Читать книгу Ich und der Fisch, der Fisch und ich - Dorothea Doris Tangel - Страница 4

Kapitel 2

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Sucht und Suche

Es mag vielleicht idiotisch erscheinen daß ich so ein Brimborium daraus mache mir das Zigarettenrauchen abzugewöhnen, aber als Suchtcharakter, der ich von Beruf nun einmal bin ist es nicht so einfach alte Gewohnheiten aufzugeben. Man hängt halt so dran. Ich neige dazu immer schnell an den Dinge festzukleben, wie Klopapier am Schuh und kriege sie dann nicht mehr los.

Selbst mit den harmlosesten Dingen des Alltags kann ich nicht aufhören, wenn ich mich einmal daran gewöhnt habe und sie mir ein wohliges, wenn auch trügerisches und sehr flüchtiges Gefühl der Geborgenheit verschaffen können.

Die Gründe für mein Ungeborgensein konnte ich dadurch aber nicht auflösen und trotz der täglichen Flucht, fühlte ich mich am nächsten Morgen immer wieder auf s Neue verloren. Die Ursache für meine atemlose Hetze war mir ein Rätsel und ich wusste nicht wie man was genau verändern müsste, um in seinem Leben ein Gefühl der Sicherheit entwickeln zu können. Hat man das in den ersten Jahren nicht mitbekommen, so dass es auf der inneren unbewussten Matrix eingebrannt ist, hat man keinen Zugriff darauf und wittert überall sofort Ablehnung wenn etwas unklar ist.

Was aber nicht heißt dass man das, was man nicht mitbekommen hat nicht nachholen kann. Ich bin der Meinung, alles ist erlernbar. Man kann auch mit 80 noch Abitur machen und hat was davon fürs nächste Leben. Was ich selber entwickeln muss bleibt mir außerdem besser erhalten als das was mir zugefallen ist, von dem ich nicht weiß wie es eigentlich funktioniert. Vieles, was wir uns im Laufe eines Lebens erarbeiten, kann uns keiner mehr nehmen. Die Mühe ist es allemal wert.

In meiner Familie sagten sie immer: was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Mein armer alter Vater hieß auch noch ausgerechnet Hans und er hörte eines Tages ganz auf am Leben teilzunehmen und lebte danach aber noch 30 qualvolle Jahre! Ich bekam eines Tages heraus daß dieser Dummspruch einem gar nichts nützt und daß das alles nur verdammte Lügen sind, die einen nur vom eigentlichen Leben abhalten wollen. Wir könnten ja glücklich werden!

Man ist verantwortlich für all seine Taten, bis der letzte Nagel in seinen Sarg geschlagen wird, was auch bedeutet dass man also auch selbst entscheiden und sich aneignen kann was man zu seinem Glück braucht. Demnach kann man sich in der Zwischenzeit (bis zum Tod) auch alles beibringen was einen interessiert oder was einem fehlt, egal wie alt man ist. Man nimmt ja sein Wissen mit ins nächste Leben (und, interessanterweise auch das was man gegeben und mit anderen geteilt hat, was auf dem Schicksalskonto gutgeschrieben wird.).

Das heutige Denken in Europa, es rentiere sich nicht mehr, Leuten über 50 noch Arbeit oder Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen ist absurd. Erfahrung und Reife sind unersetzbar. Viele Leute leisten sich, wenn sie können gerade im Alter noch die verrücktesten Seminare, befreien sich von alten Familienmustern, weil sie jetzt endlich die Muße, die Kraft und den Mut dazu haben und lernen sogar noch Bergsteigen, Yoga oder fremde Sprachen und vollkommen neue Berufe, mit denen sich auf dem Flohmarkt noch etwas verdienen lässt.

Sogar bei Edgar Cayce findet sich ein „Reading“, bei dem er einem älteren Mann empfahl sich mit der Heilwirkung von Halbedelsteinen auseinanderzusetzen, er könne das für den Beruf in seinem nächsten Leben gebrauchen, da die Beschäftigung mit metaphysischen Heilmöglichkeiten seiner und auch anderen Seelen gut tun würde.

