Читать книгу Erkrankungen im Bewegungsapparat - Dr. Hanspeter Hemgesberg - Страница 17
Schmerzen und das Immun-System
ОглавлениеVorbei sind die Zeiten, in den Wissenschaftler glaubten, dass unser körper-eigenes Immun-System (IS) und das Zentralnervensystem (ZNS) unabhängig voneinander wären.
Jüngere Studien haben gezeigt, dass bestimmte Zellen des IS eine bedeutende Rolle in einer wichtigen Funktion des Nervensystems (NS) spielen:
Die Aktivierung von Schmerzen und hier ganz besonders von neuropathischen Schmerzen!
Im Gegensatz zu „nozizeptiven“ Schmerzen (u.a. bedingt durch Trauma, Fehlhaltungen usw. - s. später) werden letztere hervorgerufen durch Schädigung des peripheren NS. Diese Schmerz-Art, die ja zumeist chronisch ist/wird (so u.a. bei Diabetes, Krebs, Multipler Sklerose, Virus-Infektion wie Zoster …), hat immer eine Immunsystem-Schädigung im Gefolge.
Bei chronischen Schmerzen der verschiedenen Genese – hier insbesondere der abnormen Empfindlichkeit/Überempfindlichkeit – kommt es zur Freisetzung von „Entzündungs-Mediatoren“ (d.s. körpereigene Stoffe, welche eine Entzündungsreaktion einleiten oder aufrecht erhalten - zu diesen zählen niedermolekulare Verbindungen wie Histamin, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene und höhermolekulare peptidische Substrate/Proteine wie Bradykinin, Substanz P, Calcitonin, Gene-Related Peptide, Zytokine und Komplementfaktoren).
Fakt also:
Es besteht ein unmittelbarer Bezug zwischen immunologischen Mechanismen mit der Schmerzentstehung und der Schmerz-Chronifizierung!
Beispielsweise besitzen viele Nervenfasern des nozizeptiven Systems Rezeptoren für entzündungsfördernde Botenstoffe des Immun-Systems (Zytokine – d.s. eine inhomogene Gruppe von ‚regulatorischen Proteinen‘, die der Signal-Übertragung zwischen Zellen dienen und deren Proliferation und Differenzierung steuern. Sie werden u.a. von Makrophagen, B- und T-Lymphozyten [B- und T- Zellen], natürlichen Killerzellen/NK’s und Fibroblasten gebildet) und können durch Zytokine wie TNF-alpha (Tumornekrose-Faktor alpha) beeinflusst werden.
Andererseits können Abläufe im Nervensystem auch immunologische Vorgänge verändern.
Generell kann das Nervensystem über bestimmte Hirnareale (hypothalamisch-hypophysäre Achse), über nach außen führende Nerven-Bahnen des X. Hirnnervs (Nervus Vagus und dessen vegetative parasympathische Fasern) und über vegetative Nervenfasern des sympathischen Nervensystems Einfluss auf eine Entzündung nehmen.
Während das sympathische Nervensystem entzündungs-fördernd oder auch -hemmend wirken kann, wird dem parasympathischen Nervensystem eine überwiegend anti-entzündliche Wirkung zugeschrieben.
Einen entzündungs-fördernden Einfluss üben auch Neuropeptide (Substanz P, Calcitonin gene-related peptide, CGRP) aus, die von den peripheren Schmerzfasern selbst im Gewebe freigesetzt werden. Sie weiten die Gefäße, steigern ihre Durchlässigkeit und stimulieren die Produktion von Entzündungsmediatoren durch lokale und einwandernde Zellen. Hier schließt sich ein Kreis, denn die Neuropeptide können an Rezeptoren von Fresszellen (Makrophagen) des Immun-Systems andocken und den Entzündungs-Prozess weiter antreiben.
Da beide Systeme – das Nerven- und das Immun-System – wichtige Aufgaben in der Körperprotektion besitzen, ist ihre Verzahnung nicht überraschend.
Jedoch sind ihre exakten, interaktiven Abläufe noch relativ unbekannt.