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Ein ungewöhnlicher Stoff

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Jeder anständige Stoff vermag die drei Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig einzunehmen, wenn die Bedingungen stimmen, also Temperatur und Druck. Wasser existiert auf unserem Planeten in allen drei Formen, was einmalig ist: gefrorenes Wasser in Gletschern und Eisschilden, flüssiges Wasser in den Ozeanen und Binnengewässern sowie Wasserdampf in der Luft. Bei normalem Luftdruck, wie er auf Meereshöhe gemessen wird, siedet Wasser bei 100 °C und wird bei 0 °C fest. Nimmt der Luftdruck ab, etwa in großer Höhe, siedet Wasser schon bei einer tieferen Temperatur. Bergsteiger, die am Mount Everest auf 6000 Meter Höhe ein Basislager aufschlagen und Tee kochen, brauchen das Wasser nicht auf 100 °C zu erhitzen, da kocht es bereits bei 80 °C.

Selbstverständlich kann auch Kohlendioxid flüssig oder fest werden. Allerdings verhält es sich im Vergleich zu Wasser ziemlich merkwürdig. Bei normalem Luftdruck, also dem Luftdruck auf Meereshöhe, lässt es sich nicht verflüssigen, auch wenn es noch so stark abgekühlt wird! Bei einer Temperatur von −78,5 °C wird es plötzlich fest – es geht direkt vom gasförmigen in den festen Zustand über. Das Produkt ist als Trockeneis oder Kohlensäureschnee bekannt: ein dampfendes weißes Zeug – CO2 in seiner greifbarsten Form. Allerdings braucht es Handschuhe zum Anfassen, sonst droht die Gefahr einer Kaltverbrennung. Das gefrorene Kohlendioxid geht an der Wärme wieder direkt in den gasförmigen Zustand über, es sublimiert. Der Dampf, den man dabei sieht, stammt vom Wasser der Luft, das durch die Kälte kondensiert und sich als winzige Tröpfchen bemerkbar macht.


Trockeneis ist gefrorenes Kohlendioxid. Nur in diesem Aggregatzustand ist es für uns sichtbar und anfassbar. Trockeneis findet viele technische Anwendungen.

Bei Normaldruck liegt Kohlendioxid bei −78,5 °C in fester Form vor. Diese Temperatur ist im Vergleich nicht so tief. Sauerstoff etwa wird erst bei −183 °C flüssig und bei -219−°C fest. In der Antarktis fällt das Thermometer in den Wintermonaten durchaus auf -40 bis -60 °C – oder noch tiefer. Im September 1983 haben Polarforscher in der Antarktis die bisher tiefste Temperatur der Erde gemessen: -89,2 °C. Fällt da das Kohlendioxid meines Atems als Kohlensäureschnee aus? Ich frage Louise Sime vom „British Antarctic Survey“. Nein, meinte sie, das sei unwahrscheinlich. Der Luftdruck am Messort sei geringer als Normaldruck, es reiche also gerade nicht, um CO2 fest werden zu lassen. Die Antarktis geht ziemlich in die Höhe, der höchste Punkt ist der Mount Vinson mit 5140 Metern. Weite Teile des Eiskontinentes liegen auf etwa 3000 Meter.

Zur Verflüssigung von CO2 ist Druck notwendig, bei Raumtemperatur braucht es 60 bar, also einen 60-fachen Atmosphärendruck. Es ist eine glückliche Fügung, dass auf unserem Planeten gerade die richtigen Bedingungen herrschen, sodass Wasser größtenteils in flüssigem Zustand, aber auch als Wasserdampf in der Atmosphäre vorliegt, und Kohlendioxid gasförmig ist. Anders wäre Leben nicht möglich.

Welt am Abgrund

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