Читать книгу Johann Friedrich Herbart: Umriß pädagogischer Vorlesungen - Eva Matthes - Страница 10

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Zweiter Teil

Erster Abschnitt

Erstes Kapitel

Anordnung

§ 45. Vorausgesetzt wird die nötige Wartung und Pflege zum körperlichen Gedeihen; ohne Verweichlichung und ohne gefährliche Abhärtung. Kein wirkliches Bedürfnis darf die Kinder verleiten, keine Verwöhnung darf unnötige Ansprüche erzeugen; wieviel Abhärtung zu wagen sei, muß die Konstitution eines jeden bestimmen.

§ 46. Die Grundlage der Regierung besteht darin, die Kinder zu beschäftigen. Dabei wird hier noch auf keinen Gewinn für Geistesbildung gesehen; die Zeit soll jedenfalls ausgefüllt sein, wenn auch ohne weiteren Zweck als nur Unfug zu vermeiden. Hierin liegt jedoch die Forderung, daß dem Bedürfnis körperlicher Bewegung, insoweit die jedesmalige Altersstufe es mit sich bringt, Genüge geschehe; schon um die natürliche Unruhe, welche daraus entsteht, abzuleiten. Das Bedürfnis ist nicht bei allen gleich groß, es gibt Individuen, welche unbändig erscheinen, weil man sie zum Sitzen zwingt.

§ 47. Selbstgewählte Beschäftigungen haben zwar, wenn alles übrige gleich ist, den Vorzug; allein selten weiß die Jugend sich hinreichend und anhaltend zu beschäftigen. Bestimmte Aufgaben, dies oder jenes zu tun bis es fertig ist, sichern die Ordnung besser als regelloses Spielen, welches in Langeweile zu endigen pflegt. Wünschenswert ist, daß Erwachsene, welche Geduld genug besitzen, wenn nicht immer doch häufig, den jugendlichen Spielen nachhelfen, Bilder erklären, erzählen und sich wieder erzählen lassen u. dergl. Bei vorrückendem Alter nimmt ein immer größerer Teil der Beschäftigungen die Form des Unterrichts oder der davon ausgehenden Übungen an; alsdann darf das nötige Gegengewicht der Erholungen nicht vernachlässigt werden.

§ 48. Den Beschäftigungen schließt sich die Aufsicht an, und mit ihr ein mannigfaltiges Gebieten und Verbieten, wobei verschiedenes zu überlegen ist.

Zuerst dies: ob auch Umstände eintreten können, unter welchen man das Gebot zurücknehmen, das Verbotene erlauben würde? Es ist mißlich, den Befehl allgemeiner auszusprechen, als er gelten soll; es schwächt die Regierung, dem Bitten, den Tränen, vollends dem Ungestüm der Kinder nachzugeben. Dann die Frage: ob man imstande sei, den Gehorsam zu sichern? Sind die Kinder nicht beschäftigt und ohne Aufsicht, so wird diese Frage bedenklich.

Die Bedenklichkeit wächst in schneller Progression mit der Anzahl der Kinder; also besonders in größeren Erziehungsanstalten; auch schon in Schulen, wegen des Kommens und Gehens der Schüler.

§ 49. Die gewöhnliche Folge ist, daß man die Aufsicht so streng als möglich einzurichten sucht. Allein dabei ist Gefahr, den gutwilligen Gehorsam vollends zu verlieren und die Schlauheit zum Wettstreit zu reizen.

Was das erste betrifft, so kommt es auf das Verhältnis an zwischen dem Zwange und der noch übrigen Freiheit. Die Jugend läßt sich gewöhnlich viele Einschränkungen gefallen, wenn diese Einschränkungen bestimmte und feste Punkte treffen, und daneben noch ein unbestimmter Raum für die Willkür offen bleibt.

Was das zweite anlangt, so kann schwerlich irgendein Aufseher sich ganz auf sich allein verlassen; am wenigsten, wenn er nur zu bestimmten Zeiten erscheint. Andere Personen müssen ihm zu Hilfe kommen, und er selbst muß manchmal überraschen. Immer ist die Aufsicht ein Übel, wenn sie unnötiges Mißtrauen zeigt, und dagegen sehr nötig, denen, welche das Mißtrauen nicht verdienen, begreiflich zu machen, daß sie es nicht sind, gegen welche man seine Maßregeln nimmt.

Johann Friedrich Herbart: Umriß pädagogischer Vorlesungen

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