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18. Kundenbindung

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Mein erster Stammkunde entwickelte in letzter Zeit den Wunsch, diskret mit dem Auto zu mir kommen zu wollen. Die Parkplatzsuche nervte ihn und ständig wurde er erkannt. Auf dem Weg zu mir musste er für Selfies zur Verfügung stehen, Autogramme geben und Fragen beantworten, warum er nicht mehr aktiv in dem Sportbusiness tätig wäre. Es nervte ihn und mich nervte, dass es ihn nervte. Außerdem fährt er ein auffälliges Auto mit ganz viel Wumms unter der Motorhaube. Da ich kein Auto besitze, war mir das Thema bis dahin egal. Ich genoss einen Fahrservice namens Taxi und mein Büro lag in der Innenstadt, die ich ganz wunderbar mit dem Fahrrad oder Bus erreichen konnte. Zufälliger Weise entdeckte ich in meinem Treppenhaus einen Aushang von der Hausverwaltung: Tiefgaragenplatz zu vermieten, Monatsmiete 120 Euro. Spinnen die? 120 Euro? Das ist ja einmal Frisörbesuch.

Nach einem intensiven Sex Date mit dem Sport-Promi erzählte ich ihm von dem Tiefgaragenplatz. Worauf wartest Du Schnecke? Miete den doch an, dann können Deine Kunden diskret in die Garage fahren und direkt mit einem Schlüssel in Deine Wohnung. Ne is‘ klar, dachte ich mir.

Wie viele Schlüssel würde ich brauchen? Ich rechnete kurz meine Stammkunden mit Wunsch nach Privatsphäre hoch. Vier oder fünf Stück bestimmt. Wie sollte ich das meiner Hausverwaltung erklären? Üblich sind zwei Schlüssel.

Aber der Gedanke war verlockend. Denn meine Nachbarin, ich nannte sie heimlich Ute Pute, war schon das ein oder andere Mal neugierig, wer mich denn da immer so besuchte. Ute, so heißt sie nun wirklich mit Vornamen, macht nämlich Homeoffice. Irgendwas mit Steuern oder Buchhaltung oder so.

Ute Pute drückt also den ganzen Tag mit ihrem Arsch zuhause ihren Bürosessel platt. Hat nichts Besseres zu tun, als immer mal wieder zu checken, wer bei mir klingelt. Ute, mit Nachnamen irgendwas mit Geflügel, daher nannte ich sie Pute, sucht den Kontakt zu mir. Ob wir mal einen Kaffee zusammen trinken wollen oder hinten im Garten irgendwas pflanzen wollen. Nein, wollte ich nicht. Für den Garten hatten wir zwei süße Gärtner. Außerdem mag ich es anonym. Ich wollte einfach keine Freundschaft mit Ute Pute.

Gleich am nächsten Tag rief ich meine Hausverwaltung an und machte den Platz klar. Von meinem Hausmeister bekam ich zwei Schlüssel ausgehändigt. Ich hatte die Schlüssel einige Weile erstmal in meinem Besitz. Irgendwie fand ich das nicht ganz geheuer und war mir noch unsicher, wie ich das managen sollte. Mein erster Stammkunde hat eine Zweitwohnung ganz in meiner Nähe. Ich wusste, wo er sein Auto parkt. Eines Nachts schlich ich mich in seine Richtung und steckte ihm den Tiefgaragen-schlüssel in einem dezenten Kuvert unter seinen Scheibenwischer. Unsere nonverbale Kommunikation lief immer gut, warum also jetzt nicht auch. Nächsten Morgen recht früh bekam ich eine SMS (ja er schreibt immer noch SMS) mit einem Smiley. Ok die Botschaft hatte er verstanden.

Schlüssel eins war untergebracht. Schlüssel zwei baumelte noch eine Weile an meinem Schlüsselbund.

