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Über Autos

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Wenn LaoWai auf Autos zu sprechen kommt, weiß er, wie rasch er ausfallend, ungerecht, ja beleidigend werden kann. Aber durch einen Pekinger Stadtpark spazierend, zumal an der Seite einiger Chinesen, mit denen er befreundet ist, müht er sich, seine Voreingenommenheit zu zügeln. Während ordinärer Straßenlärm, das Hupen der Autos vom Blättergrün gemildert wird, berichtet LaoWai so sachlich, wie ihm das möglich ist, von den unbewohnbar werdenden Metropolen des Abendlands. Gewaltige Autostraßen entstünden für gewaltige Desaster. Er offenbart heraufziehende Pestilenzen und gewesene Wälder, erwähnt beiläufig das christliche und demokratische Selbstverständnis von der freien Fahrt für mündige, freie Bürger und vergisst nicht die Staus, lang wie die Große Mauer von Badaling bis ans ostchinesische Meer.

Aufmerksam, und wie es schien mit Genugtuung, hören die Einheimischen zu, ehe sie höflich anmerken: ein solches System, welches immer neuen Anreiz schaffe, dass Menschen so hasten, gierig nach Giften, von den kleinen Katastrophen zur absehbar großen, richte womöglich sich selbst. Nein, nein, solche Torheit würden sie, unter der Führung von …, gewiss nicht wiederholen. Man stelle sich vor, nur jeder vierte Chinese mit eigenem Wagen, das mache dreihundert Millionen Autos: der sichere Untergang eines Kontinents. Freie Fahrt für mündige Radfahrer sei der Ausweg mit chinesischem Antlitz. Aber eigentlich ginge sie das Problem überhaupt nichts an. Diese Frage, bitteschön, sollten die Ausländer ruhig unter sich ausmachen. Ein Fahrrad hierzulande koste ein Vermögen, manch einer zahle nicht einmal die lächerliche Fahrradsteuer. Für den Autotod sei China zu arm.

Fröhlicher Kinderlärm unterbricht augenblicks das Gespräch, denn um eine Wegbiegung, hinter einem Bambuswäldchen gelegen, treffen die Spaziergänger auf eine Betonpiste. Dort kurven kleine Motorautos, mit breiten Kautschukpolstern abgefedert. Sie werden von kleinen Jungen gesteuert, manche sind kaum älter als vier Jahre, und ein Mädchen mit einer großen roten Haarschleife ist auch dabei. Nähertretend blickt LaoWai in junge blitzende Augen.

(1992)

Geschichten vom LaoWai

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