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Von Krisen zu den Regimewechseln in Osteuropa

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Einige staatssozialistische Länder versuchten in den 1970er-Jahren Wachstum und Technologietransfer durch die Aufnahme von ausländischem Kapital zu fördern. Nach Jugoslawien ließen auch Rumänien (1971), Ungarn (1972), Polen (1976) und Bulgarien (1980) Joint-Venture-Betriebe mit ausländischer Kapitalbeteiligung zu. Einige Staaten verschuldeten sich mit hohen Beträgen bei westlichen Kreditgebern. Die Produktionssteigerungen durch Technologieimport blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück. Selbst das Konsumniveau konnte in einigen Ländern nur durch Importe und Westkredite gehalten werden, Außenhandelsdefizite und Schuldenkrisen waren die Folgen. Ende der 1980er-Jahre trat deutlich zutage, dass weder Marktreformen im Stil Jugoslawiens und Ungarns, noch ein Festhalten am Modell der zentralistischen Planwirtschaft wie in der DDR wirtschaftliche Stagnation und Niedergang verhindern konnten. Am Ende glaubten selbst große Teile der Parteieliten nicht mehr an die Überlegenheit des eigenen politischen Systems und seiner Legitimation in der Bevölkerung. In Polen, Ungarn und in der DDR handelten die Regierungen am runden Tisch mit Delegierten der Oppositionsbewegungen einen friedlichen Regimewechsel aus. Es folgte die Einführung des Kapitalismus und eine Welle von Privatisierungen. Sozialismen aller Varianten schienen diskreditiert.

Der Sinneswandel zeigte sich auch besonders deutlich bei Ökonomen wie dem Ungarn János Kornai. Er entwickelte sich in den 1950er-Jahren vom Marxisten zum Kritiker der zentralistischen Planwirtschaft und schließlich in den 1980ern zum Wirtschaftsliberalen. In seinem Standwerk zur Ökonomie des Kommunismus aus dem Jahr 1992 argumentiert er, dass die Lockerung der zentralen Planvorgaben im Rahmen des ungarischen „Marktsozialismus“ nicht zu echter marktwirtschaftlicher Konkurrenz und ökonomischer Disziplin der Betriebe geführt habe, da sie weiterhin keine Konkurse fürchten mussten. Sie wirtschafteten weiter mit einem „weichen Budget“. Die Betriebsleitungen würden sich daher nicht wie private Unternehmen verhalten, sondern wie Teile der Staatsbürokratie. Da Massenentlassungen nicht möglich seien, versuchten sie weiterhin, die Belegschaft mit paternalistischen Maßnahmen zufriedenzustellen. Diese Mentalitäten könnten nur durch eine radikale Privatisierung und vollständige Durchsetzung des Marktes gebrochen werden.25

Eine Schocktherapie wurde Anfang der 1990er-Jahre von Teilen der politischen Eliten Osteuropas als einzige Möglichkeit einer „Heilung“ vom System der zentralistischen Planwirtschaft und des Marktsozialismus gesehen. Marktradikalismus war keinesfalls nur ein Westimport.26

Marktsozialismus

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