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ОглавлениеMadonnenlilien am Muttertag
„Diese mein frumme Mutter hat 18 Kind getragen und erzogen, hat große Armut gelitten, Schrecken und große Widerwärtigkeit.“ Schonungslos, wie ihr Leben war, zeichnete Albrecht Dürer das Gesicht der Mutter. Dieses „Bildnis der Mutter“ von 1514 wurde zum Symbol der „durch Krankheit, Kriege, Not und Entbehrung“ leidenden Mutter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Ganz anders sah Vincent van Gogh das „Bild einer Mutter“. Er malte eine gütige Bürgersfrau als Denkmal der zeitlosen Mütterlichkeit. In seiner Figur, der bretonischen Wiegenfrau, stellt er die Mutter dar, die nach dem Volksglauben der Bretonen den Schiffern auf hoher See als milden Trost das Schlummerlied ihrer Kindheit sang; und wenn sein letzter Vers ihnen Untergang und Tod ansagt, dann nimmt sie die Allmacht der Liebe auf. Wir erfahren aus Briefen des Malers, dass er das Bild in den Hafenschenken von Marseille zwischen zwei kreisenden Sonnen aufgehängt wissen wollte, um damit die menschlich Gestrandeten zur Ahnung einer höheren, reinen und ewigen Liebe zu bekehren: Die Gestalt der geheimnisvollen, mütterlichen Frau im Verein mit dem glühenden Wirbel von mächtigem Licht, den die Sonne bei van Gogh immer bedeutet, soll als Tröstung und Kraft die Verlorenen in der ewigen Versöhnung bergen.
Fast in allen frühen Kulturen findet man unter wechselnden Formen die Figur der Mutter mit dem Kind, die ebenso gut eine Gruppe aus dem alltäglichen Leben darstellen kann wie eine machtvolle Göttin, die den Menschen Segen bringt. Das Bild der fruchtbaren Frau erscheint in der Geschichte der Menschheit als älteste Weihegabe an die großen Kräfte, denen alles Gedeihen anheimgegeben ist.
Ein mütterliches Wesen ist nach altägyptischen Göttermythen das Weltall – eine große Kuh, die jeden Morgen die Sonne und damit alles Leben gebiert. Ihr Leib ist der sternenbesetzte Himmel, und auf dem gütigen Haupt trägt sie zwischen den Hörnern, die den Mond bedeuten, die golden strahlende Sonnenscheibe. Unter ihrem Haupt aber steht die Gestalt Pharaos, den sie mütterlich beschützt und der von ihr seine Kraft empfängt.
Gewaltig und drohend wie eine Urmacht ist die große Diana von Ephesus, eine Muttergottheit aus dem ältesten Kleinasien, die noch die späte Antike in berauschenden Orgien und sinnüberladenden Bildern feierte. Ihr Leib ist schwarz wie die Tiefe der Erde, aber ihr Haupt ist umgeben vom Lichtkreis des Himmels und Sternbilder sind ihr Halsgeschmeide. Löwen und Stiere auf ihrem Gewand sind ihre heiligen Tiere. Die Vielzahl der Brüste bezeugt die nährende Allmacht der großen Mutter Natur. Unendlich spendet die Allgebärende.
Mutter aller Gläubigen ist die heilige Kirche, ihr Leben ist die Liebe des Heiligen Geistes. In ihren Visionen schaut sie die heilige Hildegard von Bingen, Mystikerin, Pflanzenheilkundige und Äbtissin des Mittelalters, als Frau in königlicher Gestalt, überragt vom festen und lichten Turm der göttlichen Kraft, aus dem die goldenen Feuerzungen des Pfingstfestes hervorbrechen. Die ganze Christenheit birgt sie im jungfräulichen Schoß, und unablässig fleht ihre liebende Sorge um die Gnade Gottes für die Menschen.
„und Adam gab seiner Frau den Namen Eva, das ist: Mutter aller Lebendigen.“ Aus dem Ursprung dieses Geschlechtes empfängt die ganze Menschheit das Leben, aber auch die schwere Last der Schuld und des Schicksals, die Erde und Himmel trennen. Als Königin ist die Jungfrau Maria geschmückt, selig gepriesen von allen Geschlechtern der Zukunft. Die gebenedeite Frucht der neuen Eva ist der Sohn Gottes, der Erlöser aller Menschen. Maria wurde vom göttlichen Ratschluss zur Mutter einer erneuerten Welt bestimmt, weil sie mit der Geburt Jesu allen das wahre unsterbliche Leben schenkt.
Die Lilie ist die Blume der Bibel. Sie zierte auch die Säulenkapelle im Tempel Salomos in Jerusalem. Sie war ein Symbol der Schönheit, oft auch von Fruchtbarkeit und Reichtum. Unter christlichem Einfluss wurde sie zum Sinnbild für geistige Reinheit, Heiligkeit und Auferstehung und deshalb häufig in der Nähe und Umgebung von Kirchen angepflanzt.
Vornehmlich Tulpen, Nelken und Lilien schenkt man Frauen seither zu besonderen Anlässen, wobei Marienlilien, also Madonnenlilien, gerne als Blumengeschenke zum Muttertag verschenkt werden. Aber es müssen keine Lilien sein. Blumen sollte man mit Bedacht verschenken. Niemals kommt es darauf an, ob es wenige oder viele sind, ob sie selbst gepflückt, billig oder teuer waren. Blumen sollten immer ein „teures“ Geschenk sein, um damit zu zeigen, wie teuer einem ein geliebter Mensch ist.
Herz und Blumen sind die Symbole des Muttertages, Madonnenlilien und Rosen. Das Fest ist verhältnismäßig jung: Miss Anna Jarvis aus Philadelphia war die erste, die 1907 „Muttertagsblumen“ verschenkte. Und Philadelphia war auch die erste Stadt der Welt, in der der erste Muttertag gefeiert wurde: 1908. US-Präsident Wilson verkündete am 9. Mai 1914 in einem Kongressbeschluss, den zweiten Sonntag im Mai „als öffentlichen Ausdruck für die Liebe und die Dankbarkeit zu feiern, die wir den Müttern unseres Landes entgegenbringen.“ Und seither schenkt man den Müttern Madonnenlilien am Muttertag. In Deutschland wurde der „Tag der besonderen Ehrung der Mutter“ zum ersten Mal 1922 gefeiert.
Die weiße Lilie der Maria
Ich bin eine Blume auf den Wiesen des Sharon,
die weiße Lilie der Madonna,
ich bin die Königsblume der Romanen,
die Wappenblume der Orientalen
und zier die Säulen im Tempel Salomons.
Ich bin das Sinnbild der Jungfräulichkeit,
der Reinheit und der Heiligkeit,
von Gott geweiht der Christenheit,
der „holden Jungfrau“ Fruchtbarkeit.
Ich bin die stolze Lilie in den Klostergärten,
Symbol der Mönche für Marias Schönheit,
der Auferstehung und der Reinheit,
ein Denkmal in den heil’gen Stätten,
Symbol der Treue und der Seligkeit.
Ich hab die Dichter aller Zeiten
zu ihren Werken inspiriert,
in Prosa, Poesie und Lyrik
und in Romantik aufgeklärt.
Als Lichtsymbol in der Heraldik,
trag ich der Sonne goldnes Kleid,
auf dass das Leben ewig währt.
Am Grabe pflanzt ihr weiße Lilien,
der Toten Geist steigt auf zu mir,
ein Bild der Hoffnung und des Friedens,
ist ein Geschenk von mir.
(Dieter Kremp)