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10.Kapitel
ОглавлениеDer Abend mit Oskar war voller Überraschungen gewesen. Sie hatten viel gelacht und vor allem hatte Oskar ihr die Gewissheit vermittelt, noch ungebunden und frei zu sein.
Weshalb er ihr das erzählt hatte, war Ellen ein Rätsel, doch ließ diese Tatsache in ihr einen Hauch von Hoffnung für sich selbst zu, der sie in ungeahnt leidenschaftliche Gefühlswelten geschaukelt hatte.
‚Der Himmel steh mir bei.‘ Bei diesem Mannsbild, hatte sie in einem Anflug der Euphorie ein Stoßgebet zum Himmel geschickt. Und es war ihr, als wäre sie zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich. As wäre sie zum ersten Mal in ihrem Leben am Leben, als dürfte sie selbst daran teilnehmen.
Ihre Existenz war durch Oskars Verschwinden verloren gegangen, und nun war ihr, als würde sie durch ihn wieder zu ihr zurückehren.
Trunken vom Leben einer Nacht, die ihr die Welt bedeutete, stand Ellen um die Mittagszeit auf. Aufgeregt war sie, und voll Sehnsucht nach dem Tag, der sie mit Oskar erwartete.
‚Wo soll’s hingehen?’ fragte Oskar Ellen aufgeregt, als dieser sie vor ihrer Wohnungstüre abholte.
‚An den See‘, antwortete Ellen kleinlaut, ‚bei diesem Wetter, nichts wie raus hier.’
Oskar sah verdammt gut aus, in seinen kurzen Shorts, die seine behaarten, durchtrainierten Beine freilegten. Und Ellen spürte zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas, was Carla als erotische Lust-Gefühle, beschrieben hätte. Er war heiß, das stand außer Frage.
Einen Mann zu begehren, erschreckte Ellen, doch weil es Oskar war, verbarg sich das Gefühl von Sehnsucht nach sexueller Vereinigung mit ihm, unter Hemmung und Unterdrückung, wovor sie am meisten Angst verspürte.
Sie hatte sich verliebt. Dies stand außer Frage. Oskar hatte sie verliebt gemacht, letzte Nacht. Sie hatte ihn schon als kleines Mädchen geliebt und er hatte sie auf Händen getragen. Und niemand außer ihm vermochte dieses Wunderwerk an Gefühlen zu vollbringen. Er war ihr Held. Er war es immer schon gewesen.
Zurückgekehrt aus der Verbannung, ließ er ihr Herz schneller schlagen, und schüchtern spähte sie auf seine männliche Gestalt. Seinem Dreitagebart, der ihn unheimlich sexy machte, seine raue Schale, die ein wildes Tattoo, das einem Adler glich, auf dem linken Oberarm zierte.
Oskar aber hatte Ellens verwundernden Blick erfasst, und versuchte es nun mit Verteidigung.
‚Ich will es wegmachen lassen!‘ sagte er sogleich. ‚Hier‘, er deutete mit der Hand auf seine Schulterblätter, ‚hier glaube ich werde ich mir, wenn die Zeit reif ist, einen Phönix machen lassen.’
‚Einen Phönix?’ erwiderte Ellen erstaunt, während sich ihre Brauen fragend nach oben schoben. ‚Warum?’
‚Er steht für die Wiedergeburt’
‚Welche Wiedergeburt?‘ wollte Ellen wissen
‚Meine?’, lächelte er fragend zurück. ‚Der Phönix‘, erklärte Oskar, ‚ist nicht irgendein Wesen. Er ist das vollkommenste Geschöpf in der Mythologie, das ich kenne. Er verbrennt sich selbst, wenn seine Zeit zu sterben gekommen ist, um dann aus seiner eigenen Asche wieder auf zu erstehen. Er macht sich Neu! Verstehst Du? Er selbst ganz von allein, aus eigener Kraft.’
‚Das klingt gut!‘ meinte Ellen, ‚aber…‘ Ihr Blick bohrte sich tief in den Asphalt, gerade so als ob sie etwas verbergen wollte.
