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7. Pompeius und die Neuordnung des Ostens

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Vorgehen gegen die Seeräuber

Der Seeräuberkrieg des Pompeius beeindruckte schon die Zeitgenossen wegen seiner Systematik, die in der Tat eine neue Dimension der Kriegführung eröffnete. Logistik und die praktische Durchführung der Operationen stellen teilweise auch heute noch die moderne Forschung vor ein Rätsel. Das Meer wurde wie ein Territorium vermessen und auf die Unterfeldherren aufgeteilt (Plutarch, Pompeius 26, 5; Appian, Mithridateios 434ff.). Unsere Quellen heben insbesondere die Schnelligkeit, die Koordination der Einzeloperationen und die Gleichzeitigkeit der Aktionen hervor. Pompeius selbst sorgte zunächst für die Sicherung der Getreideversorgung Italiens (Plutarch, Pompeius 27), denn gerade auf diesem Sektor lag durch die Seeräuber vieles im Argen. Allein schon die Ankündigung der Operationen brachte eine spürbare Verbesserung und ließ gleichsam die Aktienkurse steigen (Cicero, De imperio Cn. Pompei 44; Plutarch, Pompeius 26; 27). Die Verbündeten wurden massiv an den Operationen beteiligt, denn Rom baute keine eigene Flotte, sondern griff auf Schiffe meereskundiger socii zurück. Wer die Seeräuber unterstützte, wurde ebenfalls kriminalisiert. So wurde die Gefahr in atemberaubender Schnelligkeit – insgesamt brauchte Pompeius nicht mehr als drei Monate zur Beendigung des Krieges – in Kilikien, dem Stammland der Piraten, sowie im gesamten Mittelmeerraum beseitigt.

Ebenso wie die Kriegsorganisation preisen unsere Quellen auch die politische Lösung des Problems als weitsichtig, und die moderne Forschung hat sich diesem Urteil angeschlossen. Pompeius war bestrebt, die Piraten, soweit sie dazu bereit waren, zu integrieren. Die von ihnen gefangenen Personen wurden befreit, 846 Schiffe wurden versenkt, 20 000 Seeräuber fielen in römische Hand. Die meisten von ihnen siedelte Pompeius in verödeten oder zerstörten Städten an, viele in Kilikien selbst, einige auch in Süditalien. Sie mutierten damit zu einer mächtigen und ständig einsatzbereiten Klientel des Pompeius, der sich in der Folgezeit auf ihre Unterstützung verlassen konnte. Schließlich wussten sie als ehemalige Außenseiter, dass ihre Existenz von ihrem Patron abhing. Für diese Behandlung des Feindes, die nicht wie üblich in Abschreckung und Bestrafung bestand, erntete Pompeius aus der Hauptstadt auch Kritik (Plutarch, Pompeius 29, 1). Doch im Osten des Reiches strahlte sein Ruhm seit dieser Zeit über Kilikiens Grenzen hinaus, denn Pompeius sorgte auch dafür – anders als sein Lehrmeister Sulla –, dass seine Soldaten sich nichts zuschulden kommen ließen; erhaltene Inschriften aus griechischen Städten künden von der kultischen Verehrung, die Pompeius dort zuteil wurde. Diese Verehrung war sicher echt, denn im Bürgerkrieg mit Caesar konnte Pompeius sich auf die östliche Reichshälfte als seine Rekrutierungsbasis verlassen. Allerdings geriet Pompeius mit einem Römer, Quintus Caecilius Metellus Creticus, der seit 69 auf Kreta für Ordnung sorgen sollte, in einen Konflikt über seine politischen Grundsätze. Metellus war ein typischer Repräsentant der Republik und akzeptierte den neuen Tonfall im Umgang mit den Piraten nicht, den Pompeius jetzt auch von ihm forderte (Plutarch, Pompeius 29). Vom Senat unterstützt konnte sich Metellus immerhin die Provinzialisierung Kretas anrechnen lassen. In dieser Episode verdichtet sich das Spannungsverhältnis zwischen dem Agieren nach republikanischen Maßstäben, wofür Metellus stand, und einer effektiven Reichspolitik, wie sie Pompeius betrieb.

