Читать книгу Feuervogel - E. W. Schreiber - Страница 14

11. Kapitel

Оглавление

‚Sie hat es also noch nicht vergessen!’ überlegte er traurig. ‚Es muss die Hölle für sie gewesen sein, damals. So wie es auch für mich die Hölle war, nachdem sie mir alles erzählt hatte. Und ich konnte ihr nicht helfen. Mein Gott!’ Sein Blick wurde eisig.

Aber ich werde mich davor hüten, sie danach zu fragen. Es ist wohl besser, diesen unheimlichen Riesen weiterhin schlafen zu lassen.’

Oskar lenkte seinen VW Kombi sicher die Villacherstraße entlang. Er fuhr nach Vorschrift, um nicht noch einmal Gefahr zu laufen, dass ihm die Polizei den Führerschein abnahm, den er dringend benötigte. Es war zwei Uhr Nachmittag und er musste seine Gedanken reinigen. Ellen hatte es ihm angetan. Sie durfte sich in seiner Gegenwart nicht schlecht fühlen. Sie war seine Prinzessin, immer schon gewesen, und jetzt nach zwölf Jahren hatte er sie wieder getroffen. Ganz unerwartet.

Oskar dachte an die vergangene Nacht. Die Ampel stand auf rot, als er sanft zu der wunderbaren Frau an seiner Seite blickte, deren Kindheit er besser kannte, als ihm lieb war.

Ihr Haar hatte sie locker mit einer Schleife zusammengebunden, und der Stoff ihres Kleides schmiegte sich geheimnisvoll um ihre schlanke Taille.

‚Sie ist erwachsen geworden’, dachte er zärtlich. Am liebsten hätte er sie zu sich gezogen, um sie zu küssen. Aber er konnte nicht. Es war ihm, als wären ihm die Hände gebunden. Als hätte ihm die Vergangenheit das Kreuz des Wissenden aufgebürdet, das er nun tragen musste, um ihr zu einem neuen Leben zu verhelfen. Er fühlte sich schuldig. Er musste sie schützen. ‚Aber vor wem?’ überlegte er. Oskars Gedanken überschlugen sich, als er sich daran erinnerte wie sie ihm letzte Nacht im Lokal vor Freude um den Hals gefallen war. Nicht einmal drücken hatte er sie können, so sehr vereinnahmt hatte ihn die Tatsache, dass sie wie ein Hammerschlag wieder in sein Leben getreten war. So plötzlich, so unerwartet, hatte er ihre Gesundheit schützen müssen.

‚Ich hätte es früher tun sollen, viel früher!’ Aber, seine Gedanken beruhigten sich und auch sein inneres Gleichgewicht schien sich wieder einzustellen, bei dem Wissen darum, dass er ihr letzte Nacht aus der Klemme geholfen hatte.

‚Gut gemacht, Oskar!’ sagte er sich im Stillen. ‚Das hast du prima hingekriegt!’

Die Ampel schaltete auf grün, und Oskar trat das Gaspedal durch, als müsste er die verlorene Zeit nachhohlen.

‚Du bist heue ganz besonders schön, Ellen! Ihr Innerstes rotierte. ‚Du und ich, wir beide hier in diesem Auto, es ist fast so, als würde die Zeit stehen bleiben, findest du nicht?’

Ellen zupfte nervös ihr Kleid zurecht. ‚Ja, so geht es mir seit heute Nacht schon.’

Ihr Blick richtete sich nach rechts dem Lendkanal zu, der ihr schon als Kind aufgefallen war. Während sie dem See entgegen fuhren, dachte sie an ein Erlebnis, das sie wohl nie vergessen würde. Heute schien es ihr banal, aber für sie als Kind damals, war es die Welt gewesen.

‚Oskar‘, fragte Ellen euphorisch, ‚kannst du dich noch erinnern, als wir als Kinder ins Kino eingeladen wurden?’

‚Ohhh‘, sagte Oskar, ‚wie könnte ich das je vergessen?’ In seiner Stimme schwang Sehnsucht gepaart mit Abenteuerlust. ‚Wie könnte ich das jemals vergessen, der Film hat mich bis heute geprägt.’

‚Ja‘, rief Ellen fröhlich aus, ‚ein Busunternehmer hat uns aus dem Heim abgeholt, es war Winter und hier sind wir entlang gefahren. Hier am Lendkanal, der damals zugefroren war. Weißt du noch? Die Leute sind auf diesem kilometerlangen, schmalen Kanal Eis gelaufen, mein Gott ich dachte ich wär im Schlaraffenland. So etwas hatte ich vorher noch nie gesehen.’

Oskar begann zu lachen. ‚Wir hatten auch wunderbare Erlebnisse, nicht wahr?’ Ellen nickte.

‚Ich hatte mir damals geschworen, wenn ich groß bin, würde auch ich hier Eislaufen. Ich dachte damals, der Kanal grenzt an das Ende der Welt. Und dahinter würde eine andere, schönere Welt auf mich warten.’

‚Mein Gott, sie ist so wunderbar, so einfach und voller Sehnsucht.’ Oskars Gedanken flitzten in Windeseile wieder in die Gegenwart zurück.

‚Und diese Welt wolltest du erreichen, nicht wahr?’

‚Oh ja, das wollte ich sehen. Ich glaubte tatsächlich, dass dahinter der Himmel auf mich warten würde.’ Ellens Augen funkelten wie die eines kleinen Kindes. Dann sprach sie weiter.

‚Aber heute weiß ich, dass dahinter, an seinem Ende nur der See lauert.’

‚Lauert?’ fragte Oskar erstaunt.

‚Ja! Der Wörthersee. Er zieht alle in seinen Bann, zumindest all jene, die sich seinem Rufen nicht entziehen können. Weißt du, Oskar, irgendwie zieht er die Sehnsucht nach Freiheit an!’

‚Und?’, fragte Oskar weiter und zwinkerte Ellen aufmunternd zu, ‚hast du deinen Traum vom eisschuhlaufenden Grenzgänger mittlerweile nachgeholt?’

Ellens sehnsüchtiger Blick sprach Bände, und während sie das Fenster herunter kurbelte, seufzte sie ein leises: ’Nein, dazu hatte ich noch nie den Mut. Aber dafür bin ich im Winter in die Stadt gelaufen. Das hat auch was!’

Oskar lachte laut auf.

‚Aber der Film!, bekräftigte Oskar nun. ‚Also der Film, wie hieß der noch?’

‚Elliot, das Schmunzelmonster?’

‚Ja!’ rief Oskar, ‚genau so hieß der. Wie du dir das nur merken konntest Ellen? Also der hat mich schwer geprägt!’

‚Mich auch, Oskar‘, gab Ellen zur Antwort. ‚Ich schau ihn mir auch heut noch hin und wieder an.’

‚Echt?’

‚Ich hätte mir als Kind auch so einen Drachen gewünscht! Einen, der mich überallhin begleitet, mich beschützt!’

‚Was du auch?’

‚Na klar, antwortete Ellen euphorisch, der kleine Weisenjunge, der von Gott und der Welt verlassen war, Peet hieß der, mit dem hatte ich mich identifiziert!’

Oskar und Ellen kicherten wie kleine Kinder als sie endlich das Strandbadgelände erreichten.

Feuervogel

Подняться наверх