Читать книгу Deutschland zu Fuß - Enno Seifried - Страница 17
ОглавлениеBereits bei einer Pause hatte ich mir, kurz hinter Ahrensbök an einem See, mein Tagesziel gesetzt. Nachdem ich mir im Ort noch einen üppigen Karamelleisbecher gegönnt und am letzten Haus des Ortes meine Wasserbeutel befüllt hatte, lief ich zu meinem Schlafplatz. Dort angekommen, wurde ich allerdings von übergroßen Verbotsschildern begrüßt. Die mir deutlich machten, dass der Pächter des Angelgewässers offensichtlich keinen Spaß versteht, wenn es um unerlaubtes Betreten des Areals geht. Da wurde mit Anzeige auf den Schildern gedroht, und selbst auf dem Feldweg war eine Schranke nicht nur für Autos angebracht. Ich muss allerdings zugeben, dass mich ein übliches Verbotsschild nicht sonderlich beeindruckt. Jeder mag darüber denken, was er will. Ich bin einfach weit davon entfernt einzusehen, dass mir irgendjemand das Betreten der Natur verbieten kann. Die Wiese, das Feld, der Wald oder Strand existierten lang, bevor sich jemand einbildete, jene nur Auserwählten zugänglich zu machen. Es ist traurig, dass es überhaupt Gesetze gibt, die Menschen verbieten, in der Natur zu schlafen, die uns doch allen gehört und in der wir uns individuell bewegen können sollten. Ich glaube gut zu wissen, wie man sich in der Natur zu benehmen hat, mit welcher Vorsicht und welchem Respekt man ihr begegnen sollte. Es ist für mich sonnenklar, dass der Müll nicht zurückbleibt, man in Trockenzeiten kein Lagerfeuer entfacht, sich in Naturschutzgebieten besonders achtsam bewegt oder anderer Leute Privatsphäre respektiert. Bis auf den Abdruck meines Zeltbodens wird am nächsten Tag niemand erahnen können, dass ich überhaupt vor Ort war. Auf der Welt gibt es weiß Gott schlimmere Dinge als einen umweltbewussten Naturfreund, der gern unter freiem Himmel übernachtet und nichts außer seinen Fußspuren zurücklässt. Oft begegnet mir an dieser Stelle das Argument: Wenn das alle machen würden! Aber wie wir alle wissen, machen das nicht alle. Wie oft trifft man schon mal im Wald einen Menschen, der dort sein Lager aufgeschlagen hat? Eigentlich nie. Und selbst wenn, wäre das für unsere Umwelt wahrscheinlich immer noch bedeutend gesünder, als tagtäglich jeden Meter mit dem Auto zurückzulegen, sich zu Hause an die Fernwärmeheizung zu kuscheln oder Strom aus Kohlekraftwerken zu verballern, um sich die neusten Abenteuer des »Dschungelcamps« ins Gehirn zu pressen. Aber nun ja, jeder wie er mag. Ich mag es nun mal, von Zeit zu Zeit draußen unterwegs zu sein und die Natur als mein Zuhause zu begreifen. Dennoch hatte ich in diesem speziellen Fall keine Lust auf sinnlosen Stress. Und da an dem See irgendwer sehr vehement und eindeutig versuchte »Eindringlinge« fernzuhalten, beeindruckte auch mich das. Ich zog weiter.
Beim Wildcampen und auch allgemein in der Natur sollte das Motto immer lauten: Nimm nichts mit außer Eindrücken, und hinterlasse nichts außer deinen Fußspuren.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fand ich dann einen guten Platz am Rand eines Waldes, der sich als wahres Naturerlebnis herausstellte. Bei dem Geräuschpegel, den die Tierwelt in dieser Nacht dort verursachte, wurde ich das Gefühl nicht los, dass sich das gesamte Wild des Nordens in diesem Wald versammelt hatte. Sobald ich ein etwas lauteres Geräusch machte, sprang irgendetwas aus irgendeinem Gebüsch oder hinter einem Baum hervor und floh erschrocken in die Dunkelheit. Gesehen hatte ich nichts, da es im Wald natürlich unheimlich finster war. Außer den Geräuschen um mich herum nichts als Schwarz.