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Papst und Kaiser – ideologisches Begriffspaar oder realer Gegensatz?

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Überblickt man die gesamte Spanne des Mittelalters, so waren Kaisertum und Papsttum über lange Zeit geradezu untrennbar und unentwirrbar miteinander verflochten. Dem frühen und hohen Mittelalter galt das friedliche Miteinander der Universalgewalten als selbstverständliche Umsetzung der gottgewollten Ordnung, wobei dem Kaiser als der Schutzmacht des Papsttums zumeist eine schwergewichtigere Position zugebilligt wurde. Allerdings bemühten sich die Nachfolger Petri schon seit den Tagen Gelasius I. um eine gleichberechtigte Stellung.

Die Emanzipation der beiden Universalgewalten voneinander und die ideologische sowie theoretische Ausformung ihrer jeweils eigenen Positionen musste notwendigerweise zu Konflikten führen, die das relativ harmonische Miteinander früherer Jahrhunderte vor allem im sogenannten Investiturstreit, in der späten Stauferzeit sowie während der Herrschaft Ludwigs des Bayern fast völlig in Vergessenheit geraten ließen. Zudem schwächte die lange kaiserlose Zeit nach dem Tod Friedrichs II. (1250) die imperiale Stellung, ohne dass die Kaiserideologie und die Bedeutung des Imperiums im Denken der Zeitgenossen zur vernachlässigbaren Marginalie herabgesunken wären. Vielmehr führte die extreme Übersteigerung papaler Ansprüche vor allem durch Bonifaz VIII., aber auch durch Urban VI. letztlich zum Niedergang des universalen Herrschaftsansatzes des Papsttums, das am Ende des Mittelalters die plenitudo potestatis im Umfang der Nachfolger Petri des späten 13. und noch des frühen 14. Jahrhunderts verloren hatte.

Trotz der zahlreichen und teilweise mit extremer Erbitterung geführten Kämpfe zwischen Kaisern und Päpsten hatte es keine ernsthaften und konsequent umgesetzten Pläne gegeben, das Kaisertum von den deutschen Königen auf andere europäische Herrscher zu übertragen; ebenso wenig wurde der grundsätzliche Anspruch des Papstes, den Kaiser zu krönen, auf Dauer bestritten, auch wenn es zu Beginn des Kaisertums im Westen sowie zu Zeiten Ludwigs des Bayern Kaiserkrönungen durch die Hand nichtgeistlicher Koronatoren gegeben hat. Seit der Kaiserkrönung Ottos I. 962 entwickelte sich ein Anspruch des deutschen Königs auf die Kaiserwürde, der seinen Niederschlag im Königstitel rex Romanorum fand, der seit dem 11. Jahrhundert üblich wurde. Diese Entwicklung klar erkennend, forderte der große Jurist Innocenz III. ein grundsätzliches Prüfungsrecht der deutschen Königswahl, prädestiniere diese doch zum Kaisertum, das nur der Papst durch Salbung und Krönung vergeben könne. Nach einer langen Zeit der Auseinanderentwicklung sollte so ein neues Band der Abhängigkeit geknüpft werden, das dem Papsttum ein entscheidendes Mitspracherecht in der deutschen Königswahl gesichert hätte. Allerdings gelang es trotz zahlreicher Versuche nicht, das Approbationsrecht durchzusetzen; in der Goldenen Bulle von 1356 wird das Papsttum nicht mehr erwähnt.

Trotz der Auseinanderentwicklung der Universalgewalten konnten sich die theoretischen Grundüberlegungen zur kaiserlichen Herrschaft niemals wirklich aus der Gegenüberstellung zum Papsttum lösen, weder institutionell noch begrifflich. Regnum und sacerdotium gewannen vor allem in der Kontraposition zueinander ein gesteigertes Empfinden für die eigene Wertigkeit und blieben, wenn auch nicht immer harmonisch, bis zum Ende des Mittelalters trotz aller Lockerungen, Kämpfe und Konflikte miteinander verbunden.

Papsttum und Kaisertum im Mittelalter

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