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Kamadeva
ОглавлениеDie Figur des Amor und seine Liebespfeile sind vielen ein Begriff. Der römische Gott, der mit seinem Bogen Pfeile entsendet und so die Liebe entfacht, ist eine wohlbekannte Götterpersönlichkeit. Jedoch ist diese Götterfigur keineswegs ein Unikat des römischen Pantheons. In der griechischen Mythologie ist es Eros, dem eine ähnliche Stellung zukommt, und auch in der Götterwelt der Hindus findet sich ein Äquivalent unter dem Namen Kamadeva. Die Vorstellung von einem mit Pfeil und Bogen bewaffneten Gottes als Auslöser von Liebesgefühlen existiert in vielen Kulturen. Aber was hat das alles nun mit den Bienen zu tun? Schauen wir uns Kamadeva einmal genauer an. Alte Überlieferungen und Gemälde zeigen, mit welchen Attributen Kamadeva beschrieben wird. Dort findet man ihn auf einem riesigen Papagei reitend, bereit, in die Lüfte zu steigen, um auf die Jagd nach seinen »Opfern« zu gehen. Seinen Bogen hält er dabei stets schussbereit. Der Bogen selbst besteht aus Zuckerrohr, die Bogensehne besteht aus summenden Bienen, die Pfeile, die er verschießt, aus fünf Frühlingsblüten. Hier finden sich also die Bienen. Doch warum besteht die Bogensehne aus Bienen, welche Bedeutung haben die Bienen in diesem Kontext und welche Symbolik steckt hinter der Erscheinung Kamadevas?
Als Gott, der die Liebe bringt und die Pfeile des Verlangens entsendet, ist Kamadeva ein Symbol der Fruchtbarkeit. Auch die Bienen, die unerlässlich sind für eine ausreichende Bestäubung und somit Vermehrung der Pflanzen, gelten deshalb in vielen Kulturen schon sehr lange als Fruchtbarkeitssymbol. Das Summen ihrer Flügel steht für das Kribbeln im Bauch, wenn man verliebt ist, und als Tiere der Lüfte geben sie dem Pfeil die Kraft, weite Strecken zu überwinden. Ihr schmerzhafter Stachel symbolisiert das plötzliche Erwachen von Lust und Liebe, das uns überkommt, sobald wir von den Liebespfeilen getroffen sind. Die Blütenpfeile stellen dabei das Gegenstück zu den Bienen dar. Wie in der Natur, in der die Blüten von den Bienen bestäubt werden, damit etwas Neues entstehen kann, vereint Kamadevas Bogen in sich diese beiden Aspekte der Fruchtbarkeit, die dann mit geballter Kraft auf die getroffenen Menschen oder Götter – denn niemand ist vor den Pfeilen des Kamadeva sicher – übergeht. Die Bienen und die Blüten sind dabei zwei Pole einer göttlichen Einheit. Und nur durch ihr Zusammentreffen entsteht etwas Drittes, etwas Neues, die Leben schenkende Liebe. Der Bogen aus süßem Zuckerrohr steht symbolisch für die wohlige Süße des Lebens, die Glücksgefühle, die Lebenslust und Energie, die mit dem Verliebtsein einhergehen.