Taktik im Krieg gegen Mithridates

Noch deutlicher zeigte sich der frische Wind, den Pompeius in die römische (Reichs-)Politik einbrachte, im und nach dem Mithridates-Krieg, den er seit 66 im Auftrag Roms zu führen hatte. Dem Krieg selbst ging eine umfassende Sicherungspolitik voraus: Zunächst versicherte sich Pompeius auf einer Konferenz der Unterstützung der verbündeten Könige und Fürsten (reges et socii), dann nahm er Verbindung mit dem Partherkönig Phraates III. auf (cum rege Parthorum Phraate amicitiam renovavit, „mit dem Partherkönig Phraates erneuerte er die Freundschaft“: Livius, Ab urbe condita librorum periochae 100), ließ die gesamte phönikische und asiatische Küstenregion durch seine Flotte überwachen und schloss Frieden mit dem Mithridates-Sohn Machares auf der Krim. All das setzte von Anfang an Mithridates so sehr unter Druck, dass dieser sogleich den Verhandlungsweg beschritt. Darauf ließ sich Pompeius aber nach den Erfahrungen mit dem sullanischen Frieden von Dardanos nicht ein (Appian, Mithridateios 451 f.) Von Kilikien über Kappadokien kommend, traf sich der neue Feldherr des Krieges zunächst in Danala in Galatien mit dem alten und jetzt entmachteten Lucullus, der begreiflicherweise über das Vorgehen seines Nachfolgers nicht erfreut war und sich um die Früchte seiner nunmehr achtjährigen Kriegführung geprellt fühlte. In der antiken und ihr folgend auch der modernen Literatur findet man oft die Charakteristik der ersten pompeianischen Entscheidungen als bewusst anti-lucullisch, ohne deren sachliche Begründungen in Erwägung zu ziehen. Pompeius führte den Krieg jedoch in Wirklichkeit nur konsequenter und überlegter als sein Vorgänger. Lucullus hatte ja Mithridates gerade nicht entscheidend schwächen können. Appian spricht von 30 000 Fußtruppen und 3000 Reitern, die Mithridates mobilisieren konnte; moderne Berechnungen gehen von ca. 48 000 Mann auf Seiten des Pompeius aus. Noch 66 wurde Mithridates im Pontus-Gebiet besiegt, und er musste fliehen, zunächst nach Kolchis am Ostrand des Schwarzen Meeres und dann auf die Krim, wo er den Krieg neu zu organisieren hoffte. Pompeius verfolgte den König nicht, sondern versuchte in erster Linie, seine Zufluchtsmöglichkeiten zu beseitigen. So wandte er sich gegen den armenischen König Tigranes und dessen Hauptstadt Artaxata. Es gelang ihm, Tigranes zu isolieren und durch kalkulierte Milde auf seine Seite zu ziehen. Der König durfte sein Reich behalten, wenn er auch hinzugewonnene Gebiete abtreten und eine Kriegsentschädigung von 36 Millionen Denaren bezahlen musste. Diese Entwicklung hatte der Monarch nicht erwartet, sodass er zusätzliche „Geschenke“ an die Soldaten des Pompeius in beachtlicher Höhe auszahlte.

Der Feldzug gegen Mithridates selbst wurde von Pompeius zwangsläufig auf das nächste Jahr verschoben. Inzwischen trug sich der Geflohene mit neuen Plänen. Er wollte von der Krim aus über den Balkan den Römern in Italien selbst wie ein zweiter Hannibal zusetzen. Pompeius dagegen bot sich die Möglichkeit der Alexander-Imitatio, ja sogar die einzigartige Chance, über Alexander den Großen noch hinaus zu gelangen. Das nächste Ziel seiner Operationen waren nämlich die Kaukasus-Stämme der Kolcher, Albaner und Iberer, um den Rücken für eine eventuelle Verfolgung des Mithridates frei zu haben. Doch im Grunde war Mithridates bereits vollständig ausgeschaltet, darum musste die Verfolgung nicht um jeden Preis und in aller Eile vorgenommen werden. Der Aktionsradius des Königs war so eng gezogen, dass an eine Realisierung seiner phantastischen Pläne gar nicht zu denken war. Lucullus und manche Senatoren mochten das schadenfroh als Misserfolg des Pompeius auslegen, aber die Aktionen im Kaukasus, von denen der „Haushistoriker“ des Generals, ein Grieche namens Theophanes, wahre Wundergeschichten berichtete, sollten die Neider verstummen lassen. Pompeius gelangte bis zum Kaspischen Meer über Regionen, die selbst Alexander nicht betreten hatte; doch anders als sein Vorbild beendete er den Vormarsch, als er erkannt hatte, dass sein Heer von Skorpionenstichen zusehends geplagt wurde und von den Strapazen geschwächt war; er führte es nach Kleinarmenien zurück.

