Читать книгу Deutschland zu Fuß - Enno Seifried - Страница 19
Abenteuer
Schlafplatzsuche
ОглавлениеMein Weg nach Lübeck verlief auf einem asphaltierten Fahrradweg. In Abständen setzte immer wieder Regen ein. Durch die Hitze konnte die Regenjacke entspannt im Rucksack bleiben, war meine Kleidung doch ohnehin von Schweiß durchnässt. Da ich bereits am Vortag in Lübeck eine Unterkunft für zwei Nächte gebucht hatte, wusste ich, dass ich meine Sachen am Abend aufhängen und trocknen konnte. Worauf ich mich allerdings am meisten freute, war nicht die Unterkunft an sich. Es gab eine Badewanne, meine liebste Entspannungsmaßnahme. Ich blieb zwei Tage, um mir in Ruhe die Stadt anzuschauen. Die Hansestadt ist mit rund 220 000 Einwohnern eine kreisfreie Großstadt im Südosten Schleswig-Holsteins und nach der Landeshauptstadt Kiel die Stadt mit den meisten Einwohnern. Lübeck gilt als »Königin« und »Mutter der Hanse« und wird auch »Stadt der Sieben Türme« und »Tor zum Norden« genannt. Die Altstadt mit mehr als tausend Kulturdenkmalen gehört seit 1987 zum UNESCO-Welterbe.
Von Lübeck aus lief ich weiter Richtung Osten, durch Misch- und Kiefernwälder, über lange Feldwege und durch kleine Dörfer. Ab Lochwisch hörte ich aus der Ferne das Grollen eines nahenden Gewitters, das sich mit dunklen Wolken langsam näherte, bis es mich bei Schönberg erreichte. Eigentlich ein ganz gutes Timing, denn in der Nähe der Teiche, an denen ich mein Zelt aufschlagen wollte, gab es ein kleines Fußballstadion mit Gastronomie. Dort gönnte ich mir eine Falafel, füllte meine Wassersäcke auf und wartete unter einem Sonnenschirm das Ende des Gewitters ab. Anschließend lief ich zu den Teichen. Ich lief und lief, erst an einem Teich vorbei, dann am zweiten und so weiter und so fort. Es ist nicht so, dass ich nicht ausreichend geeignete Schlafplätze entdeckt hätte, doch irgendwie denke ich oft: Es geht bestimmt noch schöner. Das hatte zur Folge, dass ich irgendwann durch hüfthohes Gras lief und meine Hose und Schuhe komplett durchweicht waren. Umkehren erschien mir allerdings sinnlos. Der Weg zurück war mittlerweile länger als der bis zum nächsten Wanderpfad. Meine Dummheit wurde überraschenderweise belohnt. Ich fand eine herrliche Nische zwischen Bäumen mit traumhaftem Blick über den Pappendorfer Teich, der wieder einmal eine herrliche Kulisse für einen weiteren Sonnenuntergang abgab, begleitet von einem tosenden Froschkonzert.
Normalerweise hielt ich immer spätestens eine Stunde, bevor es am Abend dunkel wird, Ausschau nach einem geeigneten Lagerplatz für die Nacht. Manchmal hatte ich aber auch schon ein Ziel im Visier, mit Vorliebe an einem Fluss oder See. So muss ich auf den letzten Kilometern des Tages weniger Ballast mit mir herumschleppen. Außerdem bietet sich mir so die Möglichkeit, noch ins kühle Nass zu hüpfen und mich um meine Körperhygiene zu kümmern. Ab und an stand der Zeiger während meiner Schlafplatzsuche allerdings auch schon auf 23 Uhr. Es gibt einfach nicht immer ein passendes Fleckchen Erde, wo man sich gemütlich niederlassen kann. Der Wanderer, der schon morgens um halb acht losläuft und am Nachmittag bereits seinen Schlafplatz findet, hat da vielleicht weniger Probleme. Da ich aber oft den ganzen Morgen entspannt an meinem Zelt abhing, ging es erst gegen Mittag los. Gegen Abend wurde es dann schon mal etwas knapp, und ich musste gegen die einbrechende Dunkelheit anlaufen. Oft waren auch angepeilte Wanderschutzhütten unauffindbar, oder eingezeichnete Wanderwege meiner App existierten in der Realität nicht. Das endete häufig damit, dass ich auf der Suche nach einem Anhaltspunkt mitten durch dichtes Gestrüpp im Wald umherirrte. Oft umrundete ich einen halben See, an dem es wegen des dichten Schilfs am Uferrand keinen Platz gab, wo mein Zelt hingepasst hätte. Ich kreuchte Hänge hoch und wieder runter und suchte an Feldrändern, an denen es oft keine Möglichkeit gab, da das Korn direkt bis zum Rand gesät und so gewachsen war, dass es mir bis zum Bauch reichte. Doch all das gehört auf einer solch langen Reise auch dazu und macht selbst eine Wanderung durch Deutschland ab und an zu einem kleinen Abenteuer.