedenen Höhenstufen stehen unterschiedliche Räume bereit. Und trotz der dichten Bebauung in dritter Reihe am Thuner See kann man hier unter dem grünen Baldachin der Pergola ganz für sich sein und auf der eigens entworfenen Hängeschaukel (Gartenkultur) vor sich hinträumen. Störendes und die allzu nahe Nachbarschaft sind mit Spalierbäumen ausgeblendet, weite Blicke auf die Berge frei gehalten.
Laudatio
Ein kleines Grundstück ohne Privatsphäre, ein wildes Durcheinander mit wenig Aufenthaltsqualität – das war der erste Eindruck des Gartenplaners Ben Uhlmann. Was er daraus machte, ist ein Familiengarten par excellence, in dem jeder seine Lieblingsecke findet.
Der umgestaltete Garten nutzt gekonnt die Aus- und Durchblicke auf die naheliegenden Berge im Berner Oberland. Störende Einblicke aus den Nachbarhäusern werden mit einer Hecke aus Birnbäumen in Spalierform abgeschirmt, die gleichzeitig Schallschutz bieten. Um mehr Platz zum Sitzen und Essen zu gewinnen, wurde der vorhandene Balkon mit einem Holzdeck vergrößert und zum darunterliegenden Gartenteil mit einer Hecke gesichert. Auf der Ostseite wurde mit einer Pergola ein zusätzlicher Raum geschaffen und auf der Westseite ein weiterer Raum mit Sitzmöglichkeiten unter einer bestehenden Eiche.
Überhaupt spielen Pflanzen eine wichtige Rolle. Zwei große Bäume aus dem Bestand – die erwähnte Eiche und eine Birke – wurden erhalten und gekonnt in die neue Gestaltung integriert. Sie sorgen für lichten Schatten und ermöglichen auch an heißen Tagen den Aufenthalt im Freien. Ein Aspekt, der angesichts der häufiger auftretenden Hitzetage immer wichtiger wird. Auch einem zweiten Erfordernis, das der Klimawandel mit sich bringt, wurde Sorge getragen. Größtenteils wurde auf versiegelte Flächen verzichtet. Rasen und, wo es für Rasengräser zu schattig und trocken ist, Kies, lassen jeden Gewitterguss schnell versickern und verhindern, dass Wasser zum Haus oder auf die benachbarten Grundstücke abfließt. Die leichten Möbel und eine extra für den Garten entworfene Schaukel an der Pergola verströmen mediterranes Flair.
Dies ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass ein moderner Garten auch zu einem alten Haus passt und alle Bedürfnisse einer Familie mit Kindern erfüllt – inklusive eines Brunnens mit Quellstein im Sandkasten für ausgiebige Matschspiele.
Folko Kullmann
Kleines Extra-Gartenzimmer unter der alten Stiel-Eiche (Quercus robur).
Die Nachbarschaft wird mit einem Spalier aus Chinesischen Wildbirnen (Pyrus calleryana 'Chanticleer') ausgeblendet.
Sitzplatz im Grünen unter der Pergola mit eigens dafür entworfener Schaukel, die an Stahlseilen befestigt ist.
Eine Felslandschaft mit Quellstein-Brunnen wird zum unkonventionellen Spielplatz.
Das Holzdeck wird mit einer eingebauten Bank begrenzt und mit einer Hecke aus immergrünen Frühlings-Duftblüten (Osmanthus burkwoodii) gesichert.
Große Bäume wie der Amberbaum (Liquidambar styraciflua) und die massiven Felsen helfen, die Räume zu schließen.