Für die vollkommene sexuelle Zufriedenheit meiner Stammis (liebevoller Begriff für meine Stammkunden) war ich immer geneigt, etwas mehr anzubieten, als bezahlt wurde. Zum Beispiel der liebe Nick (der Doktor aus Indien) wünschte an manchen Tagen ein stundenlanges Vorspiel, alles per WhatsApp. Wir waren für abends verabredet und schon mittags schrieb er mir seine Wünsche für den Abend. Eva, heute Abend komme ich mit einem besonderen Stethoskop, damit ich Dich richtig abhören kann. Bitte trage irgendwas aus Nylon. Er erwartete natürlich eine Antwort. So ging es hin und her, wie Ping Pong. Dieses ganze Vorspiel war für meine Stammis natürlich im Stundenpreis inbegriffen. Diesen Service habe ich wirklich nur vier oder fünf Männern geboten, ansonsten hätte ich ja meinen Bürojob aufgeben müssen.

Ein anderer Stammi, Hendrik, besuchte mich seit zwei Jahren recht regelmäßig. Wir kannten uns gut, vertrauten uns. Er mochte den weiblichen Geruch in meiner Wohnung. Das alleine würde ihn schon wahnsinnig anmachen. Zu wissen, er wäre in einer Frauenwohnung und er dürfe sich durchschnüffeln, war für ihn das Höchste.

Hendrik bekam nach einem sexy verregneten Samstagvormittag den zweiten Schlüssel. Ich erlaubte ihn, gleich am Montagmorgen allein meine Wohnung zu betreten. Er wollte gern meine Wäsche, meine Klamotten, mein Bett, mein Sofa und alles Mögliche beschnüffeln. In meinem Schlafzimmer habe ich ein großes Sideboard mit 8 mächtigen Schubladen. Linke Seite Alltagsunterwäsche, rechte Seite hot, hot, hot! – und das sortiert nach Farben. Er wollte so gern in eine der Schubladen sein Sperma als Duftmarke hinterlassen.

Montagmorgen, 9.30 Uhr. Ich bekam eine WhatsApp mit einem Foto von Hendrik in meiner Küche. Darf ich mir einen Kaffee machen liebe Eva? Er stand etwas hilflos vor meiner Gaggia Espressomaschine. Ich gab ihm per WhatsApp eine kurze Bedienungsanleitung. Das zweite Foto kam; er stand mit meiner Lieblingsherzchen „I Love New York“-Tasse da und grinste fett. Ich antwortete ihm, dass ich etwas Schönes in meinem Schlafzimmer für ihn versteckt hätte.

Finde das iPad, lieber Hendrik war das Spiel. Bei meinem Morgenkaffee hatte ich noch schnell einen Latino-Porno für Hendrik runtergeladen. Ich wusste, dass er das liebte. Das iPad hatte ich in meinem Nachtschränkchen versteckt. Unter den Pornoheften, Spielzeugen, Kondomen, Gleitgelen und Feuchttüchern. Keine fünf Minuten später bekam ich wieder ein Foto von ihm. Wichsend. Im Hintergrund lag das iPad mit einer Hot Latina Lady beim Blow Job. Er war in Bestform und hatte sich also schon warmgemacht. Ich ermunterte ihn per WhatsApp, dass er sich jetzt eine Schublade aussuchen dürfte und sie mit seinem Duft für mich einsauen darf. Mir war klar, dass ich abends erstmal die Waschmaschine anwerfen werden muss, Schongang.

Hendrik habe ich übrigens im Laufe der Zeit meine Wohnung stundenweise (natürlich gut bezahlt) überlassen. Er wollte weitere Frauen und Männer treffen. Dafür bräuchte er einen gut riechenden Rückzugsort. Er bezahlte mir meine Stunden inklusive Putzfrau. In meinem Flur hing ein großer Spiegel und manchmal bekam ich Bilder von ihm, also er vorm Spiegel und irgendjemand hatte sein Ding im Mund. Er vertraute mir und ich vertraute ihm meine Wohnung an.

Ich wusste, dass er spezielle Fantasien hatte. Latino und Latina ok, machbar. Seine Duftmacke, ok, auch machbar.

Aber eines Tages bat er mich, eine Liliputanerin zu organisieren. Wie sollte ich das machen? Ich konnte ja unmöglich, mich den ganzen Tag in starkfrequentierten Straßen aufhalten und hoffen, eine kleinwüchsige Lady zu treffen. Dann müsste ich meinen ganzen Mut zusammennehmen und sie ansprechen, ob sie Lust auf Sex mit einem fremden Mann hätte. No Chance. So gern ich ihn mochte, aber das ging einfach nicht.