‚Aber was?’ fragte Oskar neugierig, wobei er sanft seine Arme um ihre Schultern legte.
Das hatte er noch nie einfach so getan. Und er wunderte sich selbst darüber, wie sehr Ellen an seinem harten Wesen knabbern konnte, dass er zu solch zärtlichen Berührungen überhaupt fähig war.
‚Nun ja‘, meinte Ellen verlegen, und ihre Augen sahen unschuldig in die seinen.
‚Aus eigener Kraft sich selbst zum Sterben hinzulegen, und sich dann von neuem zu erschaffen, ist nur ein Traum, der uns Sterblichen wohl kaum erlaubt sein wird.’
‚Das klingt sehr nach Wehmut, Ellen!’
‚Tja, das ist es wohl’ Ellens Augen füllten sich mit Tränen.
Doch Oskar fing sie auf.
‚Willst du denn gerne sterben und von neuem erwachen?’ fragte er, und seine Stimme klang für Ellen so beschützend, wie die in ihrem Traum, die ihr den richtigen Weg zu weisen schien.
‚Oh ja! Ja, Oskar, das würde ich gerne. Ich würde so gerne die Kraft dafür besitzen, mein altes Ich zum Sterben zu bringen, um es danach zu neuem Leben zu erwecken. Ich wäre so glücklich darüber, noch einmal neu zu sein. Unschuldig und frei.’
‚Was hindert dich daran, meine kleine Prinzessin?’ fragte er und entschuldigte sich sogleich für diese Redewendung. ‚Du bist ja gar nicht mehr klein, sorry, ich hab’s vergessen.’ Ellen grinste.
Ihr gefiel es, wie Oskar mit ihr umging. In seinen Worten lag so viel Vertrautes aus alter, längst vergangener Zeit.
‚Das, was ich bin, hab nicht ich aus mir gemacht, Oskar. Das glaub ich zumindest.’ In ihrer Stimme lag ein Hauch von Vorwurf. ‚Ich bin das, was aus mir gemacht wurde. Ich bin nicht ich. Nie gewesen, und längst aus dem Alter raus, um Zeit dafür zu haben, mich richtig kennen zu lernen. Ich hab Verantwortung, Oskar’.
‚Was soll denn das wieder heißen?‘ schnalzte Oskar. ‚Fünfundzwanzig bist du, wenn ich richtig, zähle. Ich bin grad mal drei Jahre älter als du. Du hast noch alle Zeit der Welt.’
‚Aber nicht, um meine Kindheit und Jugend nach zu holen!’ meinte Ellen nun gereizt.
Abrupt wich Oskar zurück.
‚Ich glaube, du verstehst nicht’, sagte sie traurig und blickte beschämt zu Boden. ‚Ich kann mit mir selbst so wenig anfangen, Oskar. Es ist, als wüsste ich nicht, wer ich eigentlich wirklich bin.’
Oskar hörte ihr aufmerksam zu.
‚Ich bin wie ein großes, dunkles Fragezeichen, das keine Antwort verdient. Verstehst du?’ Eine dicke Träne rollte über ihre Wange, die sie sogleich entschuldigend wegwischte.
‚Ich habe mich wohl zu weit vor gewagt’, überlegte Oskar beschämt.
Er musste aufpassen, das war ihm nun klar. Mit Ellen über ihre Kindheit zu sprechen, schien ihm nicht unbedingt ein erfolgversprechendes Unterfangen zu sein. Sanft hob er ihr Kinn.
‚So wie du bist, bist du gut, Ellen, vergiss das nie. Niemals!’ In Oskar4s Augen blitzte es auf, als wäre der Abend- und der Morgenstern gleichzeitig auf und untergegangen.
‚Zum See also!’ sagte er nun demonstrativ und hakte sich freundschaftlich in Ellens Arme ein.
‚Yes, Sir!‘ folgerte sie und Oskar machte einen Knicks.