Situation im Osten

Auf dem Rückweg war zum ersten Mal Zeit, sich über die Neuordnung der gesamten Region östlich und südlich der Provinz Asia Gedanken zu machen. Mithridates war besiegt, doch wie sollten die befreiten Gebiete behandelt werden? Wie sollten die Beziehungen zu Tigranes, vor allem aber zum Partherreich gestaltet werden? Und weiter: Zerfahren und instabil waren die Verhältnisse ja nicht nur im östlichen Kleinasien, sondern überall in der ehemals hellenistisch beherrschten Welt. Das Ptolemäerreich war viel zu schwach, um über Ägypten hinaus zu greifen; es war ohnehin schon in den Status eines römischen Klientelstaates herabgesunken, in dem die Römer nach Belieben schalten und walten konnten. Das Seleukidenreich war innerlich so zerstritten, dass es überhaupt keine Perspektive auf Stabilisierung mehr hatte. Der jüdisch-hasmonäische Staat um Jerusalem war im Innern heillos gespalten. Die römische Macht dagegen war omnipräsent, lange bevor Pompeius kam. Doch die republikanische Ordnung scheute sich, die direkte Herrschaft zu übernehmen, obwohl das Konzept indirekter Beherrschung seit 146, seit der Zerstörung Karthagos und Korinths durch Rom, einen Dämpfer bekommen hatte.

Über die Regelungen in Judäa durch Pompeius sind wir durch den jüdischen Historiker des 1. Jahrhunderts n. Chr., Flavius Josephus, sehr gut unterrichtet. Sein Bericht zeigt, dass eine Neuordnung überfällig war und auf Pompeius in Judäa geradezu gewartet wurde. Dieser ließ sich jedoch Zeit. Vor allem erkundete er zunächst die Verhältnisse akribisch. Nach Syrien hatte er schon 66 Demetrius aus Gadara geschickt, nach Damaskus seinen Quaestor Marcus Aemilius Scaurus, der sich über die politischen Zustände in Judäa und die Ansprüche des Nabatäerkönigs Aretas III. unterrichten sollte; Pompeius wollte erkennbar nichts dem Zufall überlassen.

Regelung in Kleinasien

Unterdessen befasste sich Pompeius selbst im Winter 65/Frühjahr 64 mit der Regelung der Verhältnisse in Kleinasien (Appian, Mithridateios 556 f.). Dabei übergab ihm Stratonike, die Lieblingsfrau des Mithridates, die Burg Sinhoria mit ihren geheimnisvollen unterirdischen Schätzen; weitere Reichtümer und ein pikantes Geheimarchiv konnten gesichert werden. Wie sehr Pompeius den Krieg zu diesem Zeitpunkt als beendet ansah, kann man darüber hinaus an seinen Städtegründungen in der Region ersehen, von denen besonders Nikopolis zu nennen ist, die „Siegesstadt“ an der Stelle, wo Mithridates von ihm besiegt worden war. Städte des hellenistisch-römischen Typs waren ein probates Herrschaftsmittel, weil in ihnen Kolonisten und Wachpersonal angesiedelt werden konnten und sie über die Institutionen verfügten, die man auch zur Kontrolle und steuerlichen Veranlagung des Umlandes benötigte. Während dieser Phase regelte er des Weiteren die Ansprüche der verbündeten Fürsten und Könige, die als eine Art Schutzschild um die Provinzen herum Kontrollfunktionen für Rom übernahmen und als Gegenleistung dafür territoriale Gewinne, sonstige Privilegien und eine Garantieerklärung ihrer innenpolitischen Stellung erhielten.

