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3. Das werdende römische Papsttum, Ambrosius von Mailand und Augustinus

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So linear und zielgerichtet die Entwicklung der Vorrangstellung des Nachfolgers Petri aus der Rückschau auch erscheinen mag, war die Präsenz und Geltungshoheit der Päpste in der Frühzeit doch noch außerordentlich gering und stand in keinem Verhältnis zu ihrem theoretischen Anspruch. Manche grundlegenden Weichenstellungen wurden auch gar nicht in Rom, sondern außerhalb der Ewigen Stadt getätigt. Zu nennen wären hier nur zwei Männer, deren Wirkmächtigkeit sich über das gesamte Mittelalter hindurch erstreckte und die zu den vier wichtigsten Kirchenlehrern gehörten: Ambrosius von Mailand und Augustinus.

Ambrosius von Mailand

Obwohl die Nachfolger des Kaisers Konstantin den Titel pontifex maximus ablegten, da er einen allzu heidnischen Beiklang besaß, führten sie dessen Kirchenpolitik fort. Um die geistige und politische Einheit des Staates zu sichern, beriefen sie die vier bedeutenden Konzilien von Nicäa (325), Konstantinopel (381), Ephesos (431) und Chalkedon (451) ein, welche die grundlegenden Glaubenssätze für katholische und orthodoxe Christen bis zum heutigen Tage festlegten. Dem römischen Bischof fehlte in dieser Zeit noch die Anerkennung als zentrale Leitungsmacht der Gesamtkirche und außer dem Kaiser hätte niemand sonst solche Konzilien einberufen können. Aber die enge Verstrickung des Staates mit der Kirche barg auch die Gefahr zunehmender Abhängigkeit. Bei strittigen Bischofswahlen griff selbstverständlich der Kaiser ein und er galt auch als höchste Gerichtsinstanz für alle rechtlichen Streitfälle, in welche der römische Oberhirte verstrickt war. Kritik an dieser engen Vernetzung und eine daraus entstehende Neudefinition des gegenseitigen Verhältnisses erfolgte, aber, wie gesagt, nicht in Rom, sondern in der Peripherie. Bischof Ambrosius von Mailand (374–397) wehrte sich standhaft gegen die Versuche der Kaiserin Justina, in Italien dem Arianismus größere Bedeutung zu verschaffen, und verweigerte ihr die Übergabe einer Kirche an die Arianer. Aus dem gut zweijährigen Ringen ging der Bischof letztendlich als Sieger hervor, nachdem seine Verbannung am Widerstand des Volkes gescheitert war. Nach seinem Verständnis durften sich die staatlichen Organe nicht in kirchliche Angelegenheiten einmischen, was in letzter Konsequenz auch für den Kaiser selbst galt. Als Christ sollte dieser vielmehr den Bischöfen folgen. Mit diesem Argument nötigte Ambrosius sogar Kaiser Theodosius zu einer förmlichen Kirchenbuße, nachdem dieser einen Aufstand in Thessalonike in Blut erstickt hatte. Zudem bemühte sich Ambrosius um die Austilgung heidnischer Spuren, die sich bislang in Rom durch die Toleranz der Kaiser, vor allem seit Julian, hatten behaupten können. So verhinderte er die Rückkehr der Statue der Göttin Victoria in den Sitzungssaal des römischen Senats und bewog Kaiser Gratian zur Einstellung seiner Unterstützung für den römischen Kult. Seine rigoristische Vorgehensweise hatte Ambrosius zu großem Ansehen verholfen und begründete den Sonderrang des Metropoliten von Mailand, dessen Einfluss in Südgallien und Illyrien zeitweilig bedeutend größer war als derjenige des römischen Oberhirten.

Augustinus

Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung wurden die theoretischen Überlegungen des Augustinus (354–430) in seiner Schrift De civitate Dei. Für das Verhältnis von Papsttum und Kaisertum erlangten vor allem seine Ansichten über das Wesen weltlicher Herrschaft großen Einfluss. Für Augustinus war rein weltliche Herrschaft grundsätzlich geprägt von Selbstsucht, Gewinnstreben und allen Lastern der civitas terrena, deren Bewohner nach dem Sündenfall zwar nicht ganz aus der Heilsgeschichte ausschieden, aber gleichsam eine sündhafte Gegenwelt darstellten. Sie unterstanden weiterhin der göttlichen Gewalt, die sie beispielsweise durch die Einsetzung besonders grausamer Tyrannen bestrafte. So gesehen könnte man die weltliche Herrschaft als Ausgeburt der Sünde verstehen. Die Mächtigen waren aber keine höllischen Sendboten, sondern ein Teil der von Gott vorgegebenen Ordnung, um die Menschen nicht ins völlige Chaos stürzen zu lassen. Rettung vor der Verdammnis zum ewigen Tod gab es nur, wenn sich die weltlichen Machthaber in ihrer Lebens- und Regierungsführung an die Leitmaxime der civitas Dei nach Kräften annäherten, wobei ihnen allein die Kirche und ihre Würdenträger helfen konnten. Gerade die Ideen Augustins zu Herkunft und Charakter weltlicher Herrschaft fanden rasch Verbreitung, beispielsweise bei Papst Leo I. (440–461).

Papsttum und Kaisertum im Mittelalter

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