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4.1 Jugendsprache als historisches Phänomen

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In der öffentlichen Meinung wird Jugendsprache oft als ein neuzeitliches Phänomen der Gegenwartssprache angesehen. Kaum bis gar nicht ist bekannt, dass Jugendliche auch zu früheren Zeiten einen eigenen Sprachstil ausgebildet haben, der sich von dem in der Gesellschaft vorherrschenden und von der älteren GenerationGeneration verwendeten in bedeutsamer Weise unterschied. Unser Wissen darüber verdanken wir der fast zweihundertjährigen Tradition von historischen WörterbüchernWörterbücher und Dokumentationen der historischen StudentenspracheStudentensprache als früheste bekannte Form einer Jugendsprache in Deutschland.1Henne, Helmut/Objartel, GeorgSolche Wörterbücher, Dokumentationen und Lebensbeschreibungen spiegeln den Sprachstil und Lebensstil der akademischen männlichen Jugend, ihre zentralen Erfahrungsbereiche und sozialen Wertungen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der frühen deutschen Studentensprache hat nicht nur historischen Stellenwert; vielmehr erschließen sich vor dem Hintergrund eines früheren kultur- und zeitgeschichtlichen Kontexts bereits charakteristische Merkmale und Funktionen von Jugendsprachen im gesellschaftlichen Wandel.2Neuland, Eva

Ein solcher studentischer Sprachstil offenbart zugleich einen bestimmten, nämlich den freiheitlich-burschikosen Lebensstil, der sich sowohl von den bürgerlichen Konventionen der nicht-studentischen Bürger: der PhilisterPhilister sowie von den nicht-burschikosen Studenten: den Muckern, Stubenhockern und Trauerklößen abgrenzt. Wie wir aus der Sondersprachforschung wissen3, weist er einen besonderen Wortschatz in den zentralen Lebensbereichen, sozialen Handlungsräumen und spezifischen Wertsetzungen dieser studentischen GruppenGruppe auf, wie z.B.: fidel, honett, die in der damaligen Allgemeinsprache eine ganz andere Bedeutung trugen.

Ein herausragendes Kennzeichen der historischen StudentenspracheStudentensprache ist jene SprachmischungSprachmischung des „makkaronischen Latein“, in dem Deutsch und Latein (z.B.: gassatum gehen, Konkneipant), wie aber auch Deutsch und Griechisch (z.B.: burschikos) verbunden mit SprachspielSprachspiele und IronieIronie zu einem neuen gruppenspezifischen Sprachstil vermengt werden. Weiterhin aufschlussreich im Vergleich zu heutigen Jugendsprachen sind auch die zahlreichen Metaphern und AnspielungenAnspielung sowie die Vermischung von Stilschichten der Sprache des Bildungsbürgertums mit dem RotwelschRotwelsch der ehemaligen GaunerspracheGaunersprache (z.B.: pumpen, Moneten).

Die historische Perspektive auf jugendlichen Sprachgebrauch zu anderen Zeiten macht deutlich, dass die deutsche Sprache immer schon von den jüngeren GenerationenGeneration geprägte Ausdrucksweisen in ihren Wort- und Formenbestand aufgenommen hat.

Manche Phänomene, die für neuzeitliche Erscheinungen gehalten werden, haben Tradition in der Geschichte der Jugendsprachen, wie SprachmischungenSprachmischung, BedeutungswandelBedeutungswandel, AnspielungenAnspielung auf die dominante Kultur, wenn auch mit anderen kulturhistorischen Rahmenbedingungen. Dabei werden zugleich zeitübergreifende jugendtypische Charakteristika deutlich.

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