Читать книгу Fremdsprachliches Lernen und Gestalten nach dem Storyline Approach in Schule und Hochschule - Doris Kocher - Страница 28
2.3.2.1.2 Zur Dramaturgie: Einstieg – Zwischenfall – Ende
ОглавлениеDer Einstieg entscheidet in der Regel bereits darüber, ob ein Thema akzeptiert und wie ein Storyline-Projekt verlaufen wird, deshalb sollte er bewusst gewählt werden, um die Lernenden für das Thema nachhaltig zu fesseln. Förderlich sind vorantreibende und konkretisierende Fragen wie: “What would you look like if you lived in the 18th century? What kind of clothes would you wear?“ oder “What would your home look like?“ Erfahrungsgemäß sprechen Lernende relativ bald in der Ich-Form, auch wenn sie eine Phantasiegestalt darstellen, was ein Zeichen dafür ist, dass sie engagiert bei der Sache sind (involvement principle).
Im Laufe eines Storyline-Projekts werden die Schülerinnen und Schüler durch Dilemmas und unerwartete Zwischenfälle (incidents) immer wieder zu kreativen und adäquaten Problemlösungen herausgefordert. Je nach Thema, Alter und Sprachniveau der Lerngruppe bieten sich folgende Vorschläge für zu bewältigende Situationen an:
Eine Person wird krank, kündigt ihren Besuch an oder taucht plötzlich (wieder) auf
Eine Person handelt in nicht nachvollziehbarer Art und Weise: sie verlässt einen Ort, wird kriminell oder anderweitig auffällig
Ein Fest oder eine Veranstaltung soll aus einem bestimmten Grund veranstaltet werden
Ein wichtiger Gegenstand wird verloren, zerstört, gefunden oder gewonnen
Eine Naturkatastrophe oder ein anderes Ereignis zerstört eine Landschaft, einen Bauernhof, einen Zoobereich oder ein Zirkuszelt
Eine Einrichtung soll eröffnet, verkauft oder geschlossen werden
Eine folgenreiche politische Entscheidung wird getroffen
Eine für die Menschheit bedeutsame Erfindung oder Entdeckung wird gemacht
Je nach Inhalt, Art und Struktur einer Geschichte kann diese ein natürliches Ende finden, nämlich dann, wenn der Problemfall gelöst wurde oder wenn die geplante Veranstaltung (z.B. Eröffnung eines fiktiven Jugendzentrums oder eines Museums) endlich stattfinden kann. In anderen Fällen werden externe Expertinnen und Experten zu einem Thema eingeladen, um zu ermöglichen, dass die schülereigenen Vorstellungen mit den tatsächlichen Gegebenheiten verglichen und – falls erforderlich – modifiziert werden können. Hier bieten sich lokale Persönlichkeiten oder auch Vereine an. Eine Expertenrunde kann sich auch aus Kollegium, älteren Klassen, Eltern oder Gästen verschiedenster Einrichtungen zusammensetzen. Im Notfall kann auch auf vertrauenswürdige Websites und E-mailkontakte zurückgegriffen werden.
Auch das Aufsuchen von Expertinnen und Experten im Sinne einer Exkursion bietet sich an. Als mögliche Ziele für Besuche eignen sich ortsansässige Betriebe, öffentliche und private Einrichtungen, geographische oder historische Sehenswürdigkeiten. Mitunter kann auch die Elternschaft oder eine befreundete Klasse als Publikum für eine Aufführung eingeladen werden, um auf diese Art das Projekt abzuschließen und gleichzeitig zu präsentieren. Im Anschluss an jedes Storyline-Projekt sollte zudem eine Reflexion und Evaluation stattfinden, um individuelle Lernprozesse und Lernerfolge bewusst zu machen und diese als Sprungbrett für das weitere Vorgehen verwenden zu können (vgl. Bell/Harkness 2006).
Fazit: Geschichten liefern einen weiten authentischen Rahmen für ganzheitliches und kreatives, soziales und emotionales, inhalts- und problemorientiertes, aufgabenbasiertes und interdisziplinäres, sprachliches und kulturelles Lernen, und sie sprechen darüber hinaus multiple Intelligenzen an (vgl. Gardner 1994; 2002; 2007). Sie ermöglichen eine Vielzahl von authentischen Rede- und Schreibanlässen und fördern somit echte, mitteilungsbezogene Kommunikation. Meine Fallstudien in Teil B sollen zeigen, ob und inwiefern dies alles auch im fremdsprachlichen Klassenzimmer realisierbar ist.