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Diabetes-Therapie: Seien Sie bereit für die Revolution

„Sie haben Zucker“: Die Diagnose ist für viele kein unabänderliches Schicksal mehr. Besonders in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Diabetes-Forschung entscheidende Fortschritte gemacht. Sie hat gezeigt, wie stark Ernährung und Lebensstil den individuellen Krankheitsverlauf beeinflussen. Jeder kann selbst etwas für sich tun!

Welche neuen Chancen bieten sich Diabetikern heutzutage?

Dr. Riedl: Jahrzehntelang galt als ausgemacht: Wer Diabetes hat, muss früher oder später Insulin spritzen oder zumindest lebenslang Tabletten schlucken, um Folgeschäden zu vermeiden. Doch das stimmt nicht mehr: Mit dem Wissen von heute besteht bei Diabetes Typ 2 die reelle Chance auf eine Heilung! Und es ist nie zu spät, die Uhr zurückzudrehen: von Insulin auf weniger Insulin oder Tabletten, von drei Tabletten auf eine oder keine – für Jahre oder Jahrzehnte. Jetzt sind die Weichen für einen historischen Umbruch gestellt. Die Erfolgsformel lautet: neuartige Medikamente plus Ernährungstherapie.

Dr. Fleck: Eine individuell abgestimmte Behandlung gibt uns in Kombination mit bewusster Ernährung und einer Bewegungstherapie die realistische Chance, Insulin wieder „auszuschleichen“ und langfristig Medikamente, die zuvor notwendig waren, einzusparen. „Einmal Insulin, immer Insulin“ ist für viele Typ-2-Diabetiker Geschichte.

Können wir inzwischen ganz auf Insulin und andere Medikamente verzichten?

Dr. Klasen: Diabetes Typ 1 ist als Autoimmunkrankheit nach wie vor nicht heilbar, Betroffene sind auf das Insulin angewiesen. Aber bei Diabetes Typ 2 bildet sich unter der richtigen Therapie oft die Insulinresistenz zurück, die Bauchspeicheldrüse schüttet genug Hormone aus und der Körper reguliert den Blutzuckerspiegel wieder von allein. Ein Großteil der Typ-2-Diabetiker kann das schaffen, wenn rechtzeitig mit der Ernährungstherapie begonnen wird. Grundsätzlich hilft bewusste Ernährung, die Eigenregulation des Körpers länger zu erhalten, was sich in mehr Jahren mit perfekter Blutzuckereinstellung bemerkbar macht. Also mehr Gesundheit, weniger Folgeschäden.

Dr. Riedl: In Österreich wird, umgerechnet auf die Betroffenen, nur halb so viel Insulin verordnet wie in Deutschland. Hier werfen wir die Flinte häufig zu früh ins Korn. Insulin ist ein Segen, wenn es denn sein muss – doch es macht auch dick! Mit Insulin abzunehmen, ist wie Segeln gegen den Wind: möglich, aber total schwierig.

Seit Kurzem geben uns neuartige Medikamente hingegen Rückenwind: Wir haben jetzt einige hervorragende Substanzen, die sich günstig auf das Gewicht auswirken. Gepaart mit der Ernährungstherapie und Bewegung, kann damit etwas gelingen, was sonst nur operative Magenverkleinerungen geschafft haben: den Diabetes wieder zurückzudrängen.

Inwiefern spielen Ernährung und Gewicht eine Rolle?

Dr. Riedl: Wenn Ernährung die Ursache für Diabetes ist, dann ist sie auch der Schlüssel für die Therapie! Abnehmen, besonders im Bauchbereich, ist ein Turbomittel gegen Typ-2-Diabetes. Wenn man das Gewicht um fünf Prozent reduziert, steigt die Wirkung des Insulins um 25 Prozent.

Dr. Klasen: Das Gefährliche für Diabetiker sind besonders die Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Typische Diabetes-Begleitkrankheiten wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder erhöhte Harnsäurespiegel werden durch eine Reduzierung des Bauchfetts gleichermaßen positiv beeinflusst. Man bessert also mit einer Maßnahme, dem Abnehmen, gleich mindestens vier Erkrankungen, die alle in Herzinfarkt und Schlaganfall münden können.

Dr. Fleck: Das Dramatische ist: Frühere Ernährungsempfehlungen haben die weltweite Diabetes-Epidemie eher verschlimmert. Noch heute bekommen Diabetiker nicht selten Ratschläge zu hören, die nicht mehr Stand der modernen Medizin sind – etwa ganz fettarm zu essen. Schädlich sind aber vor allem zu viele und die falschen Kohlenhydrate.

Wie sieht heute eine richtige Ernährung bei Typ-2-Diabetes aus?

Dr. Riedl: Was wir brauchen, ist eine bedarfsgerechte Ernährung für den Jäger und Sammler, der nicht mehr jagt. Kohlenhydrate also nur je nach persönlichem Energiebedarf, dazu die richtige Menge Eiweiß – und mehr gesundes Fett.

Dr. Klasen: Die eine Diabetes-Diät für alle gibt es nicht. Stattdessen setzen wir auf Variationen der individuellen Vorlieben und persönlichen Gewohnheiten. Denn bei der Ernährungstherapie steht die Lebensqualität an erster Stelle. Das ist ganz wichtig, damit wir auch durchhalten. Wir essen ja nicht nur zum Sattwerden, sondern auch zum Genuss. Und: Hand in Hand gehen muss die Ernährungsumstellung unbedingt mit einem aktiveren Lebensstil. Also heißt es ab sofort: runter vom Sofa, rauf aufs Fahrrad oder hinein in die Wanderstiefel.

Dr. Fleck: Häufig sind es die kleinen Rituale, die Gesundheit schaffen oder der Gesundheit schaden. Der Langzeitblutzucker verbessert sich schon durch wenige Veränderungen! Wer täglich über Jahrzehnte viel Brot und viel zu große Mengen an Obst isst, lebt nur vermeintlich gesund. Ein sinnvoller Ansatz ist, Kohlenhydrate schon morgens einzusparen – das gelingt zum Beispiel mit einem Quark-Öl-Frühstück wie dem fruchtigen Frühstücksquark.

Lohnt sich eine bewusste Ernährung auch für Typ-1-Diabetiker?

Dr. Klasen: Auf jeden Fall. Mit der Ernährung und ausreichend Bewegung können wir Blutzuckerverläufe „glätten“, also Unterzuckerungen ebenso vermeiden wie heftige Blutzuckerspitzen. Das schafft mehr Wohlbefinden und Sicherheit. Zudem ist insulinbedingtes Übergewicht auch für Typ-1-Diabetiker ein Thema.

Dr. Fleck: Absolut! Veränderungen des Lebensstils spielen immer eine Rolle. Wenn es um unsere Gesundheit geht, bringen sie nachweislich den entscheidenden Erfolg.


Dr. Klasen, Dr. Fleck und Dr. Riedl wissen Rat.

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