Читать книгу Verraten - Die Linie der Ewigen - Emily Byron - Страница 12

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Ich umfasste Daron fest und hart, schob die Haut um seine Männlichkeit genüsslich vor und zurück, während er mich umso begieriger küsste, je länger ich ihn massierte. Auf und ab, hier und da etwas mehr Druck, und mein zukünftiger Mann begann zitternd in meinen Mund zu stöhnen, unfähig, sich von meinen Lippen zu lösen. Ich genoss das erregende Gefühl von Macht, genoss es zu wissen, dass ich diesen Hünen wie warmes Wachs in meinen Händen formen konnte, willenlos und vollkommen seinem Verlangen ergeben.

Verlangen, das ich in ihm hervorrief.

Ich.

Oft schon hatte ich mich den Ewigen gegenüber so klein und unbedeutend gefühlt, war ich doch im Grunde nichts anderes als ein ganz normaler Mensch, der lediglich wegen seiner genetischen Veranlagung und seines – wie ich mittlerweile wusste – selbstbestimmten Schicksals das Los erfahren hatte, sein Herz an ein Wesen zu verlieren, das mit einfachen Worten kaum zu beschreiben war. Geboren wie normale Sterbliche, doch unsterblich ab dem Zeitpunkt ihres ersten Atemzuges sorgten seit Anbeginn des Lebens Generationen von Ewigen selbst für den Erhalt des regelmäßigen Kreislaufs der Natur. Der Tod, so hatte man mir inzwischen beigebracht, bedeutete nicht das Ende aller Existenz, sondern lediglich einen Übergang der Seele in eine andere energetische Form, bevor sie sich mit einer neuen Aufgabe den Weg in einen frischen, menschlichen Körper suchte. Wie oft hatte ich in den letzten Wochen überlegt, was um alles in der Welt mich bloß geritten hatte, mir gerade diese Bürde auszuwählen. Andererseits war es nun nicht mehr zu ändern, und irgendwer musste schließlich den Job erledigen, die Familie McÉag zu gegebener Zeit mit Nachwuchs zu versorgen.

Acht auf einen Schlag.

Allein bei dem Gedanken daran wurden mir stets die Knie weich.

Zwar konnte ich mir Daron und mich sehr gut als Eltern vorstellen, doch eine Rasselbande von übernatürlichen Achtlingen zu bändigen erschien mir immer noch völlig außerhalb meiner Fähigkeiten. Vom Austragen mal ganz zu schweigen.

Was gäbe das für Rückenschmerzen und Dehnungsstreifen und …

Doch all diese Gedanken, die mich ausgerechnet immer dann heimsuchten, wenn mein sanfter Riese und ich intim miteinander wurden, verscheuchte Daron wie schon so oft dadurch, dass er seine Lippen stürmisch auf meine presste, während er mich mit einer Hand am Hinterkopf festhielt und sich selbst vollkommen aufgab. In diesen Momenten schien es fast so, als wäre mein Mund, nein, als wäre ich sein einziger Halt in der rauen See seiner Begierde, und würde er loslassen, so würde er auf der Stelle ertrinken. Mein Herz machte einen Satz, als Daron mit der anderen Hand meine Brust umfasste und knetete, sodass meine Knospen erwachten und sich seiner Berührung entgegenreckten. Ein wohliger Schauer durchlief meinen Körper in dem Bewusstsein, mit diesem Mann all das tun zu können, was ich mir immer erträumt, doch nie zu hoffen gewagt hatte. Tabus existierten nicht, und egal, wonach uns war – wir hatten bisher wirklich keine Gelegenheit ausgelassen, so manch gesellschaftlich Verpöntes zu begehen. Zwar hatte der Zwischenfall mit Mael durchaus seine Spuren bei mir hinterlassen, doch weder Daron noch ich hatten uns davon beirren lassen. Das erste Mal danach hatte sich zugegebenermaßen etwas holprig gestaltet, einerseits weil es für mich doch eine gewisse Überwindung bedeutet hatte, andererseits weil Daron fast zu vorsichtig in seinem Umgang mit mir war, als würde ich aus Zuckerguss bestehen und bei der kleinsten Berührung zerbrechen. Gemeinsam jedoch hatten wir unsere Unsicherheit überwunden, was es für uns umso leichter gemacht hatte, den entscheidenden Schritt zu wagen. Einfühlsam und unter tausend Küssen hatte sich Daron in mich geschoben, auf jede noch so kleine Gefühlsregung meinerseits achtend. Ich hatte es so unbedingt gewollt, beinahe so verzweifelt darauf gedrängt aus Angst, sonst nie wieder dazu fähig zu sein, dass ich die eindringlichen Warnsignale meiner Seele vollkommen ignoriert hatte. Umso stärker hatte mich dann deren Wucht getroffen, die Erkenntnis, mehr Schaden davongetragen zu haben, als ich mir zuvor hatte eingestehen wollen, in dem Moment, als sich Daron in mir zu bewegen begann. Tränen waren mir unkontrolliert die Wangen herabgelaufen, und mein Herz hatte vor Schmerz fast zerspringen wollen, derart panisch schnell hatte es geschlagen, gleich den Flügeln eines im Käfig gefangenen Vögelchens. Erschrocken hatte mein Liebster sofort innegehalten und sich von mir abrollen wollen, doch ich hatte ihn fest umklammert gehalten.