So manch eine Dame wäre beleidigt gewesen, wenn ihre Kunden nicht nur sie wollen würden. Ich empfand das ehrlich gesagt immer als Bereicherung. Zum Beispiel hatte ich zwischendurch eine Transe am Start, die mich auf Wunsch der Kunden gern unterstützte. Sie wohnte nur einen Kilometer von mir entfernt, war arbeitslos, chronisch pleite und ständig willig. Ein kurzer Anruf, knappe Schilderung der Situation und Candy war da. Candy war sweet. Also als Frau geschminkt, echt hübsch – vom großen Kehlkopf abgesehen. Zwei meiner Kunden liebten es, von Candy verwöhnt zu werden. Wir trafen uns regelmäßig. Mal war ich Zuschauer, gab Candy Unterricht im Oralverkehr oder mal saß sie nur auf dem großen Sessel in meinem Schlafzimmer und spielte an ihren Brüsten sowie an ihrem Penis. Ganz lasziv.

Ist euch eigentlich klar, dass man in diesem Gewerbe auch eine Art Marketing betreiben muss? Zumindest sollte man es machen, damit man nicht immer wieder von vorn anfangen möchte. Was gibt es schöneres, als Kunden, die öfter kommen… Man kennt sich, die Vorlieben und kann gemeinsam neue sexuelle Welten betreten. Jeder Mann hat von mir immer das Gefühl bekommen, er wäre der einzig tolle und beste Liebhaber der Welt. Ich habe eigentlich fast jedem Mann gesagt, dass er einen schönen Penis hat – was natürlich schwierig ist, wenn man die Mail bekommt: „Hey ich bin es, der mit dem tollen Penis, wollte Dich mal wieder besuchen“ und dann unter einer E-Mail Adresse wie dertolleHengst@web.de.

Im Grunde genommen, hat ja jeder Mann irgendwie einen tollen Penis. Der, der zu ihm passt. Ob nun groß oder klein, dünn oder dick – wenn Mann damit umgehen kann, ist es perfekt.

Um auf das Marketing zurückzukommen: Viele Männer erzählen nach dem Sex gern über ihr Privatleben. Ich hab ein ganz gutes Gedächtnis und konnte mir merken, wer ist Single wer nicht. Also wem kann ich mal zwischendurch die Nachricht senden: „Guck mal, hab mir einen roten Slip gekauft, im Schritt geöffnet, steht mir rot überhaupt“? OMG, acht von zehn schrieben zurück: ich brauche mal wieder einen Termin bei Dir.

Besonders gut konnte ich, wenn mal wieder Büro-Urlaub anstand, ne Rundmail an alle schreiben. Rundmail ist natürlich Quatsch, aber einen süßen Text verfasst, x-mal kopiert und dann versendet „hey, ich wollte Dir nur kurz sagen, dass ich nächste Woche komplett flexibel bin, kann mich also nach Deinem vollem Kalender richten, sag einfach Bescheid mein großer Hase“.

Natürlich habe ich einen Schuhfetischisten geschrieben, puh ist das warm heute, ich zerfließe in meinen Sneakers. Oder meinem Strumpfliebhaber, dass Rewe Strumpfhosen im Angebot hat (daraufhin hat er sich erstmal in seiner Finanzamt-Toilette einen runtergeholt). Oder dem Polizisten, ich sei in Gefahr…. Einfach um die Fantasie und seine Berufsehre anzuregen, rein sexuelles Zielgruppen-Marketing eben.

Es würde sicher zu weit gehen, einen Kunden zum Geburtstag zu gratulieren oder Adventskalender zu verschenken, aber einen kleinen Lolli nach dem Sex hab ich auch schon mal verschenkt. Ich wollte schon immer anders sein, als meine Kolleginnen.

Das allerwichtigste jedoch war und ist Respekt.

Respekt vor den Fantasien, den Fetischen, den Wünschen meiner Kunden, die mich immer wieder gern besuchen. Ob man das auch von den Kunden in meinem bürgerlichen Beruf behaupten kann? Ich glaube, eher nicht.

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