Vor der Umgestaltung gab es weder diese luftige Großzügigkeit noch eine räumliche Gliederung, geschweige denn Privatsphäre. „Es war eine totale Bastelei. Der Weg nach draußen war schmal und langweilig – ein häufig gemachter Fehler. Garten und Wohnfläche existierten nebeneinander ohne jegliche Verknüpfung“, erinnert sich Landschaftsarchitekt Ben Uhlmann. Das lag vor allem an den Höhenunterschieden, denn das Einfamilienhaus liegt ein Halbgeschoss (1 m hoch) über dem Gartenniveau. Dieses Halbgeschoss ist der Tatsache geschuldet, dass das Haus nur 100 m vom Thuner See entfernt liegt und das Quartier ab und an vom See überflutet wird. Dank des Halbgeschosses läuft das Seewasser in so einem Fall nicht in die Wohnung. Für den Garten war die Baumaßnahme allerdings ungünstig. „Das Gartenniveau musste näher an das Halbgeschoss bzw. an den Innenwohnraum gebracht werden. Also haben wir ca. 50 m3 Humus eingebracht und so die Höhenunterschiede abgestuft“, berichtet Ben Uhlmann. Durch die Abstufungen entstanden Gartenzimmer auf unterschiedlichen Niveaus. „Die Räume sind nicht willkürlich entstanden. Zunächst wurde zusammen mit der Familie deren Funktion (Lounge, Essen, Spielen) bestimmt und danach die Größe der Gartenräume festgelegt, sodass sie tatsächlich ins Leben passen“, erklärt der Landschaftsarchitekt.
Der Austritt oberhalb des Halbgeschosses auf der Südseite wurde z.B. mit einem Holzdeck zu einer Terrasse vergrößert, mit einer eingebauten Bank begrenzt und zusätzlich mit einer Hecke aus immergrünen Frühlings-Duftblüten (Osmanthus burkwoodii) gesichert. Für Privatsphäre sorgt ein Spalier aus Chinesischen Wildbirnen (Pyrus calleryana 'Chanticleer'), die mit zahlreichen weißen Blütendolden im Frühjahr und mit langanhaltender Blattfärbung im Herbst eine Freude für das Auge sind. Auf der Ostseite entstand ein zusätzliches Gartenzimmer mit Pergola inklusive Sitzplatz und Schaukel, und auf der Westseite ein abgeschiedener Raum im Schatten der alten Stiel-Eiche (Quercus robur). Der alte Baumbestand und die massiven Felsen helfen, die Räume zu schließen und lauschige Plätze zu schaffen.
Größte Herausforderung war, den Niveau-Unterschied aufzufangen, ohne die Stiel-Eiche und die Birke zu beschädigen. „Die Bäume wurden geschützt, indem wir das Holzdeck auf Stelzen gebaut und die Fläche nicht einfach aufgefüllt haben. Sogar die massiven Felsen und Steinblöcke stehen auf solchen Stelzen“, berichtet Ben Uhlmann. So ergeben sich spannungsreiche Gartenbilder, wie etwa das der alten Birke mit markanter Felslandschaft und Quellstein-Brunnen. Zusammen mit der Sandfläche wird daraus ein unkonventioneller Spielplatz für ausgiebiges Bauen und Matschen.
Bäume wie ein Ginkgo (Ginkgo biloba'Horizontalis') und ein Amberbaum (Liquidambar styraciflua) markieren den Weg durch die verschiedenen Räume, die ineinander übergehen. Dank des milden Seeklimas gedeihen hier auch mediterrane Schönheiten wie etwa ein Mandelbaum (Prunus triloba). Gut sichtbare Bereiche schmücken sich mit der verschwenderischen Blütenfülle der Stauden, darunter insektenfreundliche Hängepolster-Glockenblumen (Campanula poscharskyana) und Pfingstrosen mit duftenden purpurroten Blüten (Paeonia lactiflora 'Karl Rosenfield'). Weniger sichtbare Bereiche beleben effektive Bodendecker wie die Elfenblume (Epimedium x perralchicum'Frohnleiten') – so hält sich der Pflegeaufwand im Familiengarten in Grenzen.
LAGE DES GARTENS
Thun, Kanton Bern, Schweiz
GRÖSSE DES GARTENS
405 m2
PLANUNGSBÜRO
Gartenkultur AG
AUSFÜHRUNG
Gartenkultur AG
FOTOGRAFIE
Sam Bosshard Fotografie
„Der Familiengarten wirkt großzügig, weil die Räume richtig gegliedert sind.“
(V. L. N. R.) TOBIAS BRÄKER, BEN UHLMANN, RAPHAEL BRÄKER UND BENJAMIN BOSSHARD
PLAN
1Wohnhaus
2Terrasse mit Sitzbank und Hecke
3Pergola mit Schaukel
4Felslandschaft mit Qellstein-Brunnen
5Sitzplatz unter alter Eiche