Читать книгу Warum geht der Dirigent so oft zum Friseur? - Eleonore Büning - Страница 13
8 Was ist ein Meisterwerk?
ОглавлениеBachs Matthäuspassion. Stockhausens Gruppen. Die sieben letzten Worte von Haydn in der Quartettfassung. What a Wonderful World. White Rabbit. Figaros Hochzeit. Don Giovanni. Lear von Reimann. Dichterliebe. Winterreise. Müllerin. Das Italienische Liederbuch. Lieder eines fahrenden Gesellen. Die Sommernachtstraum-Musik von Mendelssohn. Schumanns Violinkonzert. Am Fenster von City. Different Trains. Die Metamorphosen von Richard Strauss. Die Harzreise von Rihm. Tutuguri. Princess Crocodile von Gry. Master of Puppets. Waldszenen und Kinderszenen von Schumann. Und: Kreisleriana. Weberns vier Stücke op. 7. Nonos Prometeo. Germania von DJ Hell. Die Gran Partita KV 361, außerdem sämtliche Mozartschen Klavierkonzerte von KV 271 aufwärts und das Klarinettenquintett KV 581. Die fünf Klavierkonzerte von Beethoven, seine zweiunddreißig Klaviersonaten plus die drei Kurfürstensonaten, die sechzehn Streichquartette und die Streichtrios, ganz besonders op. 8. Außerdem Beethovens Symphonien Nr. 1–8. Nachtstücke und Arien von Henze. An der schönen blauen Donau. Moon River. Starry Starry Night (Vincent). Paint It Black. La Valse von Ravel. Purcells In-nomine-Fantasien, Bartóks Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta. Mendelssohns Lieder ohne Worte. Verdis Requiem. Tschaikowskys Klavierkonzerte. Chopins Nocturnes. Die Psalmen von Lili Boulanger. No Woman No Cry. Chattanooga choo choo. Schuberts Moments Musicaux und Impromptus. Seine Tänze. Sowieso eigentlich alles von Schubert. Das Doppelkonzert a-moll BWV 1043, außerdem Goldbergvariationen, Wohltemperiertes Klavier, alle Bachkantaten, alle Bachkonzerte, die Johannes-Passion BWV 245; auch von Bach ohne Ausnahme alles. The Winner Takes It All. All along the watchtower. La Petite Messe solennelle. Madama Butterfly. Cosí fan tutte. Des pas sur la neige von Debussy. La Mer. Pelléas et Mélisande. Meyerbeers Hugenotten. Mahlers Erste. Bruckners Dritte. Tristan und Isolde. Die dritte Sonate von Galina Ustwolskaya. Jag Älskar Sverige. Keine Macht für Niemand. Die Zweite von Sibelius. Rach 3. Die Freischütz-Ouvertüre. Egmontmusik. Die Cellosonaten von Brahms. The People United Will Never Be Defeated von Rzewski. Riders On The Storm. Das Trio op. 11 von Fanny Hensel. Der Rosenkavalier. Imagine. So, das sollte fürs Erste reichen.
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch habe ich meine Auswahl musikalischer Meisterwerke streng subjektiv getroffen. Willkürlich ist sie deshalb noch lange nicht. Ob ein Werk zum Meisterwerk taugt, darüber entscheidet nicht der individuelle Geschmack, es gibt dafür ein paar Messlatten, alte und neue. Zum Beispiel: Kein Meisterwerk gleicht dem anderen. Jedes ist einzigartig und unwiederholbar, überlebt aber trotzdem auch noch die mieseste Coverversion und alle Moden, unabhängig von Bearbeitern oder Interpreten.
Was beweist, dass Gertrude Stein auf dem Holzweg war, als sie 1936 die Frage »What are masterpieces?« mit jener anderen Frage kombinieren zu müssen glaubte: »And why are there so few of them?« Letzteres mochte Mitte der Dreißiger noch als Provokation im Bereich der bildenden schönen Künste für irgendetwas nützlich gewesen sein. In der Musik indes gab es damals bereits eine Fülle von Meisterwerken, die seither laufend weiter wuchs, wobei eines das andere in den Schatten stellte, auch Enzyklopädien, Ranglisten und Sammeleditionen von Meisterwerken entworfen wurden dergestalt, dass dieser handfeste alte Begriff, wie er aus den Zünften in die Ästhetik hinübergewachsen war, ausgehöhlt und zu einer Floskel wurde, von der Kritiker heute gerne Gebrauch machen, wenn sie einen Komponisten mal so richtig ärgern wollen.
Sie loben ihn dann und nennen ihn: Maestro. Schlimmes Wort! »Nicht Meister, nein!«, ruft Walther von Stolzing in den Meistersingern. Richard Wagner, der sich persönlich zwar ganz gern von seiner Entourage zu Tode loben ließ, widmete dem Problem am Ende seines Lebens diese dreiaktige, abendfüllende Künstleroper, in der die alten Meister am Ende ihre Messlatten wegwerfen und das Knie beugen vor einem jungen, der macht, was er will. Spätestens seither erklärt sich jedes Meisterwerk von selbst. Immerhin, das hat Gertrude Stein auf den Punkt gebracht: Ein Meisterwerk ist ein Meisterwerk ist ein Meisterwerk. Basta.
3. April 2016