Vorgehen in Syrien und Judäa

Im Frühjahr 64 machte sich Pompeius auf nach Syrien und begann nun, die verworrenen Angelegenheiten des alten Seleukidenreiches zu ordnen. Er hielt dieses für so chaotisch und irreparabel, dass er es auflöste und Syrien zur römischen Provinz machte. Ein weiteres und noch dazu das territorial größte Nachfolgereich Alexanders des Großen hörte damit nach etwa 250 Jahren seines Bestehens auf zu existieren. Für Judäa hatte er eine andere Lösung als die Überführung in den Provinzialstatus bereit, da er die jüdische Religion für ein stabilisierendes Element hielt. Die Grundlage seiner Planung bildete die in der Antike verbreitete Vorstellung, dass Juden sehr gottesfürchtig seien. Wer so an seiner Religion festhielt, der musste über eine Unterstützung dieser Religion auch beherrschbar sein. Er eroberte Jerusalem und beschränkte Judäa fortan auf das jüdische Stammland ohne die hinzugewonnenen hasmonäischen Eroberungen. Damit kam er den Wünschen der umliegenden griechischen Poleis entgegen, die sich mit der Hasmonäerherrschaft nicht hatten anfreunden können.

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Die Hasmonäer

Die Hasmonäer herrschten unabhängig in Jerusalem von 140 – 63. Zunächst fungierten sie als Hohepriester, seit Aristobul I. (103 / 2) traten sie als Könige auf. Außenpolitisch nutzten sie die Schwäche der hellenistischen Reiche und eroberten allmählich immer mehr an Judäa angrenzende Gebiete hinzu. König Alexander Jannaeus (102 – 76) regierte ein Reich, das fast so groß war wie das biblische Reich Davids und Salomons im 10. Jahrhundert v. Chr.; seine Frau und Nachfolgerin Alexandra Salome (76 – 67) konnte dieses Reich erhalten. Doch ihre Söhne Aristobul II. und Johannes Hyrkan II. waren so zerstritten, dass sie den Römern das Eingreifen leicht machten. Insbesondere die phönizischen und griechischen Städte waren unzufrieden mit der hasmonäischen Herrschaft.

Ende des Mithridates-Krieges

Wie erwartet braute sich angesichts dieser Entwicklung alles gegen Mithridates zusammen. Ohne dass Pompeius direkt eingreifen musste, empörten sich die Mithridates noch verbliebenen Städte, seine Soldaten, schließlich sogar seine engste Umgebung mit seinem Sohn an der Spitze, sodass er sich von einem keltischen Soldaten den Tod geben ließ. Die abwartende, aber sehr konsequente Politik der Isolierung seines Gegners hatte Pompeius letztlich Recht gegeben.

Den Abschluss des Mithridates-Projektes bildete die Belohnung der Soldaten durch Pompeius. Die Zahlung erfolgte im Frühjahr 62. 25 Millionen Denare – 1 Million für jeden Einzelnen! – wurden an die Unterfeldherren und Quaestoren verteilt. Jeder einfache Soldat erhielt 1500 Denare, die Offiziere erheblich mehr, zwischen 30 000 und 180 000 Denare. Dann ließ er sich im Osten gebührend feiern. Der Griechen und Römer gleichermaßen lähmende Druck des pontischen Königs war endlich fortgenommen; schon längst hatte dieser die Maske des Befreiers vom römischen Joch, als der er sich lange Zeit gebrüstet hatte, mit grausamen Bestrafungsaktionen gegen Abtrünnige und Zaudernde abgelegt.

Ehrungen und Danksagungen

In Mytilene, der Heimatstadt seines Hofhistorikers Theophanes, konnte sich Pompeius die Anregungen für das wenig später in Rom gebaute Pompeius-Theater holen. Die Dichter der Griechenstädte wetteiferten in ihren Lobeshymnen und Stücken, die die Taten des Römers verherrlichten; Räte und Ekklesien berieten unaufhörlich über neue Ehrungen und Danksagungen. Einige inschriftliche Zeugnisse sind erhalten geblieben, so die Huldigungen von Samos, Milet, Miletopolis. Der auf Pompeius angewandte hellenistische Begriff „Wohltäter“ (Euergetes) erhielt eine neue Dimension. Auf Rhodos traf er Poseidonios, den berühmten Historiker und Philosophen, der es nun gleichfalls wie Theophanes unternahm, eine Weltgeschichte zu verfassen, in der Pompeius gebührend berücksichtigt wurde. Davon ist nichts erhalten außer einem Fragment seines Kapitels über den Hasmonäerstaat, der ja von Pompeius, wenn auch verkleinert, bewahrt worden war.