Mit dem Verstand alleine ist das Suchen nach Antworten für seine innere Ungeborgenheit nicht zu bewerkstelligen. Die Empfindungen brauchen genauso viel Raum und man muss erst einmal Namen für das Unbekannte finden, wenn man das als Kind nicht gelernt hat in Ermangelung an interessierten Zuhörern, damit man im Leben ankommen und sich zu Hause fühlen kann, auch wenn Gefühle oft als zweitwertig, oder als nicht realrelevant angesehen werden.

Heute ist unser Denken so sehr auf Äußerlichkeiten gerichtet dass wir nur das Materielle als einzig wichtig betitulieren und wir ordnen uns sofort unter wenn einer eine dicke Geldbörse hat, ohne zu schauen wohin die Reise mit diesem Menschen eigentlich geht. Was nützt uns der beste Job wenn wir damit die Natur so sehr zerstören dass auch wir selbst in 10 Jahren keinen Lebensraum mehr darin haben werden? Da kann ich zehnmal einen 1000 Euroschein in die Luft halten, die Verstrahlung durch unsere Kernkraftwerke geht trotzdem durch die Wände unserer Luxuswohnung.

Ich empfand mich meistens wie eine Fremde in der Welt und ganz besonders in meinem alten Umfeld, in das ich hineingeboren wurde und nannte mich gerne die Randgruppe! Weshalb ich auch immer sofort dabei bin wenn es darum geht Benachteiligte zu Wort kommen zu lassen, sogar wenn es nicht meinen Idealen entspricht, nur weil mir immer die so leid tun, die ausgeschlossen werden. Es gibt 2 Ausnahmen, Faschisten und Frauen- und Kinderbenutzer, da kann ich kein Mitleid empfinden.

*

Ich konnte früher mit meinem Anders sein nicht umgehen und versuchte verzweifelt zu verbergen dass ich ganz andere Gedanken, Gefühle, Vorlieben und Sehnsüchte hatte. Ich versuchte „mich“ zu verdrängen, getraute mich nie meine Meinung zu sagen, bis ich platzte und hörte nicht auf mich, noch glaubte ich meinen eigenen Gefühlen. Ich nahm mich gar nicht ernst! Ich dachte doch wirklich lange, alle müssen das Gleiche fühlen, mögen, wollen und denken, tu ich das nicht, bin ich nicht in Ordnung!

Das zerriss mich in tausend Stücke und ich war nur damit beschäftigt, es anderen Recht zu machen, bis ich in meinem eigenen Leben nicht mehr vorkam! Ein großer Schmerz, das elendige Gefühl der Nichtexistenz, auf den schnell ein Pflaster geklebt werden musste, jeden Tag aufs Neue. Ich wollte es nicht sehen und ich wollte mich nicht fragen müssen was mit mir los war. Wer war ich überhaupt und warum war ich in meinem eigenen Leben nicht anwesend und wessen Leben lebte ich überhaupt?

Ich hatte auch ständig den Eindruck, alles was ich tat gab es schon, war schon dagewesen und mein Süpplein hatte schon ein bucklig´ Männlein gegessen (ein Horrorreim aus dem Kindergarten, der mir oft schlaflose Nächte bereitete, es gab sogar eine Zeichnung von dem Männlein!). Meine Arbeit, meine Kunst, meine Ideen waren nichts Neues? Nichts Einzigartiges? Ich war ersetzbar! So unnütz. Warum atmete ich eigentlich?

Gab es mich womöglich woanders schon, ohne dass ich von meiner Doppelexistenz wusste? Dachte jemand meine Gedanken, malte meine Bilder, sang meine Lieder, weinte meine Tränen?

Als ich als Kind von einer Nachbarin erfuhr dass es noch ein anderes Mädchen mit meinem Vornahmen gab, war ich entsetzt und dachte das wäre ein zweites Mich. Ich verlor den Boden unter meinen Füßen und fiel fast in Ohnmacht, während die umstehenden Kinder sich über mich totlachten. Ich verstand sie nicht. Was war daran so lustig? Ich wusste nicht was mein zweites Ich täglich tat! Wie sollte ich Kontrolle über mich finden können wenn ich noch nicht einmal wusste wo das andere ich wohnte? Das spaltete mein Gehirn.

Ich wusste lange nicht dass es Heilung für alles gibt, auch für das verrückteste Zeugs. Ich brauchte Heilung für meine verlorengegangene Seele. Außerdem musste ich einen Glauben an das Gute finden und kultivieren, auch wenn ich dachte dass das idiotisch ist, da das Gute nur in Märchen vorkommt und für die anderen bestimmt ist.

