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Im Büro der Kriminalpolizeiinspektion in Saarbrücken herrschte eine Betriebsamkeit, die Tanja sofort das Schlimmste ahnen ließ. Sollte dort die Hölle los sein, würde sie niemals die Möglichkeit bekommen, im Elsass nach der Tochter ihrer Freundin zu suchen.

Milan Görgen, ihr Teampartner, sah sie als Erster. Sofort sprang der Kollege von seinem Platz auf und eilte ihr entgegen. „Unser Dienststellenleiter fühlt sich auf den Schlips getreten, weil du eine ausländische Behörde auf ihn losgelassen hast, ohne ihn vorzuwarnen.“

„Ich habe was?“ Tanja verstand gar nichts.

„Die Kripo in Strasbourg hat sich bei ihm gemeldet und nach der Entsendung einer Verbindungsbeamtin namens Tanja Gestier gefragt.“ Milan grinste, wodurch seine lange Nase noch länger wirkte und sein ganzes Gesicht mehr an einen Lausbuben, denn an einen erwachsenen, fast fünfzigjährigen Kriminalkommissar denken ließ.

Tanja stieß die angehaltene Luft aus. Dieser Mistkerl von Commandant. Er hatte sie ins offene Messer rennen lassen.

Sie steuerte ihr Büro an.

„Deine Kaffeemaschine muss zurzeit für den Abteilungskaffee herhalten“, rief Milan und folgte ihr. „Der Automat ist kaputt.“

„Das heißt also, dass ich mir jetzt einen Kaffee holen kann. Das ist alles, was mich gerade interessiert.“

„Was ist im Elsass passiert?“

Tanja schenkte sich in. Sie fühlte sich aufgewühlt. Leider schaffte es der Kaffee nicht, diesen Zustand zu mildern. Im Gegenteil. Sie verhaspelte sich ständig, während sie versuchte, Milan die wenigen Einzelheiten mitzuteilen, die sie bisher in Erfahrung gebracht hatte.

„Es geht dir also nur um einen Freundschaftsdienst?“

„Für mich ist es mehr“, murrte Tanja. „Die Tochter meiner Freundin ist im gleichen Alter wie Lara. Sie ist in einem fremden Land spurlos verschwunden. Da kann ich nicht einfach stillsitzen und hoffen, dass alles gut ausgeht.“

„Aber in Frankreich gibt es doch auch Polizei.“

„Klar. Aber Sabine vertraut mir mehr als denen.“

„Dazu kann ich dir nichts sagen. Mit der Arbeit der französischen Polizei kenne ich mich nicht aus“, gestand Milan.

„Ich auch nicht.“

„Das merkt man.“ Milan lachte. „Wie es aussieht, hast du bereits einen Fehlstart hingelegt. Übergangen zu werden, findet unser Vorgesetzter nämlich nicht so toll.“

Kaum hatte er ausgesprochen, wurde die Tür schwungvoll aufgestoßen. Dieter Portz trat mit einer Miene ein, die nichts Gutes verhieß.

„Warum stellst du mich vor vollendete Tatsachen?“, fragte er anstelle einer Begrüßung. Er lehnte sich an den Türrahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und wippte mit seinem rechten Fuß, eine Angewohnheit, die immer dann zutage trat, wenn er nervös war. Mit seinen stechend blauen Augen fixierte er Tanja, zeigte mit dem Zeigefinger auf sie und antwortete selbst: „Weil ich dann zustimmen muss, wenn ich mein Gesicht nicht verlieren will.“

Tanja wurde ganz heiß. Mit brüchiger Stimme fragte sie: „Was heißt Gesicht verlieren?“

„Was glaubst du, wer mich über die eigenmächtigen Handlungen meiner Mitarbeiterin in Frankreich aufgeklärt hat?“, stellte Portz in schneidendem Ton eine Gegenfrage. „Nicht Tanja Gestier, wie es der vorgeschriebene Dienstweg wäre. Nein. Der Commissaire Divisionaire von Strasbourg. Und weißt du, was der Commissaire Divisionaire für einen Dienstgrad besitzt? Kriminaldirektor.“

Tanja staunte darüber, in welchen Ebenen der Fall von Annabel Radek in Frankreich gelandet war. Eigentlich ein gutes Zeichen, wäre ihr Chef nicht so stinksauer.

„Ich habe am Telefon so getan, als sei mir der Fall bekannt. Ich konnte schlecht zugeben, dass ich keine Ahnung davon habe, was meine eigenen Leute so treiben.“

Mit nervösen Schritten ging er in dem engen Raum auf und ab, bis er anfügte: „Und mit der nächsten Quizfrage kannst du den Jackpot knacken: Was glaubst du, wer der zuständige Mann dafür ist, deine Genehmigung zur Verbindungsbeamtin beim Leitenden Polizeidirektor unserer hiesigen Landespolizeidirektion zu beantragen?“

„Heinrich Behrend“, antwortete Tanja und wäre am liebsten im Boden versunken, weil Kriminalrat Behrend nicht nur für seine Unerbittlichkeit bekannt war. Er war auch ihr Stiefvater.

„Bingo. Die Kandidatin hat tausend Punkte.“

Tanja spürte, wie ihr Portz’ Vorwürfe zu viel wurden.

„Und wie stehen deine Chancen, wenn er mit vollenden Tatsachen überrascht wird?“

Tanja kochte innerlich.

Portz‘ Handy klingelte. Für diese Ablenkung war Tanja gerade sehr dankbar. Nach einem kurzen Wortwechsel legte er auf, warf einen grimmigen Blick auf Tanja und sagte: „Leider halten die Verbrecher im Saarland nicht still, während du in Frankreich ermittelst.“

Laut fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.

Mord ohne Grenzen - Elsass-Krimi

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