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Die grünen Fabriken

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Meine Ausführungen oben machen klar, dass der Kohlenstoff im Zentrum steht. Alles dreht sich um den Kohlenstoff. CO2 ist nur ein Medium, das den Kohlenstoff in die Luft bringt und von einem Ort zum anderen transportiert. Es entsteht laufend neu und wird laufend verbraucht. Es existieren also CO2-Quellen und CO2-Senken. Die wichtigste Senke ist die Gesamtheit des pflanzlichen Lebens.

Der geheimnisvolle Vorgang der Fotosynthese oder Assimilation ist einer der kompliziertesten biochemischen Vorgänge, die das Leben entwickelt hat, und gleichzeitig einer der erstaunlichsten. Für mich gehört er zu den größten Wundern der Natur: Da wird mithilfe von Sonnenenergie aus den zwei Zutaten Wasser und Kohlendioxid Zucker gekocht – ein Vorgang, den unsere Technik bislang noch nicht kopieren konnte. Ort des Geschehens ist das Blattgrün der Pflanzen und Algen. In den Zellen von Blättern gibt es große grüne Gebilde, die Blattgrünkörner oder Chloroplasten. Bei Moosblättchen zeigen sie sich besonders schön unter dem Mikroskop, weil sie groß sind. In diesen Blattgrünkörnern findet die Zuckerherstellung statt.

Der Weg dorthin führt bei den Blütenpflanzen durch die Spaltöffnungen auf den Blättern. Das sind feine Poren, die dem Gasaustausch dienen. Sie können verschlossen und geöffnet werden, ganz nach Bedarf der Pflanze. Bei trockener Witterung schließen sie, denn durch die Spaltöffnungen wird auch Wasser verdunstet – für die Pflanze ein kostbares Gut. Durch Diffusion gelangen die CO2-Moleküle ins Innere der Zellen, wo sie verarbeitet werden. Ein Enzym mit dem edel klingenden Namen Ribulose-Biphosphat-Carboxylase, kurz Rubisco, verbindet das CO2 mit einem kleinen Kohlehydrat. Dadurch ist das Gas „fixiert“ und liegt nicht mehr in freier Form vor. Für diesen Schritt braucht es Energie, die Pflanzen aus dem Sonnenlicht beziehen. In ein paar weiteren Schritten entsteht Traubenzucker, der Ausgangsstoff für den Aufbau des Pflanzenkörpers mit all seinen verschiedenen Bestandteilen wie Zellulose, Vitamin C oder rotem Blütenfarbstoff. Das Kohlendioxid ist Bestandteil organischer Materie geworden. Bei der Umwandlung entsteht Sauerstoff, den die Pflanze nicht braucht und der durch die Spaltöffnungen abgegeben wird. All diese biochemischen Vorgänge hatten Melvin Calvin (1911–1997) und seine Mitarbeiter aufgeklärt. Der amerikanische Biochemiker bekam 1961 den Nobelpreis für Chemie für seine bahnbrechenden Arbeiten.

Damit vollziehen Pflanzen und Algen, zudem bestimmte Bakterien, eine Ungeheuerlichkeit: Sie nutzen Sonnenenergie, um aus anorganischen Ausgangsstoffen komplexe organische Verbindungen aufzubauen. Daher sind sie in einem Ökosystem die Produzenten und stehen am Anfang der Nahrungskette. Vereinfacht lässt sich Fotosynthese mit folgender Formel beschreiben:

Wasser + Kohlendioxid Zucker + Sauerstoff

Beim Zucker handelt es sich genau genommen um Hexose, aber diese Details sind nicht weiter wichtig. Das oben erwähnte Enzym Rubisco ist das häufigste Enzym der Erde und zweifelsohne eines der wichtigsten. Schätzungen besagen, dass jede Sekunde weltweit etwa eine Tonne Rubisco in den pflanzlichen Geweben gebildet wird. In einem Blatt kann durchaus ein Viertel aller wasserlöslichen Proteine aus Rubisco bestehen. Wenn Sie sich das Enzym in einer Apotheke besorgen könnten, würde es sich als ein flockiges weißes Pulver zeigen.

Heute können Biologen die Fotosynthese mit teuren Messgeräten direkt erfassen. Sie spannen dazu ein Blatt in eine luftdichte Kammer ein und bestimmen die Leistung der Fotosynthese aufgrund der Änderung des Gehaltes an CO2, das vom Blatt aufgenommen wird. Typische Werte, die dabei gefunden werden, bewegen sich um 3 Gramm Kohlendioxid, das in einer Stunde von 1 Quadratmeter Blattfläche verarbeitet wird. Natürlich hängt der Vorgang der Fotosynthese von verschiedenen Faktoren ab: Lichtverhältnisse, Temperatur und Wasserverfügbarkeit sind die wichtigsten. Eine Pflanze braucht aber auch genügend Stickstoff und andere Nährstoffe aus dem Boden.

Weltweit werden jedes Jahr rund 120 Gigatonnen Kohlenstoff aus der Luft durch die Fotosynthese der Landpflanzen verbraucht und in Zucker eingebaut. Nun gibt es aber ein Problem. Im ersten Kapitel haben wir gesehen, wie viel Kohlendioxid in der Atmosphäre vorhanden ist. Dieser Vorrat, so riesig er ist, wäre von den Pflanzen bereits nach wenigen Jahren aufgezehrt! Die Vulkane können den Bedarf nicht decken. Es braucht andere Quellen für CO2.

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