Das Leben ist böse und da draußen wartet nur das Unheil auf mich. Ich bewegte mich immer an einem Abgrund entlang, wie in einem immer wiederkehrenden Albtraum meiner Kindheit, in dem mich ein Mann mit Hut verfolgte und auf einen Abgrund zuhetzte, bis ich in die Tiefe fiel und vom Aufprall jedesmal erwachte.

2003 Der Mörder, 100 x 100 cm,

(Der äußere Rand ist wie ein Nervenkostüm und es gibt nicht nur eine Welt aus dem man manchmal ausbrechen möchte (die dunkle Mitte). Ich war gefangen in der Dunkelheit meiner Vergangenheit. Die Berge symbolisieren die Jetztwelt, in die ich wieder zurückfinden wollte, um das Gestern hinter mir lassen zu können. Aber ich bekam nach langem Ringen nur eine Hand frei. Aber immerhin! Die helfende Hand, die sich mir entgegenstreckt ist aus einer 3. unsichtbaren Dimension, die aber genauso real ist wie unser Tisch in der Küche. Von dort, von oben quasi wurde mir Hilfe zuteil als alles und alle und auch mein Verstand mich verlassen hatten. Und siehe da, ich lebe noch und ich schweige nicht mehr.)

*

Die Sucht war das einzige Mittel, einmal 5 Minuten (die aber den ganzen Tag dauerten) nicht daran denken zu müssen. Dieser unerschütterliche Glaube an das Negative ist eine enorme Belastung, wer hält das schon aus, so ganz ohne Hoffnung? Man vegetiert nur, wie ein Champignon im Walde, der wahrscheinlich mehr Freude im Leben hat als ich und man getraut sich noch nicht einmal von einem besseren Leben zu träumen.

Denn auch das erzeugt einen Schmerz weil man ja meint das nie erreichen zu können. Das Wissen, keine Chance zu haben ist wirklich anstrengend. Ich habe Mal gelesen, es ist leichter an eine höhere Macht zu glauben, als spirituell völlig ungläubig zu sein. Ich konnte nichts und hatte keine Aussichten dass jemals etwas gelingen könnte. Mein Vater sagte immer: „dumm, blöd, nichts dazugelernt und keine Aussichten zu heiraten, haha!“ Wie recht er gehabt hatte…

Eine Geschichte aus einem Buch von Julia Cameron (der Weg des Künstlers, auch für Nichtkünstler), erzählte von einer Frau, die immer davon geträumt hatte Klavier zu lernen und sie meinte: Wenn ich jetzt noch, mit 40 damit anfange bin ich 50 wenn ich es halbwegs kann, das bringt doch nichts mehr. Julia sagte darauf: Du wirst auch so 50 sein, nur mit dem Unterschied dass du dann Klavier spielen kannst!

Ein schönes Beispiel!

Aber bis man zu diesen Weisheiten kommt, muss man sich ins Rad stemmen, viele sehr tiefe Löcher graben und wieder zu schütten und zusehen wie sehr viel Wasser den Main hinunterfließt, bis zum Rhein und ins Meer. Aber irgendwann wird sogar die Leiche deines ärgsten Feindes vorbeigetrieben und du bist frei.

*

Die Sucht nach Betäubung nahm bei mir absurde Züge an. Als ich einmal, nach 150 Tausend Jahren ein eigenes Bad hatte, konnte ich sofort nicht mehr aufhören täglich zu baden, obwohl meine Haut schon abfiel. Ich war augenblicklich „drauf“ und sobald der letzte Wasserhahn montiert war und der Handwerker das Haus verlassen hatte, sprang ich hinein und war nicht mehr herauszukriegen.

Am Anfang masturbierte ich noch manchmal im heißen Wasser und schraubte mir dafür einen alten Duschkopf an, bei dem man den Strahl zur Rückenmassage so verstellen konnte dass es mir Lust bereitete. Ich hatte seit 15 Jahren keinen Freund. Aber bald langweilte mich das und wurde auch zu unbequem. Ich verlor das Interesse an körperlicher Befriedigung. Ich brauchte etwas ganz anderes, um innerlich befriedigt zu sein. Außerdem war es öde immer im warmen Wasser nur herumzuliegen. Ich brauchte Unterhaltung, ich brauchte Ablenkung, ich brauchte Futter für meinen Geist.

