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DIE POLYVAGAL-THEORIE IM ÜBERBLICK

Es ist das große Verdienst des amerikanischen Wissenschaftlers Stephen Porges, dass er die Bedeutung der Erkenntnisse von Evolutionsbiologen und Verhaltensforschern für das medizinische Fachgebiet entdeckt und erforscht hat.

DIE ZWEI GESICHTER DES VAGUSNERVS

Noch bis Ende des 20. Jahrhunderts wurde das vegetative Nervensystem in medizinischen Lehrbüchern als ein duales System aus Sympathikus und Parasympathikus dargestellt. Es gab kein Bewusstsein dafür, dass das parasympathische Nervensystem einen älteren (siehe >) und einen jüngeren Anteil hat (siehe >). Die Entdeckung, dass eine Überaktivität des entwicklungsgeschichtlich alten Systems für eine Vielzahl von körperlichen und auch psychischen Problemen verantwortlich sein kann, war insbesondere für die Entwicklung von gezielten therapeutischen Methoden für traumatisierte Menschen von Bedeutung.

Die Polyvagal-Theorie (poly ist das griechische Wort für »viele«) von Stephen Porges beschreibt die drei Systeme als Stufenleiter. Auf der obersten Stufe – hohe Aktivität des neuen parasympathischen Systems und optimale Voraussetzungen für soziale Interaktionen – können wir uns nur halten, wenn wir uns sicher fühlen. Wenn wir bedroht werden, bewegen wir uns zunächst auf die Stufe des Sympathikus (Übererregung). Bei extremer Gefahr droht ein Abrutschen auf die Stufe des alten parasympathischen Systems (Untererregung, Shutdown). Dort angekommen, kann man nicht direkt in einen ventral-vagalen Zustand zurückkehren, sondern muss Stufe für Stufe bewältigen. Der Rückweg führt immer über einen zumindest milden Erregungszustand mit Beschleunigung von Puls und Atmung sowie motorischen Phänomenen wie Zittern und Zucken.


Positive Sozialkontakte aktivieren das neue parasympathische System und lassen den Vagus aufleuchten.

SOZIALE BINDUNG: FÜR DEN VAGUS UNERLÄSSLICH

Stephen Porges betonte auch die wesentliche Bedeutung einer gelungenen Bindung zwischen Eltern und Kind für die Entwicklung eines gesunden vegetativen Nervensystems. Darüber hinaus unterstrich er die Notwendigkeit positiver Sozialkontakte für die körperliche und psychische Gesundheit. Leider entwickeln sich die westlichen Industrienationen diesbezüglich in eine eher ungesunde Richtung: Die Betonung von Autonomie und Individualität, von Konkurrenz statt Kooperation bedroht unser Wohlbefinden.

Teilsystem des vegetativen NervensystemsNeues parasympathisches SystemSympathisches SystemAltes parasympathisches System
Wichtigste LeitungsbahnVagusnerv oberhalb des ZwerchfellsSympathischer GrenzstrangVagusnerv unterhalb des Zwerchfells und die Splanchnikusnerven
Globaler FunktionszustandSocial EngagementAktivierung / MobilisierungInaktivierung / Immobilisierung
Ausprägungsformen in sicherer UmgebungEntspanntes Zusammensein mit Mitmenschen, Gespräche, gemeinsam essen und trinken, singen und lachen, Gefühl von VerbundenheitKörperliche Arbeit, Jagd, Spiel und Sport, Abenteuer erleben, Achterbahn fahren, Actionfilme ansehen, Anbahnung einer sexuellen BegegnungSoziale Hautpflege, Wellness, Tiefenentspannung, Kuscheln nach der sexuellen Vereinigung
Wichtige Botenstoffe (Hormone / Neurotransmitter) für diesen ZustandSerotonin, GABACortisol, DopaminOxytocin
Ausprägungsformen in bedrohlicher UmgebungMobilisierung mit Wut: KampfMobilisierung mit Angst: FluchtUnterwerfung, Erstarrung, Ohnmacht und Dissoziation
Wichtige Botenstoffe (Hormone / Neurotransmitter) für diesen ZustandAdrenalinEndorphine
Das Vagus-Training

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