Читать книгу Deutschland zu Fuß - Enno Seifried - Страница 15
Wildcampen
mit Vierbeinern
ОглавлениеIn Kiel suchte ich mir am Abend einen gemütlichen Italiener, um dort genüsslich zu speisen. Das Restaurant war, um es milde auszudrücken, sehr geräumig. Bereits beim Eintreten war es recht leer. Kurz darauf verabschiedeten sich auch die letzten Gäste, und ich war völlig allein in dieser riesigen Lokalität. Aus den Lautsprecherboxen plätscherte mir eine italienische Schmonzette nach der anderen entgegen, sodass ich mir so allein schon etwas fehl am Platz vorkam. Ich hätte laut loslachen können. Aber ich wollte den Kellner nicht irritieren oder verärgern. Wenn die Bilder der unzähligen Mafiosi an den Wänden zu seiner Familie gehörten, stand mir nicht der Sinn danach, mich mit ihnen anzulegen. So zog ich gesittet mein Abendmahl durch, bevor es raus in die Nacht ging.
Die Hafenstadt Kiel erinnerte mich von ihrem Flair tatsächlich ein wenig an Leipzig. Mit 250 000 Einwohnern ist es keine hektische Großstadt. Irgendwie schien alles ziemlich entspannt abzulaufen, und sobald man die Stadtgrenze erreicht, befindet man sich mitten in der Natur. Das ist städtisch gesehen genau nach meinem Geschmack. Kiel ist Landeshauptstadt, bevölkerungsreichste Stadt Schleswig-Holsteins und gilt seit 1900 als Deutschlands nördlichste Großstadt. Bekannt ist der Ort unter anderem für die internationale Segelwoche »Kieler Woche«, die schmackhaften »Kieler Sprotten« und nicht zuletzt, weil hier mit ThyssenKrupp Marine Systems die größte deutsche Werft ansässig ist.
Vorbei am Wellsee, durch das Landschaftsschutzgebiet Klosterforst sowie den Ort Preetz, gelangte ich in den Schellhorner Ortsteil Sophienhof. Dort befindet sich die kleine denkmalgeschützte Kapelle gleichen Namens. Der Eingangsbereich der Kapelle Sophienhof besteht aus einer kleinen Vorhalle mit drei offenen Arkadenbögen. Als ich gerade überlegte, darunter meine Isomatte auszubreiten, hielt plötzlich ein Auto, und ein Mann stieg aus. Es war Achim Caspar, der Küster, der nur noch schnell etwas in der Kapelle ablegen wollte. Er erzählte von vielen Pilgern, die er hier schon getroffen habe. Das läge wohl darin begründet, dass dieser Weg als Teil des deutschen Jakobsweges ausgeschildert sei. Eine Pilgerin hätte im vorherigen Jahr ihr Zelt in seinem Garten aufgeschlagen. Genau das bot er mir nun auch an. Er wohne nur 250 Meter weiter die Straße hoch. Wenn ich wollte, könne ich gern seine Wiese in Anspruch nehmen. Außerdem besäße er im Garten eine Außentoilette mit Waschbecken, die ich ganz für mich alleine hätte. Kurze Zeit später stand ich auch schon auf seinem Grundstück. Es lag am Dorfrand und bot einen herrlichen Ausblick auf die umliegende Hügellandschaft. Der Platz war traumhaft.
An meinem nächsten Schlafplatz am Vierer See bei Plön verbrachte ich die Nacht nicht ganz allein, da ich auf dem Weg zum See eine weitere Begegnung hatte, die mich nun neugierig auf Schritt und Tritt verfolgte. Ein ganzes Stück vor dem See, mitten auf dem Wanderweg, standen plötzlich zwei Pferde. Ich näherte mich und gab mit Streicheleinheiten zu verstehen, dass ich mich über ihre Anwesenheit tierisch freute. Das schien ihnen zu gefallen. Sie liefen nun hinter mir her bis zum See und sogar zu meinem auserwählten Schlafplatz. Als ich mich niederließ, blieben sie die ganze Zeit in meiner unmittelbaren Nähe, zeigten offen ihre Neugier und schnüffelten und knabberten alles an, was ich auspackte. Auch als ich am Abend mein Essen zubereitete, stand eines der Pferde die ganze Zeit neben mir, blickte mit seinem riesigen Kopf auf mich herab, nur etwa 20 Zentimeter von meinem entfernt. Wenn ihm danach war, knabberte es an meinem Basecap oder an meinem Handtuch, das hinter mir im Baum zum Lüften hing. Ich freute mich, dass sie so zutraulich waren. Allerdings fragte ich mich auch, zu wem die beiden wohl gehörten. Vermisste die Pferde nicht irgendwer? Sie trugen weder Halfter noch Ähnliches. Später genoss ich mit den neuen Kumpels an meiner Seite den traumhaften Sonnenuntergang am anderen Ufer des Sees, legte mich schlafen und war am nächsten Morgen hocherfreut, als ich von den niedlichen Vierbeinern in den neuen Tag begrüßt wurde.