Ich besorgte mir ein schmales Brett, das genau auf die Ränder der Badewanne passte und machte fortan alles in der Wanne, ich schrieb, las, legte mir die Karten, warf ein I- Ging, schrieb Briefe, telefonierte stundenlang und analysierte meine vielen Träume, für die ich schon unzählige Bücher gelesen habe. Da ich schon immer intensiv träume und dadurch wie in einer 2. Parallelwelt lebe, geht bei mir nachts genauso viel ab wie am Tage, manchmal sogar mehr. Ich werde so auch ganz gut angeleitet, wenn ich nicht weiterweiß, aber es dauerte bis ich lernte darauf zu hören. Traum ist ja nicht gleich Traum und man kann gut unterscheiden zwischen normalem Verarbeiten, Nachrichten von Freunden oder von oben, Erinnerungen an frühere Leben und Wegweisungen. Bestimmte Träume vergisst man komischerweise nie, als wären sie erst gestern gewesen.

Sogar ein altes Trauma, dass bei meiner Therapie unversehens ins Bewusstsein geschwemmt worden war, konnte ich nun dort im beruhigenden Wasser in Ruhe aufarbeiten. Nachdem der Therapeut zu mir nach dieser Sitzung gesagt hatte, er glaubt das nicht, weil es einfach zu unfassbar war dass man so etwas mit kleinen Kindern tun könnte, konnte ich natürlich nicht mehr zu ihm gehen. Es war mir ja selber unheimlich was ich da gesehen hatte, aber ich brauchte einen geschützten Raum und keinen, bei dem ich mich auch noch dafür rechtfertigen musste was erwachsene, studierte und sadistische Kirchenmänner Kleinkindern antun, weil sie meinen dass die zu jung sind um es weiterzuerzählen.

1960 Kindergarten

Ich hatte gerade meinen Job am Flughaven verloren, als wir alle entlassen worden waren, im Zuge der Raffgiersparmaßnahmen, die gerade so in sind dass es alle nachmachen, die ihr Gehirn am Eingang abgegeben haben, obwohl Arbeit ohne Ende da war und wir Überstunden schieben mussten. So hatte ich plötzlich massenhaft Zeit.

Mir wurde jedes Detail des Missbrauchs gezeigt, da ich zu jung gewesen war mich freiwillig daran zu erinnern und ich war auch froh darüber dass der Schleier des Vergessens mir die Zeit gegeben hatte alt genug zu werden, um damit fertig werden zu können.

Es dauerte zwar ein paar Jahre bis ich das verarbeitet hatte, aber so konnte ich mich von vielen Albträumen befreien, die immer noch meine Schritte lenkten. Ich konnte nie erklären warum ich ständig Panikzustände bekam obwohl gar nichts geschehen war.

Jedes identische Geräusch konnte mich zurück in diesen Raum, mit diesen Männer in ihren schwarzen Kutten versetzen, bis ich sah dass damals der Wasserhahn getropft hatte, ein Hund bellte und eine Straßenbahn, mit schrill reibenden Rädern um die Ecke gefahren war. Kamen diese 3 Geräusche zufällig zusammen wenn ich zum Einkaufen unterwegs war oder irgendwo blöd in der Gegend herumstand und mich mit jemandem unterhielt, versetze mich das in einen überbordenden Zustand der Bedrohung, den ich wochenlang nicht mehr wegbekam. Keiner konnte begreifen warum ich plötzlich so ausrastete. Sie werden mir gleich wehtun, war alles was ich in diesem Moment wusste, obwohl es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen meiner Hysterie und dem gerade Geschehenen gab.

Noch heute misstraue ich Männern in schwarzen Anzügen mit weißen Krägen. Wenn ich eine Reportage über eine Bundestagsdebatte sehe oder in den Nachrichten eine Versammlung einflussreicher Männer und Frauen die alle dunkel gekleidet sind, denke ich immer: wissen die denn nicht dass Schwarz das Tribut der Mächte der Finsternis ist?

Meine Freundinnen verstehen gar nicht warum ich mich so anstelle und attraktive Männer in schwarzen eleganten Anzügen derart verabscheue, dass ich mich schütteln muss, es sind doch nur ein paar Klamotten. Sie finden sie modern, sind sie doch ein Zeichen des Privilegs und der Macht.