Struktur des Römischen Reiches

Doch wenden wir uns nun der wohl bedeutendsten Leistung des Pompeius überhaupt zu: der Neuordnung des Ostens. Das Römische Reich war bis zu diesem Zeitpunkt alles andere als eine Einheit, vielmehr bestand es aus einem Konglomerat unterschiedlichster Bindungen an die Hauptstadt Rom, an deren wichtigste Familien und an die staatlichen Institutionen. An die abstrakte Idee einer Reichseinheit hatte man in der Zeit der Klassischen Republik keinerlei Gedanken verschwendet. Das Reich war in der Vorstellung der Aristokraten wenig mehr als eine Art Steinbruch für die Karrierekosten römischer Politiker. Wer Statthalter wurde, hatte es finanziell geschafft; unter diesem Gesichtspunkt schacherte man sich auch gegenseitig die Provinzen zu, in der Hoffnung, irgendwann auch selbst einmal an der Reihe zu sein. Reichsverwaltung hieß unter dieser Voraussetzung: Auspressung der Untertanen, Kunstraub in öffentlichen und privaten Gebäuden, Bestechungen; die Quellen, die das belegen, sind Legion. Antirömische Stimmungen in den Provinzen waren deshalb ein Nährboden für geschickte Gegner Roms. Diese konnten mit dem weit verbreiteten Hass auf Rom rechnen.

Das war der Zustand, den Pompeius vorfand, und seine historische Bedeutung liegt darin, dass er ihn von Grund auf veränderte. Seiner Neuordnung lag zum ersten Mal eine neue Idee zugrunde: Der gesamte von Pompeius organisierte Raum (das war Kleinasien und das syrische Gebiet bis Ägypten im Süden und Mesopotamien im Osten) erschien als eine Einheit, deren personale Mitte Pompeius selbst darstellte. Fünf Punkte erscheinen mir für seine Neuordnung konstitutiv:

Zweiteilung der Provinzen und Klientelstaaten

1. Der Herrschaftsraum wurde aufs Ganze gesehen zweigeteilt und wies innerhalb dieser beiden Teile wiederum eine ausgefeilte Differenzierung vor. Provinzen mit römischen Statthaltern an der Spitze bildeten den inneren Kern. Es waren dies: Asia im Westen, die Doppelprovinz Bithynia und Pontos im Norden am Schwarzen Meer, das vergrößerte Kilikien in der heutigen Südtürkei und schließlich Syria. Wie ein Keil zwischen die Provinzen gehauen und um sie herum angeordnet waren abhängige Staaten mit Fürsten und Königen an der Spitze, die ihre Stellung Pompeius allein verdankten. Das waren viele, zum Beispiel das Reich des Deiotaros von Galatien, dessen propompeianische Haltung ihn später in einen Gegensatz zu Caesar bringen sollte, dann Kappadokien, Lykien, Kommagene, Armenien, Osrhoene, Judäa. Die Entscheidung über die Frage, ob eine Region als Provinz oder als Klientelstaat einzurichten war, hatte sich Pompeius nicht leicht gemacht, wie wir aus den Quellen wissen. Sie hing von dem jeweiligen Verhältnis zu Rom, von der geographischen Lage, von der Regierbarkeit ab. So hatte er zum Beispiel überhaupt kein Vertrauen in die seleukidische Regierungsfähigkeit, weshalb er hier dem Provinzialstatus der klientelstaatlichen Organisation den Vorzug gab. Pompeius vertiefte sich ausgiebig in die regionalen Probleme und kooperierte intensiv mit den lokalen Instanzen. Die Zweiteilung in Provinzen und Klientelstaaten war an sich nicht neu, wurde aber von Pompeius systematisiert und eng mit dem römischen Reichsinteresse verknüpft.

