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Das Dorf Potterchen erweckte Eindrücke in einer Heftigkeit, dass Jean-Yves fast annehmen könnte, seine Frau würde vor ihm stehen. Hier war ihr Geburtsort, hier war ihr Zufluchtsort. Nicht das Haus in Saverne, das sie gemeinsam angeschafft, restauriert und verschönert hatten. Das Haus, in dem Jean-Yves mit ihr an seiner Seite den Rest seines Lebens verbringen wollte. Hier in Potterchen. Er war dem Irrglauben erlegen, seiner Frau eine Basis der Beständigkeit, der Sicherheit angeboten zu haben, als er sie geheiratet hatte. Ihr Ja-Wort klang noch immer in seinen Ohren wie die schönste Musik. Doch schon wenige Stunden später war die Ernüchterung gefolgt. Sie hatte ihn nicht in das Haus in Saverne begleiten wollen, sondern vorgezogen, bei ihrer Schwester Christelle Servais in Potterchen bleiben. Als sie schließlich seinem Drängen nachgegeben hatte, glaubte Jean-Yves am Zenit seiner Glückseligkeit angekommen zu sein. Dabei waren es seine eigenen Gefühle gewesen, die ihn überwältigt hatten. Ihre Unruhe, die sie schon immer geplagt hatte, wollte sie nicht loslassen.

Inzwischen dachte Jean-Yves, hätte er die Anzeichen früher erkennen müssen. Doch die Veränderungen hatten sich allmählich, ganz unmerklich vollzogen. Er verdankte es seiner Selbstüberschätzung, nicht genügend auf sie geachtet, die subtilen Anzeichen und Andeutungen einfach übersehen zu haben.

Jean-Yves stand an der Rue de la Gare. Sein Blick fiel auf Christelles Haus. Nur wenige Häuser trennten es von dem alten Bauernhaus, das der unglücklichen Mutter gehörte, deren Kind er finden musste. Nur mit notärztlicher Betreuung war es ihm gelungen, die junge Frau nach ihrem Zusammenbruch wieder auf die Beine zu bekommen. Es kam ihm so vor, als zöge er verzweifelte Frauen an. Inzwischen befand sich Sabine Radek auf dem Krankentransport in ihre Heimatstadt Saarbrücken, den er für sie organisiert hatte. Er wähnte diese arme Frau in ihrem Zuhause besser aufgehoben als im Elsass, wo sie niemanden kannte.

Er spürte seinen Schmerz unvermindert stark, den Schmerz des Verlustes. War es wirklich sinnvoll, dass ausgerechnet er in Potterchen ermittelte? Ja, rief er sich ins Gedächtnis. Eine wichtige Aufgabe hatte ihn hierher geführt. Ein Kind brauchte ihn.

Selbst war es ihm nicht gegönnt, eigene Kinder zu haben. Seinem Wunsch, ein Kind zu adoptieren, war seine Frau mit Argwohn begegnet, sodass er sofort wieder von dem Gedanken abgelassen hatte. Aber nichtsdestotrotz liebte er Kinder. Er wollte alles tun, um der kleinen Annabel Radek zu helfen. Die Verzweiflung der Mutter hatte ihn noch entschlossener gemacht.

Einige Gendarmen zogen von Haus und Haus, um Befragungen nach Annabel durchzuführen. Immer, wenn sie Jean-Yves sahen, gaben sie ihm ein Zeichen, dass sich nichts Neues ergeben hatte.

Er überquerte die Dorfstraße, betrat das Haus Nummer Zwölf, dessen Haustür er nur angelehnt hatte, und folgte dem Flur bis zur Küche. Dabei erinnerte er sich an die Polizistin Tanja Gestier. Ihre ungeschickten Versuche, ihre illegitime Einmischung hier vor Ort zu kaschieren, amüsierten ihn. Sollte es ihr gelingen, offiziell an dem Fall zu arbeiten, wäre Jean-Yves zufrieden. Tanja Gestier hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit seiner Frau. Weder im Aussehen noch in ihrem Verhalten. So konnte er auf eine unbefangene Zusammenarbeit hoffen und vielleicht sogar angenehme Ablenkung erfahren.

Die Türklingel lenkte ihn von seinen Gedanken ab.

Sollte die Polizistin schon zurückgekehrt sein?

Erwartungsvoll öffnete er.

Aber es kam anders. Die Mannschaft der CRS (Companie Republicains de Sécurité) stand vor ihm. Die Suche nach Annabel Radek konnte mit Verstärkung fortgesetzt werden.

Mord ohne Grenzen - Elsass-Krimi

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