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DIE ALTE KIRCHE

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sollte man sich aber unbedingt anschauen, bevor man Biesenbrow verlässt. An vielen Stellen dieses beeindruckenden Feldsteinbaus wird sichtbar, wie ihm wechselnde Moden und Interessen, vielleicht auch Kriegszeiten und andere Schicksalsschläge, immer wieder ein neues Gesicht verliehen. Das Haupthaus aus Feldsteinen sieht frühgotisch aus; ich schätze, dass es vom Anfang des 14. Jahrhunderts stammt. Der Turm samt Abschluss dürfte nach dem Dreißigjährigen Krieg dazugekommen sein, und so, wie die Kirche sich heute darstellt, hat man vor 150 oder 200 Jahren noch einmal ordentlich Hand an den Bau gelegt. Der Dachstuhl ist recht modern. Es ist auf jeden Fall ein stolzes, würdevolles Gotteshaus. Bei passender Gelegenheit werde ich mich in Ruhe in die Gotik vertiefen. Gotik gefällt mir. Ich komme wieder. Garantiert.


Elias fängt über all meinen kulturhistorischen Betrachtungen an zu naschen, mir selber ist nach Espresso, und als wir wenige Meter hinter der Kirche rechts auf die alte Trasse der Kreisbahn einschwenken, nehme ich dem Esel die Taschen ab, setze mich auf eine Bank und koche erstmal Kaffee. Dieser Instant-Espresso mit einem großen Klecks gezuckerter Kondensmilch … gefällt mir auch. Eilig haben wir es heute nicht. Möhre?

Ach, der Herr bedient sich selber? Elias hat die Möhren auf dem Tisch erschnuppert und spitzt die Lippen. Mach! Das sieht so komisch aus. Das will ich mir anschauen.


Vor uns liegt ein zauberhafter Weg auf dem alten Bahndamm der 1905 in Betrieb genommenen Kreisbahn. Ich weiß nicht genau, wie sich die ganze Strecke zusammensetzte, doch mit Stettin auf der einen und Prenzlau auf der anderen Seite verband die Bahnstrecke zahlreiche Orte der Uckermark: Gramzow, Golm, Biesenbrow und Schönermark, um nur einige zu nennen. Wenn ich es richtig weiß, fuhren hier Züge bis Ende der 1970er-Jahre. Heute überwuchern Büsche und Bäume die alten Gleise, nur hier und da schauen alte Schwellen aus dem Boden hervor. Die Zeit hat der Natur in die Hände gespielt, und längst haben sich Tiere und Pflanzen die Orte des Zugverkehrs zurückgeholt. Komm du lieber Esel, ich will mich bewegen.

Ich lege Elias den Führstrick über den Rücken, stecke den Regenschirm griffbereit in eine der Taschen – es sieht verdammt nach Regen aus –, schiebe den Esel einmal liebevoll an, und schon geht es los. Romantik auf Schritt und Tritt. Stellenweise gehen wir unter einem Dach aus Blättern und sind dabei ganz für uns allein. Hier und da ein paar weit entfernte Geräusche. Singt da ein Sprosser? Die Nachtigall des Nordostens. Früher haben mich Vogelstimmen nie interessiert. Ich fand die thematischen Führungen im Tierpark Berlin so schrecklich langweilig wie die Schallplatte mit den Vogelstimmen. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, dass Prof. Heinrich Dathe oder Dr. Wolfgang Grummt, beides ausgewiesene Experten in Sachen Ornithologie, manchmal hinter Bäumen und Büschen verschwanden (natürlich nur, um einen Piepmatz zu suchen) und dann urplötzlich ein Vogel pfiff, der vorher weder zu sehen noch zu hören gewesen war.

Manchmal raschelt es im Gebüsch und Elias spitzt die Ohren. Alles keine Gründe um stehen zu bleiben. Was bei einem Esel was heißen soll. Brav läuft Elias vor mir her, und naschen darf er, so viel er will. Wir haben uns auf einen guten Wanderrhythmus geeinigt: Er geht drei, vier Meter vor mir her und hat damit genügend Zeit, hier und da ordentlich etwas abzubeißen. Hole ich ihn ein, wird er angeschoben.


Wobei ich den Eindruck habe, dass er manchmal absichtlich trödelt. Er mag es, wenn ich ihn von hinten umarme und ordentlich drücke. Komm! Beweg deinen Hintern. Flott sind wir unterwegs. Nach einer guten Stunde erreichen wir eine Landstraße (die L 285), und erst hier übernehme ich wieder die Führung. In Ziethemühle überqueren wir einen beschrankten Bahnübergang, halten uns dahinter rechts und folgen dem Weg in Richtung Frauenhagen. Legen nach zwei Stunden eine größere Pause ein. Hier entsteht auch das Bild von Elias im Wartehäuschen. Mein Esel wartet auf den Bus.

Tausche Alltag gegen Alpaka

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