Provinzialordnung

2. Die Provinzen wurden mit einer Provinzialordnung, der lex Pompeia bedacht. Diese war so durchdacht, dass sie noch in der Hohen Kaiserzeit Geltung besaß. Die Provinzen wurden jeweils in Regionen unterteilt, die Städte wurden systematisch als Grundlage der Verwaltung gestärkt und ausgebaut; viele wurden gegründet beziehungsweise neu gegründet. In Bithynien zum Beispiel kamen zu den bisherigen fünf Städten Herakleia, Amastris, Sinope, Amisos und Amaseia sechs neue dazu: Neapolis, Pompeiopolis, Magnopolis, Diospolis, Megalopolis und Zela. Die Namen dieser Städte kündeten von dem Ruhm des Gründers, denn zumeist enthielten sie den Geschlechts- oder den Beinamen („der Große“ in lateinischer Form magnus oder griechischer Form megas).

Pompeius als personale Mitte

3. Pompeius selbst wurde die patronale Mitte des gesamten römischen Ostens. Damit war eine neue verwaltungspolitische Dimension erreicht, die nur noch durch die Unterstellung des Gesamtreiches unter einen „Vater des Vaterlandes“ (pater patriae) gesteigert werden konnte. Die Gemeinden und Menschen des hellenistischen Ostens begrüßten es, dass nun ein Ansprechpartner für ihre eigenen Sorgen und Nöte da war, der sich um sie kümmerte und vor behördlicher Willkür schützen konnte. Institutionen wie der römische Senat konnten mit der ihnen allein durch ihre zahlenmäßige Größe eigenen Unbeweglichkeit und all den innen- und standespolitischen Rücksichten Herrschaftsaufgaben viel weniger effektiv wahrnehmen als ein Einzelner. Wie sehr Pompeius mit der Reorganisation der römischen Herrschaft den Nerv der Zeit im Osten getroffen hatte, zeigte sich, wie schon erwähnt, im Bürgerkrieg gegen Caesar. Der hellenistische Osten war für ihn ein Pfund, mit dem er wuchern konnte.

Patronale Fürsorge

4. Die römische Herrschaft wurde grundsätzlich vor allem dadurch verändert und intensiviert, dass zu den traditionellen sicherheits- und finanzpolitischen Aspekten der Oberhoheit ein neuer Aspekt hinzutrat: die patronale Fürsorge für die Untertanen. Um diese effektiv umsetzen zu können, musste sich einiges ändern: Die Kommunikationsformen zwischen Herrscher und Beherrschten wurden ausgebaut, damit provinziale Ansprüche gegen römische Statthalter, Steuerpächter oder lokale Eliten überprüft, entschieden und durchgesetzt werden konnten. Die Folge war ein für antike Verhältnisse großzügiger Ausbau eines bürokratischen Apparates, für den wieder Städte die Grundlagen bereitstellten. Selbstverständlich dürfen wir auf diesen Ausbau (noch) nicht neuzeitliche Staats- und Regierungsvorstellungen übertragen, aber gemessen an dem, was vorher war, stellte die herrschaftliche Durchdringung der Untertanengebiete durch Rom etwas noch nie Dagewesenes vor. Moderne Darstellungen gehen oftmals bei ihrer Beschreibung des römischen Verwaltungssystems zu stark von moderner europäischer Staatlichkeit aus und berücksichtigen nicht, dass die Welt noch nie ein Reich gesehen hatte, dass den römischen vergleichbare Herrschaftsstrukturen aufwies. Die patronale Fürsorge brachte es zudem auch mit sich, dass das ausbeuterische Steuerpachtsystem der publicani zugunsten der Steuerpflichtigen modifiziert wurde. Mit der Neuordnung des Pompeius verbreitete sich das römische Recht auch in entlegene Reichsteile.