„Nein“, hatte ich nur geflüstert, „bleib.“

„Alles, was du willst“, hatte er mir besorgt entgegnet, aber trotzdem so lange abgewartet, bis ich mich beruhigt und zu Weiterem bereit erklärt hatte. Wie Wasser bei einem brechenden Damm waren in dem Moment, als Darons harte Männlichkeit an meine empfindlichste Stelle stieß, all meine Ängste und Befürchtungen hervorgesprudelt.

Was, wenn ich nie wieder Spaß daran haben konnte?

Was, wenn ich bei jedem Mal einen Flashback erlebte, zurück ins Cubarium, zu dem Moment, als Mael mich so stark misshandelt hatte, dass mir das Blut wie ein warmer roter Bach an den Innenseiten meiner Oberschenkel herabgelaufen war?

Was, wenn Daron, der dabei gelähmt, aber bei vollem Bewusstsein neben mir gelegen hatte, mir entgegen seinen Beteuerungen vielleicht doch nie ganz verzeihen konnte, dass ich um seiner Rettung willen die Besudelung meiner selbst und somit die Zerstörung unserer Liebe in Kauf genommen hatte?

So viele Fragen und keinerlei Antworten, die diese Zweifel hätten zerstreuen können.

Bis zu jenem Abend vor drei Wochen, an dem ich endlich den Mut gefunden hatte, die Initiative zu ergreifen und Daron meinen Willen zum Neustart zu signalisieren.

„Bleib“, hatte ich ihn gebeten, und er hatte abgewartet, bis sich die Flut meiner Empfindungen gelegt hatte. Während ich gegen meinen unsichtbaren Dämon kämpfte, hatte er mich mit so viel Zuneigung, so viel Liebe angesehen, dass es mir beinahe das Herz zerriss. Ich liebte diesen Mann mehr als alles auf der Welt und war mir zu diesem Zeitpunkt so schäbig, seiner Liebe so unwürdig vorgekommen. Doch als ich in seine Augen geblickt hatte, seine sanften, mitfühlenden Smaragde, während er mir zugleich zärtlich meine Tränen von den Wangen küsste, da hatte ich gewusst, dass ich es schaffen würde.

Weil er für mich da war.

Weil er mich liebte.

Mehr brauchte ich nicht, um mich zu entspannen und mich ihm endgültig hinzugeben.

Franziska hatte beim nächsten Kontrolltermin gemeint, es sei bemerkenswert, wie stark sich meine Seele gegen das Leid der Vergewaltigung behauptete, und dass Sex mit dem Partner so kurz nach einem so grausamen Ereignis normalerweise nicht ohne Weiteres möglich sei. Aber ich war ja nicht normal, ebenso wenig wie mein Liebster und seine Familie, in die ich einzutreten gedachte.

Darons Zunge holte mich aus meinen trüben Gedanken zurück in die Gegenwart und stieß so fordernd in meinen Mund, dass mir die Luft wegblieb. Wie sehr wollte ich sein Verlangen erwidern, wie stark war mein Drang, ihn sofort aufs Bett zu zerren, doch ohne Vorwarnung meldete sich plötzlich eine Welle von Übelkeit, die sich bei jeder Bewegung Darons in meinem Mund heftigst an den Klippen meines Befindens brach. Zunächst wollte ich sie noch ignorieren, bis sie immer heftiger heranrollte und ich mich schnaufend von Daron lösen musste, um mich auf klapprigen Knien am Bett neben uns abzustützen. So weich, dachte ich noch, als meine Hände den dunklen Satinbezug berührten, doch zu mehr war ich nicht mehr fähig, so vehement überlagerte mein rebellierender Magen mein Gedankengut.

