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Der Springbrunnen im Vulkansee

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Manche vulkanische Kraterseen zeichnen sich durch eine besonders hohe Menge an Kohlendioxid aus, weil sehr viel von dem Gas am Grund austritt und sich im Wasser löst. Weltweit kennt man drei Seen, deren Wasser mit Kohlendioxid gesättigt sind: der Nyossee und der Manounsee in Kamerun sowie der Kiwusee in Ruanda. Es ist kein Zufall, dass diese drei Seen in Afrika liegen. Diese Gebiete sind seit Millionen Jahren vulkanisch aktiv, eine Folge der Plattentektonik und der Bildung eines riesigen Grabenbruches in Afrika. Das Kohlendioxid stammt aus einer Magmakammer unter dem Gebiet und steigt durch den Seeboden nach oben. Man schätzt, dass sich jährlich 90.000 Tonnen Kohlendioxid im Seewasser lösen. Dies ist die jährliche Zufuhr. Wie groß die Menge ist, die sich im See befindet, weiß man nicht.

Eine solche Situation kann nur in den Tropen entstehen. So ist es nicht erstaunlich, dass alle drei Seen in der Nähe des Äquators liegen. In der temperaten Zone mit seinen kalten und warmen Jahreszeiten werden die Wasserschichten umgewälzt: Im Winter wird es an der Oberfläche kalt und das Wasser wird schwerer, wodurch es absinkt. Das löst eine Durchmischung aus und gelöstes CO2 würde sich verflüchtigen. In den Tropen aber, wo es keine kalte Jahreszeit gibt, kommt es nicht zu einer solchen Vermischung. Die Wasserschichten bleiben stabil übereinander gelagert. Dadurch kann sich in der Tiefe Kohlendioxid bis zu seiner maximalen Konzentration ansammeln.


Der Nyossee in Afrika, ein vulkanischer Kratersee, dessen Wasser eine hohe Menge an Kohlendioxid enthält.

Solche Seen sind eine Zeitbombe, denn Störungen wie Erdrutsche oder kleinere vulkanische Erschütterungen können dazu führen, dass die mit Kohlendioxid übersättigten Wasserschichten plötzlich ausgasen. Dann werden mit einem Male riesige Mengen an Kohlendioxid freigesetzt, eine tödliche Entladung. So geschehen im Nyossee am 21. August 1986. Ein Grollen wie bei einem Donner kündigte die Katastrophe an: Der See wurde erschüttert und setzte schlagartig rund 1,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid frei. Ein Entkommen war unmöglich, denn die enorme Gaswolke erstickte Mensch und Tier innerhalb kürzester Zeit. Etwa 1700 Menschen und Tausende von Tieren verloren ihr Leben. Die tödliche Gasglocke reichte bis in eine Entfernung von 27 Kilometern und strömte in zwei nahe gelegene Täler. Was das Ereignis auslöste, ist nicht bekannt, vermutet wird ein Erdrutsch oder ein kleiner Vulkanausbruch.

Der Nyossee ist ein fast kreisrunder See, der sich vor etwa 400 Jahren in einem Explosionskrater gebildet hat. Der See ist etwa 1800 Meter breit und 200 Meter tief. Da solche Kohlendioxid-Entladungen immer wieder entstehen können, ist man bemüht, den See künstlich ausgasen zu lassen. Ein Team von Geologen hat von einer kleinen Plattform aus eine Plastikröhre von etwa 30 Zentimeter Durchmesser senkrecht abgesenkt – 200 Meter tief bis in die untersten Wasserschichten. Sie pumpten das Wasser anfänglich nach oben, um die Entgasung einzuleiten. Beim Aufsteigen nimmt der Druck ab, sodass sich Blasen bilden und das Kohlendioxid ausperlt. Ist dieser Vorgang einmal in Gang gesetzt, läuft er ohne weiteres Zutun von selbst ab, und der See sprudelt sein Gas langsam aus. Aus der Röhre schießt nun eine 50 Meter hohe Fontäne aus Blasen und Wasser in die Höhe, ein Springbrunnen wie vor der Stadt Genf.

In sicherer Distanz zum Ufer des Sees stehen Klapptische voller Instrumente und Computer. Die langen Funkantennen zeigen, dass alle Ventile und Messinstrumente des Rohres via Funk bedient werden. Aus Sicherheitsgründen stehen Sauerstoffflaschen mitsamt Atemmasken bereit. Zwei der Wissenschaftler beobachten mit Fernrohren gespannt die Plattform.

Ungewöhnliche Methoden rufen stets Skeptiker auf den Plan. Es sei zu befürchten, dass das Installieren der Anlage eine Gasentladung auslösen könne, meinten Kritiker des Projektes. Unsinn, entgegnet Michel Halb wachs, Mitglied der wissenschaftlichen Projektleitung und Physiker an der Université de Savoie in Chambery, Frankreich. Es hätte genauso gut zwischenzeitlich eine Entladung geben können, hätten sie die Konzentration an Kohlendioxid nicht abgesenkt. So zieren nun Springbrunnen diese Seen und die eindrücklichen Fontänen weisen den Nichtsahnenden nicht darauf hin, dass sie der Bändigung einer tödlichen Gefahr dienen.

Auch der Manounsee wird auf diese Weise entgast. Ein erstes Rohr wurde 2003 installiert, inzwischen sind es drei. Wenn alles nach Plan verläuft, gibt es in ein paar Jahren kein Kohlendioxid mehr am Grunde dieses Sees. Auch auf dem Ozeanboden kann Kohlendioxid austreten. Je nach Lage und Tiefe geschieht dabei Merkwürdiges mit dem Gas.

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