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Das römische Recht

Das römische Recht ist neben griechischer Kultur und christlicher Religion das bedeutendste Erbe der Antike für die Gegenwart. Seine wichtigste Quelle war das so genannte Zwölf-Tafel-Gesetz aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Dieses war als schriftliche Niederlegung der bis dahin gültigen Regeln auf zwölf Bronzetafeln ein Ergebnis der Ständekämpfe zwischen Patriziern und Plebejern und galt fortan als „Quelle allen öffentlichen und privaten Rechts“ (fons omnis publici privatique iuris: Livius 3, 34, 6). Die Ausweitung des römischen Staatsgebietes insbesondere in den beiden letzten Jahrhunderten der Republik hatte maßgeblichen Einfluss auf die Ausbildung des römischen Rechts. Neben das für römische Bürger geltende „Stadtrecht“ (ius civile) trat das „Völkerrecht“ (ius gentium) für den Verkehr mit den Nachbarn. Mit dieser originellen Schöpfung war das Instrumentarium für eine allmähliche Durchdringung auch der Rechtsordnungen der beherrschten Regionen gegeben. Auch das ius gentium blieb der Struktur nach immer römisches Recht. Obwohl römische Herrschaftsübernahme nie bedeutete, dass das jeweils vorgefundene indigene Rechtssystem abgeschafft wurde, so orientierte man sich zweifellos immer stärker am römischen Recht. Den entscheidenden Impuls dazu dürfte das „Amtsrecht“ (ius honorarium) gegeben haben. Dessen Entwicklung gehörte zu den Befugnissen der Jurisdiktionsmagistrate (Praetor, Aedil). Die Prinzipien seiner Rechtsprechung legte auch der jeweilige Statthalter, zunächst also der Praetor, dann der Promagistrat, in einer lex provinciae („Gesetz für die Provinz“) fest. Damit hielt das römische Recht als Streitschlichtungs- und Rechtsprechungsgrundlage Einzug in die beherrschten Regionen und wurde eine wesentliche Grundlage der Romanisierung.

Rom als Rechtsstaat

5. Die Grundlage der Beziehungen zwischen Pompeius/Rom und den Provinzen/Klientelfürsten war nach der bis dahin gültigen Rechtslage hin ausgerichtet, sodass Rom in die Rolle eines Rechtsstaates mit einer entsprechend kontrollierbaren Verwaltung seiner Provinzen hineinwuchs. Detailliert nachlesen kann man das Vorgehen des Pompeius – also seine sehr ausführliche vorherige Information über die Verhältnisse vor Ort bis hin zu einer an den regionalen Rechtssystemen orientierten Entscheidung – bei Flavius Josephus, der in seinen beiden Werken über die „Jüdischen Altertümer“ und den „Jüdischen Krieg“ in großem Umfang über Pompeius in Judäa berichtet.

Illegitimität der Neuordnung

Das also war die Neuordnung des römischen Ostens und die hinter ihr stehenden Grundsätze. Doch es gab ein für Pompeius äußerst missliches Problem: Sie war nicht legitimiert, solange der römische Senat als die außen- und herrschaftspolitisch entscheidende Institution sie nicht formell abgesegnet hatte. Pompeius war also in einer Zwickmühle: Als Reichsklientel stand hinter ihm der gesamte Osten – an sie fühlte er sich nach traditionellem römischem Verständnis als Patron gebunden. Die Senatsbestätigung musste also erfolgen. Er hätte sie, so stark war er mit seinem riesigen Heer natürlich, wie Sulla durch einen Marsch auf Rom erzwingen können. Hätte er so gehandelt, wäre der augusteische Prinzipat ohne all die blutigen Bürgerkriege wohl drei Jahrzehnte früher eingetreten. Denn dieser Prinzipat war ja nichts anderes als ein Kompromiss zwischen den Antipoden Republik und Monarchie, zwischen Stadtstaat und Reich. Er ermöglichte die Lösung des Problems, Rom, Italien und das Reich zu regieren. Wäre Pompeius als Princeps anerkannt worden oder hätte er sich diese Stellung militärisch verschafft, wäre der „Reichspatron“ mit dem primus inter pares in Rom identisch gewesen. Er tat es aber nicht, und deshalb muss das nächste Kapitel einer „Krise der römischen Republik“ geschrieben werden. Es befasst sich mit den unmittelbar aus dieser Entscheidung des Pompeius, sich auf das interne Machtspiel in Rom einzulassen, erwachsenden Problemen.

Caesar und Pompeius

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