Der weltlichen vielleicht, aber der geistigen Überlegenheit bestimmt nicht. Anscheinend braucht ein Mann heute Mut und Charakter, um einmal eine rote oder lila Jacke zu tragen. Ich misstraue jeder Uniformierung, zu Recht, denn damit neigen viele dazu ihr Mitgefühl und ihr Verantwortungsgefühl zu Hause zu lassen und schlagen auf Demonstranten ein obwohl wir denen unsere Gerechtigkeit zu verdanken haben.

Als ich einmal bei einem Job eine Uniform tragen sollte, hätte ich mich fast auf den Schreibtisch meines zukünftigen Chefs übergeben. Ich bekam sofort eine Panikattacke und dachte, das 3. tausendjährige Reich will mich verschlingen und mich solange glattbügeln bis ich nicht mehr erkennbar bin. Ich war nicht in der Lage dem Mann zu sagen dass mir so etwas Angst macht. Ich schlich mich davon, und verbarg mich hinter einem unverbindlichen aber leeren Lächeln und habe mich nie wieder gemeldet, obwohl ich montags hätte anfangen können. Wie sollte ich ihm erklären dass jedes Fünkchen Persönlichkeit überlebenswichtig für mich war, die ich schon 3 Selbstmordversuche hinter mir hatte?

Jede freie Minute verbrachte ich im warmen Wasser, egal ob Tag oder Nacht und ich liebte dieses Badezimmer, mit den kleinen bunten Fische Kacheln, von denen ich mir zwar nur 10 hatte leisten können, die aber so wunderschön sind daß sie die Sinne betören und mich immer wieder zum lächeln bringen können. Es war ein vollkommen neuer Raum in einem 300 Jahre alten Haus, das im ständigen Verfall war, den ich selber gestaltet und erbauen hatte lassen, als ich nach dem Tod meiner Mutter 20 Tausend Euro geerbt hatte. Ich war es leid mich immer in der Küche an der Spüle waschen zu müssen. In dieser Zeit schrieb ich mein erstes Buch, das bis heute noch niemand zu lesen bekommen hat. Sie werden doch nur daran herummeckern.

Durch die tägliche Badezimmerarie sprengte die Stromrechnung, bei der jährlichen Abschlagszahlung mein Budget ins Uferlose. Mir drohte ein Leben komplett ohne Strom, wenn ich nicht innerhalb der nächsten 10 Tage zahle, da der städtische Stromanbieter mich abklemmen wollte. Ich musste etwas ändern.

Ich lieh mir viel Geld, das ich bis heute noch nicht alles zurückgezahlt habe und brauchte ein ganzes Jahr, um mir das tägliche Baden wieder abzugewöhnen. Ich sparte als Erstes am heißen Wasser und machte die Wanne nicht mehr so voll, das half schon etwas. Der elektrischen Heizlüfter wurde auch entsorgt, da ich herausbekam dass das Stromfresser sind. Ich holte mein uraltes Heizspiralengerät hervor, das mir schon immer gute Dienste geleistet hatte und stöpselte es in ein Verlängerungskabel mit Ausschaltknopf und konnte so die Zimmerwärme besser regulieren. Ich kämpfte mit mir und versagte jeden Morgen aufs Neue wenn ich keine Termine hatte und aus dem Haus musste und saß schneller wieder in der Wanne als ich es bewusst bemerkte.

Ich muss dazu sagen, es war auch eine Ausnahmesituation (aber wann ist es das für Süchtige nicht?), eine extrem schwierige Zeit, in der das warme Wasser wie eine Umarmung war, die mich über den schlimmsten Schock hinwegtröstete und das Gefühl der Einsamkeit etwas mildern konnte.

Hätte ich an einem See gewohnt, wäre ich wahrscheinlich jeden Tag schwimmen gegangen. Wasser macht mich glücklich, wenn es nicht das tosende Meer ist und ich kann, wie auch auf dem Feldberg im Taunus für einen kurzen Moment einmal alles vergessen und tanken. Ich lebe zwar an einem Fluss, aber ich bin mir nicht sicher, wenn ich dort hineinspringe ob ich nicht nach einer Minute als Skelett wieder herauskomme.

Ich und der Fisch, der Fisch und ich

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