Читать книгу Wenn der Orthopäde Rücken hat - Dr. med. Matthias Manke - Страница 16

ZUM BESSEREN VERSTÄNDNIS: SO ARBEITET EIN KASSENARZT

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Zum besseren Verständnis für das Verhältnis zwischen Arzt und Patient solltest du ruhig ein paar Dinge wissen, die du als Patient in der Praxis selten erfährst. Das Gesundheitssystem in Deutschland ist zwar mit eines der besten weltweit, aber Kassenärzte können deshalb nicht tun und lassen, was sie wollen. Sie müssen eine ausreichende Versorgung sicherstellen und nicht mit „summa cum laude“ behandeln. Qualität hat ihren Preis. Während es bei Top-Anwälten als normal angesehen wird, dass sie horrende Honorare aufrufen, hat sich von Ärzten ein anderes Bild in der Gesellschaft verfestigt. „Die können das doch auch mal eben so machen“, denkt so mancher, weil er ja krankenversichert ist. Wenn man berücksichtigt, dass ein Arzt viel Geld und Zeit investieren muss, um auf seinem Fachgebiet irgendwann einmal ein ausgewiesener Spezialist zu sein, dann sollte es auch jedem einleuchten, dass man für maximale Leistung nicht den gleichen Betrag wie für ein Produkt aus dem Discounter-Supermarkt bezahlen kann.

In unserem Gesundheitssystem erwirtschaftet ein Arzt, der nicht mit seinen Patienten redet und sie nicht gründlich untersucht genauso viel wie einer, der die Schmerzursache genauestens hinterfragt und eine qualitativ hochwertige körperliche Untersuchung macht. Da ist es kein Wunder, dass die Weichen oft auf „schnell, schnell“ gestellt sind. Der gute Vorsatz, den Patienten im Kopf zu erreichen und ihm so die Chance auf Beschwerdelinderung zu geben, ist unbezahlbar. Leider lässt er sich im hochgetakteten Praxisalltag oft nur schwer umzusetzen. Würde das häufiger gelingen, könnte vielen Rückenschmerzpatienten langes und schweres Leid erspart bleiben.

Schade, wenn wir nur Gemecker

von unhöflichen Patienten hören

Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht, was ein Kassenarzt in Deutschland an deiner Rückenschmerzbehandlung verdient? Ich frage manchmal meine Patienten danach. In der Regel vermuten sie, dass ich mehr als das Doppelte von dem bekomme, was es tatsächlich gibt. Leider wird es immer schwieriger, die Patienten tagtäglich gut zu versorgen. Ich kenne genug Ärzte, die das seit Jahren tun, muss aber sagen, dass viele von ihnen schon mit Mitte 50 erschöpft sind. Ich will nicht klagen und kämpfe auch nicht für eine bessere Bezahlung, aber ich wünsche mir etwas mehr Respekt für den eigenverantwortlich tätigen Arzt in der Praxis – und für sein Team. Die meisten versu-chen jeden Tag, ihre Arbeit gut zu machen, um zu helfen. Da ist es schade, wenn sie zum Dank nur Gemecker von unhöflichen Patienten hören, die sich leider immer häufiger zu Wort melden.

So manche Unzufriedenheit entsteht auch durch Missverständnisse. Einige Patienten wünschen sich zum Beispiel nur eine Massage, weil’s so angenehm ist, und glauben dann: Die kann der Doc mir doch verschreiben, so oft ich will. Das ist aber nicht so. Wenn ich meinem Patienten bei Nackenschmerzen ein Krankengymnastik-Rezept ausstelle, dann steht darauf nicht „klassische Massagetherapie“, sondern „Krankengymnastik am Gerät“. Als Kassenarzt bin ich dazu verpflichtet, die Maßnahmen einzuleiten, die nicht nur kurzzeitig wirken, sondern in erster Linie einen langfristigen Erfolg versprechen.

„Die Leistungen müssen ausreichend,

zweckmäßig und wirtschaftlich sein“

Grundsätzlich muss ich mich bei meinem medizinischen Wirken an die Re-gularien halten, die im Sozialgesetzbuch V definiert sind. Hier wird im § 12 des SGB V („Wirtschaftlichkeitsgebot") folgende Passage aufgeführt: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ Wenn ich dir also ein Rezept für eine „klassische Massagetherapie“ als rein symptomatische Therapie geben würde, statt dir Bewegung und Wärme zu empfehlen, dann müsste ich mir überlegen, ob ich nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. Wenn das so wäre, würde ich damit meine Kassenzulassung riskieren. Ob ich dich als Nackenschmerzpatient nun direkt zum Training an Geräten schicke oder nicht, hängt von deiner Beschwerdesymptomatik und deinem klinischen Befund ab (deswegen muss ich auch untersuchen) und nicht davon, was du gerne hättest.

Wenn der Orthopäde Rücken hat

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