Читать книгу Got Me? Hardcore-Punk als Lebensentwurf - Dolf Hermannstädter - Страница 16
ОглавлениеTrust #8 – September 1987
Ich weiß nicht ob ihr’s bemerkt habt oder nicht, die letzte Ausgabe (Nr.7) war drucktechnisch unter aller Sau. Das Titelbild wurde unnötigerweise gerastert, all die Fotos im Heft sahen aus wie fotokopiert und, was mich am meisten ärgerte, die Seiten waren völlig schief montiert, so dass mal oben, mal unten weißer Rand war. Es war das erste Mal dass wir den Druck nicht selbst machten und dann sowas, kurzzeitig hab ich einen Hass in mir gehabt … ich hätte jemand killen können. Hier also die ›offizielle‹ Entschuldigung an alle, die an der Qualität Anstoß genommen haben. Es war nicht unsere Schuld, wir hätten es auch lieber in der üblichen Qualität gehabt. Hoffentlich kommt sowas nicht nochmal vor. Obwohl es ja eigentlich nicht so wild wäre. Denn, wenn ein Kunde einen Auftrag erteilt, seine konkreten Wünsche angibt und auch bereit ist dafür zu bezahlen; der Auftragnehmer aber die Arbeit verpfuscht bzw. nicht genau nach Kundenwunsch liefert, dann sollte der Kunde sagen können »So wollte ich das nicht – neu machen« oder aber, er geht gleich zu einer anderen Firma. Nun, in unserem Fall (es handelte sich um eine alternative Kleindruckerei, die von einem Iraner geführt wurde) hätte das Einstampfen und Neudrucken die Firma an den Rand des Ruins gebracht, was ja nun auch nicht unbedingt in unserem Interesse liegt. Noch dazu wäre es auch nicht möglich gewesen fristgerecht zu erscheinen, was uns aber enorm wichtig ist. Aber ist es das überhaupt? Wir setzen uns immer selbst unter Druck, wenn wir Redaktionsschlüsse festlegen, aber auf der anderen Seite möglichst aktuell sein wollen, so dass es von uns mit der Deadline nicht immer so ganz genau genommen wird. Ganz zu schweigen von unseren Anzeigenkunden, für einige der Herrschaften ist sowas wie Redaktionsschluß ein Fremdwort, dadurch haben wir wieder mehr Arbeit. Wie professionell soll denn nun eigentlich das alles werden, mit den Fanzines, Gigs, Platten und anderen Aktionen. Ich meine, es muß noch professioneller werden, was nicht heißt kommerzieller! Denn durch besseres Arbeiten hat man weniger Arbeit und Stress und kann dafür andere Sachen machen. Wir müssen noch mehr zusammenarbeiten, besser organisiert und zuverlässiger werden. Sonst treten wir auf der Stelle und es gibt nur ein langsames vorankommen. Jetzt werden Stimmen laut die sagen, moment mal, wenn wir so arbeiten wie alle anderen, professionell, rationell, zuverlässig, etc. dann tun wir ja genau das, was alle anderen auch machen – wo ist denn unser ›Anderssein‹? Nun, das Anderssein liegt nicht darin faul, schlampig, langsam, unzuverlässig, etc. zu sein, sondern in den Gründen und Zielen, für die wir arbeiten. Das ist das, was uns von ›denen‹ unterscheidet. Wie sollen wir denn jemals etwas ändern können, wenn wir schon an so kleinen Dingen scheitern, ja teilweise unser eigenes Leben nicht auf die Reihe kriegen. Versteht ihr was ich meine!! Ich will jetzt hier nicht einen bestimmten Personenkreis als Beispiel ranziehen, da es nicht auf alle zutrifft, aber immer noch auf den Großteil … Ich seh schon, ich schreib hier schon wieder ins Leere, entweder versteht wieder keiner was ich meine, oder aber ich werde verstanden und alles läuft genauso weiter wie bisher – langsam aber stetig. Ich glaub ich bin einfach zu ungeduldig … So jetzt noch was ›technisches‹, ich bin so ab ca. 10.Oktober für zehn – zwölf Wochen auf Geschäftsreise in den Usa (hätteste nicht gedacht, dass ich soviel Kohle mit dem Heft mache, was …?) d.h. also, ich werde wieder für einige Zeit keine Post beantworten können und ebensowenig unter meiner Telefonnummer in Augsburg erreichbar sein. Aber mein Briefkasten wird von Zeit zu Zeit von einem der anderen Trustmultis geleert, also kommen wichtige Sachen fürs Heft in die richtigen Hände bzw. können an mich weitergeleitet werden. Jetzt muß ich doch noch schnell was anfügen. Davon abgesehen, dass ich persönlich Haustierhaltung in mindestens 95% der Fälle für selbsteigennützig halte. Mir ist aufgefallen, dass viele Leute, die behaupten sie wären gegen Autoritäten, mit ihren Hunden so umgehen als ob sie der neue Führer sind: »Sitz, platz, komm, weg da, usw.« hört man die ganze Zeit. Wie ist das nun, gegen ›Druck‹ von oben sein aber selbst Druck nach unten ausüben – double standards, Freunde. Die gibts nicht nur bei ›denen da oben‹, mal sehen, vielleicht ein nächstes Thema?