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1. Die Probleme der Zeit
ОглавлениеFolge der sullanischen Restauration
Die 15 Jahre nach Sullas Tod waren Schicksalsjahre der Römischen Republik: Eine nicht enden wollende Kette von Aufständen und Unruhen in Italien und den Provinzen führte an den Abgrund. Sullas Reformen waren offenkundig nicht geeignet, die Krise zu beheben. Ein Teil der Unruhen erwuchs aus den Proscriptionen, denn viele Enteignete nutzten Sullas Tod, um ihren Besitz wiederzuerlangen, und die Familienangehörigen der Geächteten und Getöteten kämpften mit allen Mitteln um die Wiederherstellung ihrer Reputation. Unter den angesiedelten Veteranen wiederum war der Wunsch nach neuen Feldzügen stärker verbreitet, als dem beschaulichen Bauernleben nachzugehen. Aus beiden Gruppen schlossen sich Unzufriedene zusammen, die bedrohlich ihre Forderungen erhoben. Die physische Vernichtung der Popularen war außerdem nicht vollständig erfolgt, und die Überlebenden waren verbittert mit teilweise hochverräterischen Konsequenzen. Zu allem Überfluss wirkte das Vorbild Sullas selbst destabilisierend. Er war zur Durchsetzung seiner Ziele auf Rom marschiert und hatte sich durch Einsatz militärischer Mittel seine Machtposition in der Hauptstadt erobert. Nachahmer regten sich. Zu diesen gehörten zwei der wichtigsten Politiker der nachsullanischen Ära, Gnaeus Pompeius und Marcus Licinius Crassus. Beide profitierten in ganz unterschiedlicher Weise von Sulla, doch eines hatten sie gemeinsam: Sie absolvierten ihre politische Karriere an der Verfassung und der vorgeschriebenen Ämterlaufbahn vorbei; beide als Heerführer, der eine zusätzlich als Organisator, der andere vor allem als Großbankier.
Im Grunde freilich lagen Pompeius und Crassus im Trend der Zeit. Schon Sulla selbst hatte die Verfassung ganz eigenwillig geändert. So wurde von Anfang an lebhaft diskutiert, wie man diese Änderungen rückgängig machen könnte. Volkstribunat und Volksversammlung hatten jenseits aller tagespolitischen Kontroversen in der postgracchischen Zeit so sehr an Bedeutung gewonnen, dass die Beschneidung ihrer Kompetenzen und ihres Ansehens nicht einfach hingenommen werden konnte. Die zahlreichen und in ihren Abläufen ritualisierten Volksversammlungen vermittelten das Gefühl einer Zusammengehörigkeit der römischen Bürger und waren ein Instrument der Kommunikation mit den politisch Mächtigen. Diese Funktionen hingen jedoch eng mit ihrer gewichtigen Stellung neben Senat und Magistratur zusammen. Daher erscholl der Ruf nach Aufhebung der sullanischen Beschränkungen von Volkstribunat und Volksversammlung immer lauter, weil diese Institutionen die Beteiligung des Volkes an der Verfassung in besonderer Weise zum Ausdruck brachten. Der Ruf nach Wiedereinführung der Zensur ertönte dagegen weit weniger eindringlich vernehmbar; dieses altrepublikanische Amt – es war 443 v. Chr. zur Entlastung der Konsuln eingeführt worden – war obsolet geworden und fand daher keine Fürsprecher.
Außenpolitik
Außenpolitisch war Rom durch Sulla praktisch handlungsunfähig gemacht worden, jedenfalls in den Fällen, in denen sich die Gegner nicht an die vorgegebenen Provinzsprengel hielten. Für die drängendsten Aufgaben, die Seeräuberbedrohung und den Mithridates-Krieg, musste schnelle und wirkungsvolle Abhilfe geschaffen werden. Man griff dabei auf die außerordentlichen Imperien (imperia extraordinaria) zurück, die weit in die Zukunft reichende Konsequenzen haben sollten. Bei der Lösung all dieser Probleme profilierte sich maßgeblich jener junge und unerfahrene, aber ungeheuer selbstbewusste und eigenwillige Mann aus Picenum, der Sulla im Jahre 82 in der Schlacht am Collinischen Tor zu Rom geholfen hatte: Gnaeus Pompeius.