Читать книгу Ich und der Fisch, der Fisch und ich - Dorothea Doris Tangel - Страница 11

Tag 2

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Am 2. Tag rauchte ich noch eine Zigarette und danach keine mehr. Wenn ich mir schon so viel Stress mache, dann muss es doch möglich sein...

Aber was passierte da eigentlich mit mir? Wieso dieser Kollaps? Geistig wie körperlich. Ich setzte alles daran mit der Angst vor den nächsten Minuten fertig zu werden. Ich wusste schon daß es nicht leicht sein würde, aber mit einem derartigen Einbruch hatte ich nicht gerechnet. Es sind diese intensiven Momente, die ich verlernt hatte auszuhalten. Ich schaute auf die Uhr. Das Verlangen war wieder da. Ich verkrampfte mich und versuchte mich abzulenken.

Was ich bei Entzügen und Selbsthilfegruppen gelernt hatte war: "Nur für 5 Minuten". Eine Zigarette lenkt nicht nur ab, sie betäubt auch und mildert etwas ab. Es ist wie ein Schmerzmittel das einen gnädigen Schleier über alles Harte und Schwere legt.

Aber ich wusste, ich muss die ersten Tage irgendwie aushalten und wenn ich auf dem Zahnfleisch krieche, egal. Danach wird alles anders. Es ist möglich. Ich muss ehrlich sagen, das Leben war mit Zigaretten leichter, echt, flenn.

Aber wenn man den ersten Tag, den ersten Abend geschafft hat, dann ist das Schlimmste überwunden. Irgendwie sind die Weichen gestellt. Es ist beim Himmel angekommen und sie helfen dir das Weitere zu überstehen. Vielleicht wollen sie sicher sein dass man es auch wirklich will.

Manchmal weißt man gar nicht, woher die Kraft kommt und was einen abgelenkt hat wieder 5 Minuten durchzustehen. Und plötzlich hatte ich 20 Minuten nicht mehr an eine Zigarette gedacht. Wow!

Ich fügte mich in mein Schicksal. Ich wurde krank und begriff, daß es mehr war als nur die Zigaretten, was da aus meinem Körper heraus wollte. Ich musste Abschied nehmen, von einem ganzen Leben das mich nur noch unglücklich gemacht hatte.

Ich legte mich ergeben ins Bett wenn ich die Augen nicht mehr offen halten konnte und schlief eine Stunde. Die Schmerzen weckten mich und ich stand auf, lief durch die Wohnung bis ich wieder müde wurde. Ich war ein Bild des Jammers.

Ich zerfloss vor Selbstmitleid. Was musste ich alles erleiden. Wieso ist alles so schwer bei mir? Was war los? Ich sehe aus wie hingespuckt, versuche fern zu sehen, versuche nicht zu husten, weil mein Zwerchfell so weh tut daß ich nur noch gebeugt gehen kann. Es ist als würde ich ersticken. Dämonen des Schmerzes umklammern mich und halten mich in meinem Brustkorb gefangen, oder sich dort auf und sie wollen nicht raus.

Der dritte Tag, 19.märz 2007

Ich verliere jegliches Zeitgefühl. In meinem Kopf ist der Nebel so dick geworden daß ich überhaupt nicht mehr weiß ob ich Männlein oder Weiblein war. Egal, überleben ist alles. Das Fieber sinkt langsam und ich kann plötzlich wieder denken. Die dröhnenden Kopfschmerzen weichen einer verstopften Nase. Nur nicht husten! Ich überziehe mein verschwitztes Bett, obwohl ich mich immer noch kaum auf den Beinen halten kann.

Frische Laken, wohlriechende Laken. Ich schütte das Essen der letzten Tage ins Klo und backe mir ein Brot, mit den letzten Wallnüssen von meinem Baum. Ob das auch ein Abschied ist?

Ich weine viel. Mein ach so heißgeliebter Wallnussbaum, der dieses Jahr keine Früchte mehr getragen hat, und dem alle Nachbarn auf beiden Seiten die Äste abschneiden wollen, weil sie über ihr Grundstück ragen. Mein armer Baum. Wem hat er etwas getan? Er hatte die bestschmeckenden Nüsse der ganzen Welt.

Ich und der Fisch, der Fisch und ich

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