Читать книгу Feuervogel - E. W. Schreiber - Страница 10
7. Kapitel
ОглавлениеMittlerweile war es zwei Uhr nachts geworden und Oskars Bar leerte sich langsam. Er stand hinter der Theke und gab gerade ein Bier aus, als ihm ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Sein Blick war auf die dunkelblonde Frau gerichtet, die sich soeben in einer hitzigen Diskussion befand. Vor Schreck konnte er seinen Augen nicht trauen. Er kannte diese Person und er hatte lange Jahre damit verbracht, sie zu vergessen.
Bei dem Gedanken daran, was sie ihm damals erzählt, welches Geheimnis sie ihm anvertraut hatte, und wie gefährlich ihr Wissen für sie beide gewesen war, erschauderte er. Oskar hatte Angst. Wie schon lange nicht mehr in seinem Leben spürte er in diesem Moment, dass er nicht ewig vor der Wahrheit davon laufen konnte. Und nun stand sie da, gerade so als wäre sie von den Toten wiedererwacht, das wunderbarste Wesen, dass er je zu Gesicht bekommen hatte.
Ihre schlanken, langen Beine zierten elegante, hochhackige Schuhe. Zu ihrer schwarzen Levis Lederhose trug sie ein cremefarbenes Seidentop mit sanftem Ausschnitt, wobei ihr langes Haar üppig über ihre Schultern nach hinten fiel und ihren braungebrannten Hals freilegte. Wie gefesselt hing er an ihrer zierlichen Gestalt, die ihn mehr als alles andere an seine Vergangenheit erinnerte.
Der Zigarettennebel in der Bar lichtete sich etwas und Oskar erkannte in ihrem Profil eine ungeheure Portion Mut. Ihre markanten Gesichtszüge zeigten eine Spur von Härte, und gepaart mit dem Ausdruck unendlicher Sanftheit kam ihre Schönheit der Ausstrahlung, die Oskar als Klasse deklarierte, unendlich nahe. Ungestüme Zärtlichkeit überfiel ihn, wie er sie noch nie zuvor verspürt hatte.
Aber dann erinnerte er sich. Er hatte Unrecht, sein Gefühl hatte Unrecht, denn diese Zärtlichkeit und Fürsorge, wie er sie jetzt zu spüren bekam, hatte er in seiner Jugend bereits einmal gefühlt. Doch das war lange her. Und daran zu denken war, als müsste er sterben.
‚Gott verdammtes Schicksal’, dachte er. Und ihm war, als müsste er von neuem flüchten, noch einmal dem Schicksal trotzen und wie ein Feigling davonlaufen. Seine Gedanken an die Flucht rissen jäh ab, denn nun erkannte er, in welch brenzlige Situation sie geraten war. Er musste ihr helfen. Nicht so wie damals, als er sie zurücklassen musste, weil er noch kein Mann, sondern ein Junge und nicht stark genug war. Und plötzlich wusste er es. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem er nicht mehr länger davon laufen konnte. Oskars Moment war gekommen, um zu Handeln.