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2.3.3.2 Wandfries

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Charakteristisch für den Storyline Approach sind die nach jeder längeren Arbeitsphase regelmäßig stattfindenden Präsentationen, in denen die Lernenden ihre vielfältigen Arbeitsergebnisse der Klasse mündlich und/oder schriftlich vorstellen, und bei denen sich mitunter auch spontane Gespräche oder Rollenspiele über mögliche Nebenhandlungen ergeben. Zur Veranschaulichung der diversen Lernprozesse sowie zur Dokumentation der inhaltlichen Entwicklung der Geschichte werden sämtliche Lernprodukte (z.B. Figuren, Skizzen, Landkarten, Briefe, Rezepte, Gedichte oder Interviews) während der gesamten Dauer eines Storyline-Projekts an den Wänden des Klassenzimmers ausgestellt. Auf diese Weise entsteht ein so genannter Wandfries, der je nach Größe und Beschaffenheit der freien Flächen mehr oder weniger detailliert ausgestaltet werden kann und – im Sinne einer Bühne – als Handlungsfeld dient, wo der gesamte Verlauf der Geschichte schrittweise und für alle nachvollziehbar visualisiert wird.

Im Laufe der Zeit nimmt der Fries immer mehr Gestalt an: sein Umfang vergrößert sich und seine Komplexität verdichtet sich sukzessiv. Aus inhaltlichen bzw. dramaturgischen Gründen verändert er immer wieder sein Aussehen, so dass er nie als endgültiges Ergebnis, sondern als prozessorientierte Schaufläche zu verstehen ist. Manche Objekte wie dreidimensionale Stadtmodelle oder Landschaften können auf Tischen vor dem eigentlichen Fries aufgebaut werden, so dass dieser zusätzlich als Kulisse dient.

Durch mobile Stellwände kann das Klassenzimmer sogar in verschiedene Bühnen aufgeteilt werden. Bei Platzproblemen genügt es mitunter, wenn nur ein paar Texte ausgestellt und die anderen in einem DIN A4-Umschlag aufbewahrt und am Fries befestigt werden, so dass die Lernenden jederzeit Zugang und Zugriff zu allen Lernprodukten haben. Sollten im Klassenzimmer nur sehr kleine Ausstellungsflächen zur Verfügung stehen, dann können bestimmte Schriftstücke auch in Mappen (Portfolios) gesammelt werden, welche die Lernenden mit sich führen. Alternativ kann ein Storyline-Projekt (oder Teile davon) auch am Computer realisiert werden, wie das in Skandinavien gelegentlich geschieht (vgl. Blair 2016; Lundin 2007). Dabei können die Schülerinnen und Schüler auch medienspezifische Kompetenzen erwerben oder verfeinern: Textverarbeitung, die Handhabung von Zeichen- und Bildbearbeitungsprogrammen sowie die Nutzung von Online-Diensten. Trotzdem hat der Wandfries als wichtigstes Medium in der Storyline-Lernwerkstatt mehrere nicht zu unterschätzende Funktionen:

 “It is in the first place the bridge between abstract thinking and the real world“ (Letschert 1997, 18), also zwischen Erfahrungswissen und abstraktem Denken.

 Der Fries „erzählt“ die fortlaufende Geschichte; er zeigt den Lernenden ganz konkret, an welcher Stelle der Geschichte sie sich gerade befinden und erleichtert ihnen somit immer wieder den Einstieg in das Thema.

 Der Fries und dessen prozessorientierte Ausgestaltung fördert das multisensorische Lernen und spricht verschiedene Intelligenzen (vgl. Gardner 1994; 2002; 2007) im Sinne eines ganzheitlichen Lernens an.

 Über die Sprache hinaus ermöglicht er die Darstellung von vielfältigen und außergewöhnlichen Details. Das bildliche Symbolsystem (Weidenmann 1994) wird dabei ergänzend zum sprachlichen System als unterstützendes Kommunikationsmittel integriert.

 Der Fries hat starken Aufforderungscharakter, denn die ausgestellten Handlungsobjekte bieten zahlreiche Anlässe für zielgerichtete Interaktionen und authentische, inhaltsorientierte Kommunikation (z.B. “Why are there no lions in your circus?“ usw.).

 Er dient als Aufhänger und ansprechende Kulisse für themenspezifische Rollenspiele.

 Er dokumentiert und veranschaulicht den Lernenden, was sie bereits gelernt haben und unterstützt sie bei der Strukturierung ihres Wissens: “Consider how well the narrative and the artifacts from the Storyline displayed on the classroom wall help children to remember every detail of what they have learned“ (Frame 2001, 49).

 Der Wandfries bietet zudem Vergleichsmöglichkeiten und unterstützt somit Bewusstmachungsprozesse über die unterschiedlichen Lernstile, Lernwege, Lösungsvarianten und Darstellungstechniken der heterogenen Lerngruppe.

 Der Fries ist immer ein Gemeinschaftsprodukt, wodurch das Gemeinschaftsgefühl gefördert und die Identifikation mit dem Lerngegenstand verstärkt wird (ownership principle).

 Des Weiteren bietet er die Möglichkeit, alle Unterrichtsprodukte längerfristig klassenöffentlich zu präsentieren (classroom museum) und entsprechend zu würdigen, was die Lern- und Leistungsbereitschaft erhöht.

 Außerdem trägt der Fries nicht unerheblich dazu bei, die Lernatmosphäre zu verbessern und das Klassenzimmer optisch anregend zu gestalten.

So weit die Theorie. Wie aber (gerade ältere) Fremdsprachenlernende den Fries tatsächlich nutzen und bewerten, soll durch meine Fallstudien untersucht werden (vgl. Teil B).

Fremdsprachliches Lernen und Gestalten nach dem Storyline Approach in Schule und Hochschule

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