„Kleines, was ist los?“, vernahm ich noch Darons besorgte Stimme, bevor sich die letzte Welle der Übelkeit endgültig über mir brach und mir die Luft abschnürte, schlimmer als das Korsett es soeben noch getan hatte. Panisch schlug ich mir eine Hand vor den Mund, sprang auf und stolperte gegenüber ins Bad. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es, den Toilettendeckel hochzuklappen, als mir schon die nächste Welle den Magen gefühlt nach außen stülpte und einen großen Schwall rotbrauner Galle ins blendend weiße Porzellan warf. Säure fraß sich ätzend scharf in meinen Mund und drückte mir Tränen der Erschöpfung in die Augen, während ich würgte und würgte, bis sich irgendwann der Krampf in meinem Magen löste und ich weinend über der Schüssel zusammensank. Gott sei Dank hatte ich aufgrund der Aufregung vor meiner Einführung nichts essen können, sonst wäre ich jetzt nicht so vergleichsweise glimpflich davongekommen. Verdammt, was war denn bloß los mit mir?

Umgehend vernahm ich Darons Stimme über mir.

„Kleines, was hast du?“, fragte er mich und zog mich vorsichtig von der Toilette weg. Ich wusste es nicht. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie so viel gespuckt wie in den letzten Wochen. Wahrscheinlich der Stress, beruhigte ich mich. Man wird schließlich nicht jeden Tag als Geliebte des Todes auserkoren und anschließend von dessen Bruder zum Sex gezwungen. Das konnte einem schon mal auf den Magen schlagen. Mein ganzer Körper fühlte sich an wie aus Gummi, und durch das Würgen dröhnte mein Kopf, als wäre eine Eisenbahn hindurchgerast.

„Stress, Aufregung“, waren die einzigen Worte, die ich zitternd artikulieren konnte. Daron stellte keine weiteren Fragen, sondern nickte und tupfte mir behutsam den Mund mit einem Taschentuch ab. Dann nahm er mich auf seine starken Arme, als wäre ich leicht wie eine Feder, und trug mich hinüber ins Schlafzimmer, um mich vorsichtig unter die weichen Laken zu betten.

„Ist schon gut, Kleines. Das ist ja kein Wunder, bei dem, was du in der letzten Zeit durchgemacht hast. Vielleicht haben wir auch einfach zu schnell zu viel gewollt. Du solltest dich erst einmal erholen.“

Wie gern hätte ich ihm widersprochen, doch intuitiv wusste ich, dass er recht hatte. Normalerweise hätte ich schon längst auf eine Couch gehört mit einer Person nebendran, die nur fürs Zuhören bezahlt wurde. Allein die Tatsache, dass ich es bisher ohne so jemanden geschafft hatte, war schon ein Wunder an sich. Trotzdem beschloss ich, mich demnächst noch mal von Franziska durchchecken zu lassen. Vorsicht war schließlich die Mutter der Porzellankiste und ein gereizter Magen kein Spaziergang.

Daron reichte mir ein Glas Wasser und stütze meinen Rücken, damit ich sitzend ein paar Schlucke trinken konnte. Die kalte Flüssigkeit strich schnurrend wie eine Katze um meine verätzten Mundpartien und ließ meinen Magen in seinen letzten kleinen Bewegungen abebben.

„Geht schon wieder. Bitte entschuldige“, stöhnte ich mit leichten Kopfschmerzen und nahm noch einen weiteren Schluck, während ich mir die zarte Bettdecke bis unters Kinn zog. So warm, so wunderbar weich …

„Es gibt nichts zu verzeihen, Kleines, ich mache mir Sorgen um dich. Wir hätten das Ganze wohl doch langsamer angehen sollen.“ Nervös strich sich Daron in einer liebevoll vertrauten Geste sein Haar hinters Ohr und bedachte mich mit einem Blick voller solcher Zuneigung, dass ich mich am liebsten sofort darin eingewickelt hätte.

Gerade, als ich ihm versichern wollte, dass er sich keine Vorwürfe zu machen brauchte, klopfte es an der Tür. Ich seufzte leise und kuschelte mich in die weiche Satindecke.

Super. Immer dann, wenn ich etwas Ruhe brauchte, wollte wieder irgendjemand irgendwas. In dieser Familie kam man offenbar nie zum Durchatmen. Ich ließ Darons Worte noch einmal Revue passieren.

Es langsam angehen lassen.

Das klang auf einmal verlockender als alle Satinbettdecken der Welt.

Verraten - Die Linie der Ewigen

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