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Leere Flasche

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Wenn auf Pekings Fernbahnhof niemand sein Schildchen hebt, auf dem dein Name steht, dann tauche beherzt in das quirlende Leben. Du bist unkundig, man sieht es dem Gesicht an, du bist reich, das verrät deine Hautfarbe. Alle Langnasen sind reich, wenn die nur wollen und nicht blöde sind. Weiß man doch, sollen das Geld nur rausrücken, die Knauser.

Es nützt dir nichts, jene abzuschütteln, die dich aufdringlich in ein Schwarztaxi oder ein graues zu locken suchen. Grad hast du dir durch den entgegenflutenden Menschenstrom den Weg gebahnt, wird es dir am offiziellen Stand nicht besser ergehen: Die Herren Schofföre wollen, egal wohin, eine lange Tour mit dir fahren, wünschen auch den lästigen Taxameter abzuschalten und eine Pauschale mit dir auszumachen. Sollst dich schnell entscheiden, die Transsibirische Eisenbahn hat soeben Hunderte ausgespuckt. Da wäre es gut, eine Einheimische an der Seite zu haben, die nicht auf den Mund gefallen ist und in angemessenem Jargon Paroli böte. Aber hülfe das?

Als zwei junge Leute - sie gelben, er weißen Gesichts - vier Koffer im Taxi zu verstauen suchen, wehrt der Fahrer ab und verlangt, das nächstwartende Fahrzeug mit dem Gepäck zu beladen. Die junge Chinesin protestiert. "Misch dich da nicht ein!" zischelt der Fahrer. - "Und ob ich mich einmische!" - "LaoWai hat's doch." - "Es gibt Europäer, die's nicht haben", argumentiert die Frau. "Manche kommen, du wirst staunen, weil sie ohne China nicht leben wollen, dieser hier, zum Beispiel. Aber reich ist er nicht!" - "Woher weißt du das?" - "Es ist mein Mann." - "Ach so, 'ne leere Flasche", brummt der Fahrer.

(1995)

Geschichten vom LaoWai

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